Nur zehn Restaurants in DeutschlandDer Drei-Sterne-Koch aus Köln-Chorweiler – die irre Geschichte

Blick aus der Luft auf die Hochhäuser in Köln-Chorweiler.

Das Foto aus dem Jahr 2018 zeigt die prägnanten Hochhäuser in Köln-Chorweiler. In dem Stadtteil wuchs der heute 39-jährige Edip Sigl auf.

Nur zehn Restaurants in Deutschland haben 2024 drei Sterne erhalten. Eines davon wird von einem Koch mit Kölner Vergangenheit geprägt.

von Ayhan Demirci (ade)

Einer von hier! Köln hat einen neuen Kometen am deutschen Gourmet-Himmel und vor allem in Chorweiler kann man stolz darauf sein. Edip Sigl (39) ist vom Gourmetführer Michelin zum Drei-Sterne-Koch gekürt worden.

Als EXPRESS ihn telefonisch in seinem Restaurant „Ess:enz“ in Grassau (Oberbayern) erreicht, werden die Kölner Jahre wieder lebendig. Von Chorweiler in den Chiemgau – das ist eine Geschichte ganz nach unserem Geschmack.

Edip Sigl kam nach Köln – jetzt kocht er in einem der besten Restaurants in Deutschland

Nur zehn Restaurants in Deutschland können sich mit drei Sternen und damit der höchsten Auszeichnung des „Guide Michelin“ schmücken. „Für mich ist das ein absoluter Traum“, sagt Edip Sigl.

Begonnen hat seine Reise in den Olymp in einem kleinen Feinschmeckerlokal in der Kyffhäuser Straße – als Praktikant im „Tapabo“ (französische Küche). Der junge Mann, geboren in der türkischen Provinz Hatay, hieß damals noch Edip Yumurtaci (er trägt jetzt den Namen seiner deutschen Ehefrau).

Als er zwei war, war die Familie nach Deutschland gekommen, sie lebte erst in Köln-Nippes, zog dann nach Chorweiler. Edip machte einen Hauptschulabschluss, er wollte entweder Schreiner werden oder Koch. „Meine Lehrerin sagte mir: Männer, die kochen können, sind etwas Besonderes.“ Damit war die Entscheidung gefallen. Die Lehrerin vermittelte ihm den Praktikumsplatz in ihrem Lieblingslokal.

Sternekoch Edip Sigl zeigt drei Finger für drei Sterne.

Nach zwei Sternen im Jahr 2023 erhielt das Restaurant „Ess:enz“ diesmal sogar drei Sterne. Auf dem Foto ist Edip Sigl bei der Verleihung in Hamburg zu sehen.

„Die Arbeit im Tapabo hatte mir riesigen Spaß gemacht“, erinnert sich der Spitzenkoch zurück. Ob er auch ausbilde, fragte er den Chef, Harald Hesseler – nein, aber mein Bruder, lautete die Antwort: Der Bruder, das war Peter Hesseler vom Spitzenrestaurant „Gut Lärchenhof“ in Pulheim. So nahm das Märchen des Migrantenkindes Edip an Fahrt auf.

„Ich fuhr immer mit dem Roller von Chorweiler nach Pulheim“, erzählt er. Top ausgebildet zog es den Jungkoch in seinen Wanderjahren weiter zu Drei-Sterne-Großmeistern wie Heinz Winkler oder Juan Amador, eine 18-monatige Weltreise schloss sich an – zurück in Deutschland wurde der Weitgereiste 2013 Koch im Münchner Sternelokal „Les Deux“.

Für Feinschmeckerinnen und Feinschmecker

„Michelin 2024“: Das sind Kölns Sterne-Restaurants

Koch Daniel Gottschlich im Porträt.

„Ox & Klee“, Im Zollhafen 18, 50678 Köln, Telefon: 0221/16956603 | oxundklee.de. Hier ein Foto von Koch Daniel Gottschlich. Das Restaurant wurde 2024 mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet.

Das Foto zeigt Vincent Moissonnier.

„Le Moissonnier Bistro“, Krefelder Str. 25, 50670 Köln, Telefon: 0221/729479 | www.lemoissonnier.de. Das Foto zeigt Vincent Moissonnier. Das Restaurant wurde 2024 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet.

Hauptgang im Neobiota

„NeoBiota“, Ehrenstraße 43c, 50672 Köln, Telefon: 0221/27088908 | restaurant-neobiota.de. Im „NeoBiota“ auf der Ehrenstraße trifft feinstes À-la-Carte-Frühstück auf edles Vier-Gänge-Dinner. Hier ein Foto eines Hauptgangs im Neobiota im Juni 2021. Das Restaurant wurde 2024 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet.

Das Sterne-Restaurant La Société

„La Societe“, Kyffhäuserstraße 53, 50674 Köln, Telefon: 0221/232464 | restaurant-lasociete.de. Das Gourmet-Restaurant „La Societe“ serviert an der Kyffhäuserstraße kreative Küche auf höchstem Niveau bei stilvollem Ambiente. Hier ein Foto des „La Societe“ im November 2021. Das Restaurant wurde 2024 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet.

Koch Eric Werner

„Astrein“, Krefelder Straße 37, 50670 Köln, Telefon: 0221/95623990 | astrein-restaurant.de. Das Foto zeigt Spitzenkoch Eric Werner im Juli 2019. Das Restaurant wurde 2024 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet.

Der Küchenchef des „Pottkind“ Enrico Sablotny und sein Team

„Pottkind“, Darmstädter Straße 9, 50678 Köln, Telefon: 0221/42318030 | restaurant-pottkind.de. Die Betreiber des „Pottkind“ Enrico Sablotny (2. v. r.) und Lukas Winkelmann (r.) stammen aus dem Ruhrpott – der Name des kleinen Restaurants in der Südstadt ist somit selbsterklärend. Das Restaurant wurde 2024 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet.

