Die TV-Kritik zur Prinzenproklamation im WDR-Fernsehen.
TV-KritikProklamation im WDR: Ein Hauch von Brauchtums-Tod im Kölner Gürzenich
Hereinspaziert zur Kölner Prinzenproklamation im Kölner Gürzenich, erneut unter Corona-Bedingungen. Der WDR und das Festkomitee hatten sich entschieden, die TV-Produktion am Freitag (7. Januar) nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchzuführen, was ihnen auch viel Kritik eingebracht hat. Am Sonntag (9. Januar) wurde der Mitschnitt gesendet, den EXPRESS.de verfolgt hat. Hier eine Schnellkritik unseres Autors.
Harte Schnitte zu Beginn, sterile Stehtische für die Familien ohne Getränke, viele Karnevalspräsidenten nicht ausgeleuchtet im Schatten, keine Stühle für das Kinderdreigestirn und Musik größtenteils vom Band: Wer noch einen Beweis gebraucht hätte, wie lieblos man den Kölner Karneval in Pandemie-Zeiten im TV darstellen will, hätte am Sonntag die Proklamation schauen müssen.
Als hätten sich die Macher der Proklamation selbst bejubeln wollen, wurde zu allem Überdruss – auch im komplett leeren Saal – wie in jeder x-beliebigen US-Sitcom Applaus eingespielt. Selbst wenn niemand von den wenigen Teilnehmern klatschte.
Köln: TV-Proklamation ohne Gefühl
Nach der schon traditionell hölzern wirkenden Proklamation durch OB Henriette Reker nach knapp einer Stunde dann eine Reihe an Lichtblicken: Zunächst das Dreigestirn, diese drei unerschütterlichen Jeck-Optimisten, erwärmten mit ihren Worten und ihrem Song die Herzen. Ganz sicher: Im voll besetzten Gürzenich wären die Damen und Herren sogar in Abendgarderobe auf die Stühle geklettert! Köln fühlt mit diesem Dreigestirn und diese drei sind Jeföhl.
Ähnlich fulminant: Das „Herrengedeck“ mit Volker Weininger, Martin Schopps und JP Weber, die am Klavier von Michael Knipprath begleitet wurden: Geniale Texte mit Corona-Bezug auf bekannte kölsche Texte – wie jeil war das denn, bitte?
Die auftretenden Künstler, insbesondere die Redner, haben übrigens allesamt ihren Job gut gemacht. Sprechen Sie mal als Achnes Kasulke, Jörg Runge, Jürgen Beckers oder Jens Singer in den leeren Saal: Es fühlt sich grausam an.
Nicht weil Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn im richtigen Leben Bestatter ist – diese TV-Sendung aus dem Gürzenich umwehte der Hauch des Brauchtum-Todes. So agiert, fühlt und feiert der Kölner Karneval noch nicht einmal in Pandemie-Zeiten. Ein Blick auf viele coronakonforme Veranstaltungen im Veedel: Jede Handy-Liveübertragung von den kleinen und feinen Aktionen am Wochenende hätte mehr Jeföhl und Hätz in die Republik gesandt als die Beton-Sendung.
Vielleicht ist es auch gut, dass durch Corona nicht so viele Veranstaltungen stattfinden aktuell. Denn von diesem TV-Schock muss sich der Kölner Karneval erst einmal erholen.