Es ist eine Geschichte voller Mut und Willenskraft: Amateurfußballer Kürsat Karadag wurde schlimm gefoult und erlitt einen Totalschaden im Knie. Nun feierte er sein furioses Comeback nach vier Jahren.
Vier Jahre nach Horror-FoulÄrzte gaben NRW-Kicker (23) keine Hoffnung – nun feiert er irres Comeback
Der Amateurfußball ist für viele der Ausgleich für den stressigen Alltag. Rund 770.000 Männer waren laut Angaben des Deutschen-Fußball-Bundes (DFB) im Sommer 2020 im Erwachsenenbereich tätig.
Kürsat Karadag (23) ist einer von ihnen – und er hat wohl die schlimmste Erfahrung machen müssen, die sich ein Amateur-Kicker vorstellen kann.
Der 23-Jährige aus Krefeld erlitt in der Saison 2017/2018 einen Totalschaden im Knie – alle Bänder waren durch. „Hinten, vorne, links und rechts: In meinem Knie war nichts mehr da, wo es sein sollte“, erzählt der Flügelspieler im Gespräch mit EXPRESS.de. Viermal musste er operiert werden, die Ärzte gaben ihm keine Hoffnung auf ein Comeback auf dem Fußballplatz.
Doch Kürsat Karadag hat auch schweren Stunden nie den Mut verloren und immer weiter für seinen Traum gekämpft. Und er wurde belohnt – denn vor wenigen Wochen stand er nach knapp vier Jahren tatsächlich das erste Mal wieder auf dem Spielfeld. Dabei legte er eine hollywoodreife Rückkehr hin.
NRW: Amateurfußballer mit Totalschaden im Knie – „eine Welt zusammengebrochen“
Im Jahr 2018 ist Karadag für die vierte Mannschaft des BV Union Krefeld in der Kreisliga C aktiv. Der dynamische Außenspieler ist talentiert, erzielt in 13 Ligaspielen zwölf Tore und legt weitere 15 Treffer für seine Mitspieler auf.
Doch seine starke Saison wird jäh beendet: In einem Saisonspiel schießt einer seiner Mitspieler gegen die Latte, der Torwart ist bereits geschlagen und Karadag muss den Ball nur noch aus kurzer Distanz über die Linie drücken.
Doch ein Gegenspieler will den Treffer mit aller Macht verhindern und grätscht ohne Rücksicht auf Verluste. Den Ball trifft er nicht, dafür aber Karadags Knie mit voller Wucht. Der damals 19-Jährige wird sofort ins Krankenhaus gebracht.
Dann beginnt sein langer Leidensweg. „Als ich im Krankenhaus lag, hatte ich bereits selber die Befürchtung, dass das für mich ganz übel wird. Als die Ärzte mir dann aber sagten, dass ich tatsächlich nie wieder Fußball spielen könnte, ist für mich eine Welt zusammengebrochen“, erzählt der Krefelder.
Er muss sich vier Operationen unterziehen, ein vorderes Kreuzband hat er bis heute nicht, da sein Körper die Plastik nicht aufnimmt.
NRW-Fußballer arbeitete für sein Comeback – seine Mutter war dagegen
Also bekommt Kürsat Karadag die eindringliche Empfehlung, seine Schuhe bereits in jungen Jahren an den Nagel zu hängen. „Das hat mich psychisch schon extrem mitgenommen“, sagt Karadag gegenüber EXPRESS.de. Doch der 23-Jährige schmiedet einen Plan, will den Ärzten das Gegenteil beweisen und fängt an, langsam aber stetig auf sein Comeback hinzuarbeiten.
„Ich war natürlich weiterhin am Platz und habe meinen Jungs beim Training und den Spielen zugeschaut. Irgendwann habe ich das aber nicht mehr ausgehalten und mir gesagt: ‚Ich schaffe das und stehe irgendwann selbst wieder auf dem Feld‘“, sagt Karadag.
Er baut Muskeln im Fitnessstudio auf, absolviert unzählige Reha-Therapien und wagt sich schließlich auch wieder an die ersten leichten Übungen auf dem Platz.
Allerdings: „Ich habe anfangs nur für mich selbst trainiert. Meine Mutter und mein Trainer haben mir immer wieder davon abgeraten. Meine Mutter sagte aus Sorge immer wieder zu mir, wenn ich mich auf den Weg zum Training machte: ‚Ich hacke dir dein Bein irgendwann selbst noch ab‘. Aber ich habe die richtige Entscheidung getroffen.“ Die Entscheidung, für seinen Traum zu kämpfen.
NRW: Fußballer feiert Comeback nach vier Jahren und trifft doppelt
Denn irgendwann ist Kürsat Karadag wieder so weit und steigt ins Mannschaftstraining ein. Er spielt heute bei Anadolu Türkspor Krefeld. Nach vier Jahren, vier Operationen, unzähligen Rückschlägen und vielen Schweißperlen ist der große Tag am 6. März 2022 dann endlich gekommen. Karadag wird im Spiel gegen die SG Dülken das erste Mal wieder in den Kader berufen – und es kommt, wie es kommen musste.
Beim Stand von 3:0 wird er in der 30. Minute eingewechselt, der Flügelspieler läuft bei einem Angriff mit nach vorne und dann erhöht er die Führung mit seinem ersten Ballkontakt auf 4:0. Ein unglaubliches Comeback nach einer Leidensgeschichte voller Blut, Schweiß und Tränen.
In der 72. Minute schnürt er dann sogar noch seinen Doppelpack zum Endstand von 7:0. Der Jubel ist riesig, die Erleichterung und der eigene Stolz vermutlich noch größer. Zu dem Spiel sagt Karadag: „Es hat einfach unglaublich viel Bock gemacht und es hat mir nur gezeigt, dass ich jetzt noch mal mehr Gas geben möchte.“
Seine Geschichte berührt und motiviert gleichzeitig. Deswegen möchte der 23-Jährige allen Sportlerinnen und Sportlern etwas mitgeben, die ebenfalls mit Verletzungen zu kämpfen haben oder sich in schwierigen Lebenssituationen befinden.
„Ich habe nie aufgegeben, egal wie viele Leute mir gesagt haben, dass das nichts mehr wird. Ich habe weiter gekämpft und ich will Leuten damit beweisen, dass es sich lohnt, seinen Fokus nicht zu verlieren. Man muss viel dafür tun, aber dann wird man umso mehr dafür belohnt.“
Eine schicksalshafte Geschichte, die wieder einmal beweist: Fußball ist manchmal einfach die schönste Nebensache der Welt. Und selbst in der Kreisliga C kann sie Menschen die Welt bedeuten.