Das Restaurant Sahila in der Kämmergasse 18

„Sahila The Restaurant“, Kämmergasse 18, 50676 Köln, Telefon: 0221/247238 | sahila-restaurant.de. Das Foto zeigt die Außenansicht der Gastronomie. Das Restaurant wurde 2024 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet.

Jan Cornelius Maier und Tobias Becker halten zwei gefüllte Teller in die Kamera

„Maibeck“, Am Frankenturm 5, 50667 Köln, Telefon: 0221/96267300 | maibeck.de. Jan Cornelius Maier (l.) und Tobias Becker (r.) sind die Besitzer des Sterne-Restaurants „Maibeck“. Auf dem Foto vom 6. Mai 2020 präsentieren Sie zwei Gerichte, die sie im Rahmen eines Videodreh für eine Kochschule aufgenommen haben. Das Restaurant wurde 2024 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet.

Maximilian Lorenz lehnt auf einem gedeckten Tisch.

„Maximilian Lorenz“, Johannisstraße 64, 50668 Köln, Telefon: 0221/37999192 | maximilianlorenz.de. Chefkoch Maximilian Lorenz setzt im gleichnamigen Restaurant in der Johannisstraße auf heimische Küche. Das Restaurant wurde 2024 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet.

Sternekoch Mirko Gaul richtet an.

„taku“, Trankgasse 1-5, 50667 Köln, Telefon: 0221/2703909 | excelsiorhotelernst.com. Das „taku“ befindet sich im Hotel „Excelsior Ernst“ unweit des Kölner Doms. Im Gegensatz zum sehr klassischen Hotel von 1836 bietet das Sterne-Restaurant moderne ostasiatische Küche, fusioniert mit westlich-internationalen Einflüssen. Auf dem Foto zu sehen: Sternekoch Mirko Gaul beim Anrichten eines Gerichts. Das Restaurant wurde 2024 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet.

Marlon Rademacher in seinem „La Cuisine Rademacher“ in Dellbrück

„La Cuisine Rademacher“, Dellbrücker Hauptstraße 176, 51069 Köln, Telefon: 0221/96898898 | la-cuisine-koeln.de. Chefkoch Marlon Rademacher, hier 2021 in seinem Restaurant in Köln-Dellbrück. Das Restaurant wurde 2024 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet.

Ein gedeckter Tisch im Restaurant „Zur Tant“ in Köln

„Zur Tant“, Rheinbergstraße 49, 51143 Köln, Telefon: 02203/81883 | zurtant.de. Die idyllische Lage direkt am Rhein trägt zum besonderen Charme des Restaurant „Zur Tant“ bei. Im alten Fachwerkhaus bekommen Gäste vom Dresdener Küchenchef Thomas Lösche klassische, schnörkellose Kreationen serviert. Das Restaurant wurde 2024 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet.

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2016 folgte die Hochzeit mit seiner Frau Melanie Sigl, deren Namen er annahm. „Yumurtaci...“, sagt Sigl, jüngstes von sieben Geschwistern, „der Name hat stets Fragen aufgeworfen. Ich wollte mich nicht mehr erklären. Auch nicht bei der Wohnungssuche. Aber ich bin immer der Edip geblieben. Und ich habe den Kontakt nach Köln nie verloren.“

Als also Edip seinen letzten Wechsel vollzieht, steuert das Märchen seinem vorläufigen Höhepunkt entgegen. Er kauft sich mit seiner Frau ein Eigenheim im Chiemgau, die beiden werden Eltern von zwei Töchtern. Er lernt den Hotelier Dieter Müller (Kette Motel One) kennen, der für das edelste von sechs Restaurants in seinem Golfresort „Achental“ einen Chefkoch sucht – Edip Sigl übernimmt. Es wird in „Ess:enz“ umbenannt.

Im vergangenen Jahr wurde die Kochkunst bereits mit zwei Sternen belohnt. Jetzt, bei der diesjährigen feierlichen Sterne-Gala in Hamburg, befanden die Inspekteure über das Lokal: „Eine ganz großartige Leistung. Hier stechen die absolute Top-Qualität der Produkte und die ganz persönliche Stilistik von Herrn Sigl heraus.“

Edip Sigl: Die Verbindung nach Köln ist immer geblieben

Der Meister selbst sagt zum EXPRESS: „Ich kenne hier jeden Bauern persönlich.“ Fisch, Fleisch, Gemüse, das allermeiste kommt aus der Region.

Der Gourmetkritiker der FAZ schwelgte kürzlich so: „Der schlicht ‚Brathendl‘ genannte Gang entpuppt sich als getrüffelter Spieß vom gegrilltem Keulenfleisch samt der Silhouette eines Huhns aus dem abgetropften Grillhähnchenfett, die mit einer Hühneressenz übergossen wird und sich dadurch in höchstes, hochintensives Wohlgefallen auflöst. Der Steckfisch, ein Klassiker bayerischer Volksfeste, offenbart sich als feiner Saibling, begleitet von Kürbis, Dill und Saubohnen, der auch bei einem Kaiserball eine gute Figur machen würde. Und das Kalbsbries, das gegrillt und glasiert, mit weißen Pfefferschaum nappiert, einem abgeflämmten Rotkohlblatt und Felsenbirnen bedeckt wird, ist reinste Lustküche von barocker Lebensbejahung, die wie eine Hommage Edip Sigls an seine neue Heimat schmeckt.

Zuletzt war Edip Sigl an Karneval in Köln: „Beim Zug in Ossendorf.“ Und wo isst er hier am liebsten? Bei der Mama in Chorweiler. „Zum Beispiel gefüllte Auberginen – das mag ich sehr.“