Alles wird teurer – mehr Gehalt gibt's für die meisten jedoch nicht. Die ARD-Börsenexpertin Anja Kohl forderte bei „Hart aber fair“ deshalb schnelles Handeln. Zustimmung gab es dafür von einem fünffachen Vater, dessen Familie sich durch die Inflation derzeit kaum mehr über Wasser halten kann.
„Hart aber fair“ARD-Börsenexpertin mit düsterer Prognose: „Dekade der Inflation“
Sparen, sparen, sparen – das beschreibt derzeit die Lebensrealität von Jens Diezinger. So wie dem Familienvater ergeht es vielen Menschen in Deutschland. Alles wird teurer – Tendenz steigend. „Tank und Einkaufswagen voll – können sich das nur noch die Reichen leisten?“, befürchtete Frank Plasberg deshalb am Montagabend (23. Mai 2022) in den einleitenden Worten zu Beginn seiner Sendung „Hart aber fair“. Eine Frage, die hinsichtlich einer Inflationsrate von 7,4 Prozent durchaus berechtigt scheint.
„Langsam, aber sicher“ mache ihm die Entwicklung Angst, bestätigte auch Jens Diezinger, der im ARD-Talk von seiner finanziellen Lage als Vater von fünf Kindern berichtete. Er selbst arbeite Vollzeit als Erzieher, seine Frau habe eine Teilzeitstelle als pädagogische Hilfskraft. Mit Nebenjobs und 1.200 Euro Kindergeld stünden ihnen monatlich etwas weniger als 4.000 Euro zur Verfügung, erklärte Diezinger. Ein Budget, das nur ausreiche, solange die gesamte siebenköpfige Familie, die gemeinsam auf 84 Quadratmetern lebt, zusammenhalte.
„Hart aber fair“: ARD-Börsenexpertin Anja Kohl wagt beim Thema Inflation düstere Prognose
„Alle müssen an einem Strang ziehen“, betonte Diezinger. Auch die finanzielle Unterstützung der Großeltern sei essenziell: „Wenn wir nicht unsere eigenen Eltern um uns rum hätten, dann würde es eng aussehen.“ Mittlerweile stoße die Familienkasse trotzdem an ihre Grenzen: Noch im vergangenen Jahr habe ein Wocheneinkauf der Diezingers rund 80 Euro gekostet. Mittlerweile, so der Familienvater, seien es 140 Euro.
„Man kann als Konsument nichts machen“, erklärte er. „Die Gehälter steigen nur minimal, der Ausgleich ist nicht gegeben“. Dem pflichtete auch Anja Kohl bei, die per Videoschalte live ins Studio übertragen wurde. „Es kann nicht sein, dass die Preise steigen und die Löhne nicht“, wetterte die ARD-Börsenexpertin in der Sendung. Sie wagte die düstere Prognose, dass uns hierzulande eine „Dekade der Inflation“ bevorstehe.
„Das trifft die Schwächsten der Gesellschaft am härtesten. Es zieht sich von den Erzeugern der Lebensmittel bis in den Supermarkt“, stellte die Journalistin fest. „Wir werden diese Inflation nicht beseitigen können. Alles, was wir versuchen können, ist, sie auf ein relativ erträgliches Maß zurückzuführen.“ Die steigenden Preise seien für die Gesellschaft „sehr bedrohlich“, weil sie „alle ein Stück ärmer“ machten, sprach Anja Kohl Klartext.
Davon konnte auch Familienvater Diezinger ein Lied singen. Er bezahle im Monat nicht nur 260 Euro mehr für Lebensmittel als zuvor, sondern leide auch unter den höheren Spritkosten. So sei bereits vor Ende des Monats meist der Zeitpunkt erreicht, an dem die Familie das Auto kaum noch nutzen könne. Auch die bevorstehende Heiz- und Energiekostenabrechnung bereite ihm Sorgen. „Wir sind mit Sparen und Einschränkungen echt am Limit“, klagte er in „Hart aber fair“. Den jährlichen Familienurlaub an der Nordsee könne man sich gerade noch so leisten: „Dieses Jahr klappt's noch, nächstes Jahr wird es eng.“
„Hart aber fair“: Diese Ideen hat ARD-Expertin Kohl, um Entwicklung zu stoppen
Doch was, so fragte Plasberg, sei nun zu tun gegen derart erschreckende Entwicklungen? Laut „Wirtschaft vor acht“-Expertin Kohl sei die einzige Option, die Inflation „auf ein erträgliches Maß zurückzuführen“. Ein Inflationsausgleich müsste „maßvoll“ geschehen und dürfte nicht besteuert werden, sonst sei mit einer „Vollkatastrophe“ in Deutschland zu rechnen.
Konkret seien nun verschiedene Akteure in der Verantwortung. Zum einen handle es sich dabei um die Europäische Zentralbank, „die mit ihrer Entlastungspolitik aufhören und endlich die Zinsen erhöhen muss, um der Inflation entgegenzusteuern“, wie Kohl erläuterte. Andererseits müsse auch die Regierung handeln und sowohl arme Menschen als auch den breiten Mittelstand entlasten. Zudem müsse dagegen vorgegangen werden, dass viele Unternehmen derzeit als „Profiteure der Krise“ Rekordsummen einfuhren.
Anja Kohl riet außerdem dazu, die „Ernährungsinflation“ ernstzunehmen und mit sofortiger Wirkung die Mehrwertsteuer auszusetzen. Mit Bonus-Zahlungen sei hingegen nur selten geholfen, wie auch ein ungeheuerliches Beispiel aus dem Alltag von Jens Diezinger zeigte: „Durch den Corona-Bonus habe ich letztes Jahr 139 Euro zu viel verdient, um noch die Lernmittelfreiheit zu bekommen“, erzählte er. „Deshalb musste ich 900 Euro für Schulbücher bezahlen.“ (tsch)