Attacke mitten in BonnRosa L. (25) rammte jungen Mann in Klinik – jetzt fiel Urteil

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Der Tatort, eine Bushaltestelle am Bertha-von-Suttner-Platz, am 25. August 2019. Auf dem Boden sieht man noch Markierungen der Bonner Polizei.

von Iris Klingelhöfer (iri)

Bonn – Diese „Rache“ hat einen bitteren Nachgeschmack: Rosa L. (25), die mitten in Bonn mit ihrem Auto den 20-jährigen Amdy W. (beide Namen geändert) ins Krankenhaus rammte, wurde am Mittwoch (7. Oktober) wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung verurteilt. 

Im Prozess hatte die Angeklagte ausgesagt, dass sie Amdy W. und dessen Kumpel „erschrecken“ wollte, weil die beiden Jungs sie und ihre drei Freundinnen zuvor als „Schlampen“ und „Huren“ beleidigt haben sollen. Laut Amdy W. hat aber nur der Kumpel sich mit den jungen Frauen unterhalten. Über was, wisse er nicht, weil er Kopfhörer getragen habe.

„Ich habe nur noch mitbekommen, dass die sich gegenseitig beleidigt haben“, erzählte der Arbeitslose, der jetzt erst seine Zeugenaussage machte. Beim Prozessauftakt am 22. September hatten Richter, Anwälte & Co. vergeblich auf ihn gewartet.  

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Attacke mitten in Bonn: Angeklagte ergriff letztes Wort und entschuldigte sich 

Rosa L. ergriff schließlich das letzte Wort und entschuldigte sich mit Tränen in den Augen für ihr Handeln. Bereits zuvor hatte die junge Frau die Vorwürfe größtenteils eingeräumt. Ihr Führerschein wurde einkassiert und die Fahrerlaubnis entzogen. Vor Ablauf von zwei Jahren kann sie auch keine neue bekommen. 

Bei Prozessbeginn im September war die Anklagte Rosa L. sichtbar nervös gewesen. Sommer letzten Jahres fuhr sie Amdy W. an einer Bushaltestelle am Bertha-von-Suttner-Platz regelrecht über den Haufen, weil der sie und ihre drei Freundinnen zuvor übelst beleidigt haben soll. 

Am 25. August 2019 waren die vier jungen Frauen in der Diskothek „N8schicht“, dann im McDonald’s am Suttner-Platz. Als sie gegen 5.40 Uhr um die Ecke zum Auto gingen, trafen sie auf Amdy W. und einen Bekannten. „Die haben uns beleidigt, uns als Schlampen, Huren bezeichnet und gefragt, ob wir auf den Strich gehen“, so die Angeklagte aufgewühlt. „Ich war so sauer, wie die uns behandelt haben.“

Attacke mitten in Bonn: Angeklagte gab zu, dass sie die Jungs erschrecken wollte

Rosa L. gab zu, dass sie die Jungs deshalb „erschrecken“ wollte. „Damit sie so etwas in Zukunft gegenüber jungen Frauen, die sich etwas freier kleiden, nicht noch mal tun“, erklärte sie Amtsrichter Bastian Sczech. Als sie kurz darauf Amdy W. an der Haltestelle sah, habe sie sich nur auf ihn fokussiert. 

Mit ihrem weißen Mitsubishi fuhr sie zunächst auf die Haltestelle und dann auf Amdy W. zu, so dass er zurückspringen musste.  „Ich hatte mein Ziel erreicht und wollte direkt zurücksetzen“, erklärte Rosa L. im Prozess. Dann sei alles schief gelaufen.

Laut der Angeklagten sei plötzlich gegen ihr Auto getreten und die Tür hinten rechts aufgerissen worden. „In dem Moment wollte ich nur weg“, gestand die 25-Jährige und knetete ihr Haargummi. Sie habe gedacht, dass der direkt vor ihrem Auto stehende Amdy W. erneut wegspringen würde. Doch sie habe ihn mit der rechten Autovorderseite erwischt. 

Attacke mitten in Bonn: Opfer war als Zeuge geladen – doch er war nicht da

Anschließend wurde der 20-Jährige, der als Zeuge geladen war, in den Gerichtssaal gerufen – doch niemand kam. Sein Anwalt war in Erklärungsnot. Amdy W. lebt in Berlin, wo gegen ihn ein Strafverfahren läuft. Der Anwalt konnte nur mutmaßen, dass sein Mandant die beiden Verfahren verwechselt hat. 

Richter Bastian Sczech musste somit nicht nur einen weiteren Verhandlungstermin für den 7. Oktober festlegen, er verhängte gegen den 20-Jährigen auch ein Ordnungsgeld von 150 Euro. „Wenn das beim nächsten Mal nicht klappt, wird er von der Polizei abgeholt“, so der erfahrene Richter. 

Amdy W. war damals nach der Autoattacke bewusstlos zusammengebrochen. Er hatte eine Gehirnerschütterung und mehrere kleinere Verletzungen. Sein Begleiter erklärte im Prozess, er habe den jungen Frauen nur ein Zeichen gemacht, weil der rote Pailettenrock der einen hochgerutscht war. „Das wurde offenbar falsch interpretiert“, so der 23-Jährige zu Richter Sczech. Auch habe er die Frauen beleidigt. Was er gesagt habe, wisse er aber nicht mehr. 

Attacke mitten in Bonn: Gegen Rosa L. erst wegen versuchten Totschlags ermittelt

Gegen Rosa L. war zunächst wegen versuchten Totschlags ermittelt worden, sie saß daher auch kurz in U-Haft. Die Kauffrau hatte nach dem Vorfall die Flucht ergriffen. Am Helmut-Schmidt-Platz wurde ihr Auto gestoppt, sie in Gewahrsam genommen worden. Der Haftrichter hatte den Haftbefehl sofort außer Vollzug gesetzt, da die Angeklagte nicht vorbestraft ist und einen festen Wohnsitz hat.