Sie kennen ihn sicherSo sah ein Kölner aus, der sogar in den USA Karriere machte
Köln – Keine 17 Jahr, aber blondes Haar – und ein unschuldiges Lächeln. Kaum zu glauben, aber so sahen damals Rockstars aus Köln aus!
Dieses Foto und noch viele mehr von den Szene-Größen am Rhein finden sich in einem einmaligen Magazin wieder: „Kölsch Rock“ erschien im Februar 1981. Es beschreibt all das, was sich zu dieser Zeit in der enorm boomenden Musikstadt abspielte. Zusammengefasst: der Wahnsinn – einfach Rock'n'Roll.
„Kölsch Rock“: Magazin zeigt die Bedeutung Kölns als Musikmetropole
Autor und Verleger Frank Steffan, Jahrgang 1957, der unter anderem auch für den Film „Heinz Flohe – Der mit dem Ball tanzte“ verantwortlich zeichnete, hat das Magazin nun neu veröffentlicht, original reproduziert – nur das Papier ist von bester Qualität, und die Rechtschreibfehler von einst sind verschwunden...
„Bonn war Hauptstadt, in Köln tummelte sich alles“, beschreibt Steffan die damalige Szene, die sich von der heutigen sehr unterscheidet: „Brings“, „Höhner“ und zuletzt erneut die „Bläck Fööss“ feiern zwar auch heute Charterfolge. „Aber der ganze Kölsch-Sektor ist in erster Linie Unterhaltung", sagt Steffan. Das sei mit der damaligen Szene, vor allem der provokanten neuen Kunstform „Kölschrock“, nicht zu vergleichen.
Heute sind es neben den Kölsch-Künstlern nach wie vor „BAP“, seit wenigen Jahren „AnnenMayKantereit“ und Elektro-Größen wie „Roosevelt“ sowie das Techno-Label „Kompakt“, die auch außerhalb des Rheinlands Gehör finden.
Internationaler Erfolg: „Can“, „Triumvirat“, „Satin Whale“ aus Köln
Schon ein kurzer Blick in „Kölsch Rock“ offenbart, wer da alles Ende der 70er, Anfang der 80er, rund um den Dom in die Vollen haute. Hier nur einige Beispiele:
- Wolfang Niedecken war noch nicht Mr. Kölsch-Rock, sondern eher noch als Solo-Künstler bekannt. Der Star der Szene war damals „die Plaat“: Jürgen Zeltinger rockte bundesweit in kölscher Sprooch mit dem „Müngersdorfer Stadion“ und „Asi mit Niwoh“. Heute unvorstellbar...
- „Schröder Roadshow“ galt als eine der deutschen Kultbands - mit Frontmann Gerd Köster.
- „Can“, die Avantgarde-Legende: Die Band war keiner Stilrichtung zuzuordnen, zählte und neben „Kraftwerk“ und den „Scorpions“ zu den weltweit erfolgreichsten und bekanntesten deutschen Bands. Nicht nur Drummer Jaki Liebezeit († 2017) arbeitete im Laufe der Zeit mit zahlreichen Größen wie „Depeche Mode“ oder Brian Eno zusammen.
- Bei dem „blonden Engel“ auf dem alten Foto handelt es sich übrigens um einen Musiker, der heute noch in Köln den Ton angibt: Jürgen Fritz ist zahlreichen Kölnern als Pianist von Tommy Engel bestens bekannt. In „Kölsch Rock“ wird an seine erste – unfassbare Karriere – erinnert. „Triumvirat“ hieß die Kölner Band. Mit ihrem zweiten Album landeten die Kölner als eine der ersten deutschen Rockproduktionen in den US-Charts – verglichen wurden sie mit „Emerson, Lake & Palmer“. Unter anderem absolvierten sie eine US-Tournee mit „Fleetwood Mac“.
