Vor genau drei Jahren schlug Kanzler Scholz ein Sondervermögen zur Stärkung der Bundeswehr vor. Kommt nun ein neuer oder größerer Sondertopf?
VerteidigungsausgabenDrei Jahre nach Scholz-Rede: Disput über Sondervermögen plus
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Die Bundeswehr braucht mehr Geld. (Archivbild)
Union und SPD ringen noch vor Beginn möglicher Sondierungen zu einem Regierungsbündnis über den richtigen Weg zur raschen Stärkung der Bundeswehr. Die CDU/CSU-Fraktion favorisiert ein neues Sondervermögen oder die Aufstockung des bestehenden Topfes. Die Sozialdemokraten setzen stattdessen auf eine Lockerung der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse. Beides würde eine Zwei-Drittel-Mehrheit erfordern, die Union und SPD zusammen mit den Grünen im neu gewählten Parlament nicht mehr haben. Im Gespräch ist daher, den alten Bundestag noch entscheiden zu lassen.
Vor genau drei Jahren hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in einer Rede ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro zur Ertüchtigung der Bundeswehr vorgeschlagen. Hintergrund war der russische Angriff auf die Ukraine drei Tage zuvor. Scholz sprach im Bundestag am 27. Februar 2022, ein Sonntag, von einer Zeitenwende.
Am 3. Juni 2022 beschloss der Bundestag mit den Stimmen der Ampel-Parteien SPD, Grünen und FDP sowie der Union, das Sondervermögen von „einmalig bis zu 100 Milliarden Euro“ im Grundgesetz zu verankern. Es dürfte aber 2027 ausgeschöpft sein. Von 2028 seien insgesamt jährlich mindestens 85 Milliarden Euro nötig, also rund 30 Milliarden mehr als derzeit, rechnete Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bereits vor. Hinzu kommt aktuell die Forderung des neuen US-Präsidenten Donald Trump nach deutlich höheren Verteidigungsausgaben der Nato-Partner.
Sondervermögen vs. Lockerung der Schuldenbremse
„In der Unionsfraktion gibt es grundsätzlich die Bereitschaft für ein neues oder ein deutlich höheres Bundeswehr-Sondervermögen“, sagte der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Christian Haase (CDU) der „Rheinischen Post“. „Wir müssen uns schneller selbst verteidigen können. Deshalb könnte es Sinn machen, das Sondervermögen kurzfristig noch mit der Zwei-Drittel-Mehrheit des alten Bundestags zu beschließen“, betonte Haase. Er fügte hinzu: „Wir wollen im Augenblick nicht über eine Reform der Schuldenbremse reden. Denn wir brauchen erst mal einen Kassensturz.“ Dieser bestimme dann den Finanzrahmen für die nächsten Jahre.
Auch Hessens Regierungschef Boris Rhein (CDU) dringt auf eine rasche Entscheidung über ein Bundeswehr-Sondervermögen. „Wir müssen schnell handlungsfähig sein und auch in einem ordentlichen Volumen handlungsfähig sein“, sagte Rhein im „Berlin Playbook Podcast“ des Nachrichtenmagazins Politico. „Mir ist wichtig, dass wir jetzt die Bundeswehr stark machen“, betonte der CDU-Politiker. Rhein warnte zugleich vor einer überstürzten Reform der Schuldenbremse. „Da muss man Sorgfalt vor Schnelligkeit gehen lassen, und insoweit muss man sich dafür Zeit nehmen“, mahnte er.
Der Chef des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest, schlug sich auf die Seite der Union. „Die Schuldenbremse sollte man lassen, wie sie ist, aber die Schaffung eines weiteren Sondervermögens für Verteidigung halte ich für sehr empfehlenswert“, sagte der Wirtschaftswissenschaftler der „Augsburger Allgemeinen“. Wenn der Schritt, noch den alten Bundestag ein solches Vermögen beschließen zu lassen, verfassungsrechtlich zulässig sei, würde er den Schritt unterstützen.
Warnung vor Flickschusterei durch Sondervermögen
Der SPD-Haushaltspolitiker Andreas Schwarz hatte zuvor in der Debatte über eine Absicherung deutlich höherer Verteidigungsausgaben für eine Reform der Schuldenbremse geworben. Eine Verortung der Kosten im Haushalt sei wesentlich transparenter als in einem weiteren Sondervermögen für die Bundeswehr, sagte Schwarz. Er ist Experte seiner Fraktion für den Verteidigungshaushalt.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) ließ im Interview des TV-Senders Phoenix offen, ob der alte Bundestag noch ein Sondervermögen zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit beschließen soll. Das müsse man intern und vertrauensvoll regeln. Grundsätzlich nannte er es ein „Zurechtflicken“, ein Sondervermögen nach dem anderen zu bilden. Es sei auch ein Eingeständnis, dass die Schuldenbremse - wie derzeit verankert - nicht funktioniere.
Weil mahnte eine „sinnvolle“ Reform der Schuldenbremse an. Niemand glaube, dass die riesigen Aufgaben des Staates aus der Portokasse zu finanzieren seien.
Das sieht auch die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi so. Union und SPD müssten bei den Sondierungen eine Reform der Schuldenbremse „ganz obenan“ stellen, sagte Verdi-Chef Frank Werneke den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Mit Sparappellen und Steuersenkungen werde eine neue Bundesregierung schnell an ihre Grenzen gelangen. „Allein mit einer Neuauflage des Sondervermögens zugunsten der Bundeswehr lassen sich die riesigen strukturpolitischen Aufgaben nicht lösen“, betonte der Verdi-Chef. (dpa)