100-mal stärker als MorphinZu viele Pflaster! 87-jährige Kölnerin nach Tod von Partner (†95) vor Gericht

Die Seniorin (87) vor dem Kölner Amtsgericht.

Die 87-Jährige saß am Mittwoch (27. März 2024) wegen fahrlässiger Tötung auf der Anklagebank des Kölner Amtsgerichts. Mit Anwalt Michael Schnurbusch

Eine 87-jährige Rentnerin musste sich jetzt vor dem Kölner Amtsgericht verantworten. Tötete sie ihren 95-jährigen Lebenspartner mit mehreren Fentanyl-Pflastern?

von Iris Klingelhöfer (iri)

Ein ungewöhnlicher Fall ist vor dem Kölner Amtsgericht verhandelt worden. Auf der Anklagebank: eine 87-jährige Kölnerin.

Sie musste sich am Mittwoch (27. März 2024) wegen fahrlässiger Tötung ihres 95-jährigen Lebenspartners mittels Fentanyl-Pflaster verantworten.

Prozess in Köln: Pflaster an drei Stellen

Januar 2022 soll die Angeklagte ihrem Partner die Pflaster an drei Stellen – Oberarm, Gesäß und Rücken – befestigt haben. Viel zu viele, so der Vorwurf. Der Lebensgefährte starb an einer Fentanyl-Überdosierung.

Laut Anklage soll der behandelnde Arzt des Mannes kurz zuvor jedoch in Gegenwart der Frau erklärt haben, dass ein Pflaster alle drei Tage abwechselnd am rechten oder linken Oberarm angebracht werden muss.

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Hätte sich die Rentnerin daran gehalten, hätte sie eine Überdosierung vermeiden können. Zumal, so der Vorwurf, die richtige Dosierung auch auf dem Beipackzettel der Pflaster stehe. Den hätte sie nur sorgfältig lesen müssen.

„Ich lasse direkt die Hose runter“, kündigte Verteidiger Michael Schnurbusch im Namen seiner Mandantin an. Diese hätte keinen Vorteil durch den Tod des Lebenspartners gehabt. Im Gegenteil, die beiden seien gemeinsam verreist, hätten sich gegenseitig unterstützt. Später erzählte die 87-Jährige gegenüber EXPRESS.de, dass sie über 30 Jahre zusammen gewesen wären.

Toter Senior litt auch an starken Rückenschmerzen 

Am Morgen des 20. Januars 2022 hatte die Angeklagte bei dem 95-Jährigen vorbeigeschaut. Dieser schien zu schlafen, war aber nicht aufzuwecken. Sie rief sofort den Rettungsdienst. Bereits da habe seine Mandantin zugegeben, dass sie ihrem Partner geholfen habe, die Pflaster zu positionieren, erklärte der Anwalt.

Der 95-Jährige war geistig noch fit, aber körperlich schwer angeschlagen. Unter anderem hatte er starke Rückenschmerzen. Deswegen hatte er neu die Fentanyl-Pflaster verschrieben bekommen.

Schnurbusch: „Meine Mandantin hat sie ihm dort hingeklebt, wo er es ihr gesagt hat.“ Selbst als sie den Toten gesehen hat, sei sie immer noch davon ausgegangen, alles richtig gemacht zu haben. Sie habe ja auch zugegeben, drei Pflaster befestigt zu haben. „Man hätte ihr das nie nachweisen können“, so der Anwalt.

Klebte sich der Senior (†95) noch ein viertes Pflaster auf die Haut?

Auch bestehe der Verdacht, dass sich der später Verstorbene selbst noch ein viertes Pflaster auf die Haut geklebt hat. Denn an dem Leichnam waren unterhalb der linken Brust Klebespuren festgestellt worden.

Zudem hatte die Obduktion als Todesursache bei dem 95-Jährigen eine Lungenentzündung ergeben. Dieser habe auch regelmäßig andere Medikamente genommen. Wie viel Fentanyl im Blutkreislauf war, habe man nicht feststellen können, erklärte der Anwalt weiter.

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„Ich sehe hier keine Fahrlässigkeit“, stellte er klar. Möglich, dass die beiden die Angaben des Arztes aufgrund ihres hohen Alters falsch verstanden hätten. „Letztendlich hat sich der Mann die Pflaster selbst geklebt, hat sich dabei nur helfen lassen“, argumentierte er.

Richterin stellt Verfahren ein – wegen geringer Schuld

Seine Mandantin habe im hohen Alter ihren Lebenspartner verloren. „Es ist unstreitig, dass sie das nicht wollte“, so Schnurbusch. Er regte eine Einstellung des Verfahrens wegen geringer Schuld an. Dem kam die Richterin nach.

Der 87-Jährigen, die den Prozess recht gefasst verfolgt hatte, fiel ein Stein vom Herzen. Ihr verstorbener Partner habe überall Schmerzen gehabt. Aufgrund seines hohen Alters, aber auch Kriegsgefangenschaft und 45 Jahre Arbeit in einem Betrieb.