- Ähnlich verhält es sich mit Thomas Brück, bei Höhner-Fans als Produzent bekannt, der aber auch schon für Sting oder Elton John arbeitete. Was viele Jüngere nicht wissen: Er gehörte einer weiteren Kölner Band an, die international unterwegs war. „Satin Whale“. Auftritte mit „The Sweet“ und „Uriah Heep“ wurden gefeiert. „Wir wollten weltweite Rockstars werden“, erinnert sich Brück im
„Diese Szene war so unglaublich vielfältig“, blickt Frank Steffan zurück. „Und über allem schwebten die Fööss. Sie waren so etwas wie das Bindeglied zwischen den unterschiedlichen Akteuren – und bei allen über jeden Zweifel erhaben.“
Wer mit wem schon alles im Proberaum gestanden hatte offenbart die Doppelseite „Ahnenforschung“: Steffan und Arno Steffen (später L.S.E., u.a. Komponist für „Tatort“) haben die unterschiedlichen Besetzungen der einzelnen Bands zusammengetragen.
„Kölsch Rock“: Wolf Maahn, Arno Steffen, Rolf Lammers und viele mehr
Viele Gruppen wie „Jennifer“ oder „Food-Band“ kennt heute kaum jemand mehr, dafür aber umso mehr solche Namen: Wolf Maahn, John Parsons (später „Höhner“), Peter Horn („Höhner“), Rolf Lammers (später „L.S.E.“). Es wurde munter gewechselt. Bassist Werner Kopal, heute bei „Wolfgang Niedeckens BAP“ aktiv, spielte einst bei „Triumvirat“, ebenso Arno Steffen, der gefühlt in jeder Kölner Band schon mal dabei war.
„Das, was damals in Köln passierte, kann man mit der heutigen Szene gar nicht vergleichen“, sagt Jürgen Fritz gegenüber EXPRESS. „Wir hatten das Glück, dass wir neue Sachen erfinden konnten. Eine ganz spannende Zeit.“
Durch ein Feuer sind viele Fotos, auch jene von der damaligen US-Tournee, zerstört worden. Umso mehr freut sich der Pianist, dass es das Magazin von 1981 wieder gibt.
Dass seine Band „Triumvirat“ in den USA Karriere machte, sei Zufall gewesen: „Unsere Plattenfirma EMI hatte einen Mitarbeiter aus London, der hatte einen Freund in Los Angeles, der sich unsere Platte mal mitgenommen hat – tja...“ Fritz lacht und schiebt hinterher: „Und bums ging's los!“
35 Kilometer südöstlich von Köln wirkte Produzenten-Guru Conny Plank. In seinem Studio in Neunkirchen-Seelscheid entstanden Welt-Erfolge, etwa „Autobahn“ von Kraftwerk. Zwei Alben der „Eurythmics“. Oder Gianna Nanninis Riesenhit „Bello e impossibile“. Die Italienerin schwärmt bis heute von Plank und den „Kölner Zeiten“.
Schon damalige Stars standen bei Plank Schlange, in der Hoffnung auf einen neuen Sound oder neuen neuen Input. „U2“ etwa erteilte er eine Absage. Die Iren hatten sich offenbar zu vereinnahmend verhalten.
„The Scorpions“: Durchbruch vor den Toren Kölns
Westlich von Köln, im beschaulichen Stommeln, entstanden weitere unzählige internationale Hits: Dieter Dierks verhalf unter anderen den Scorpions zum Durchbruch. Noch heute wird dort produziert – die Wände sind voll mit Goldenen Schallplatten von Stars aus dem In- und Ausland.
Nicht jedem gelang damals der Durchbruch. Dem Autor von „Kölsch Rock“, das es hier im EXPRESS-Shop zu bestellen gibt, hingegen schon. Noch im Jahr der Veröffentlichung wurde Frank Steffan Chefredakteur der deutschen Ausgabe des „Rolling Stone“, 1983 gründete er den Verlag „Edition Steffan“.
Wer den 63-Jährigen erzählen hört, spürt sofort jene Leidenschaft, mit der er sich vor rund 40 Jahren an sein Werk gemacht hat. Und nichts ist vergessen.