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WerftenInsolvenzantrag der Windhorst-Werften FSG und Nobiskrug

Die beiden Werften FSG und Nobiskrug von Investor Lars Windhorst haben Insolvenz angemeldet. (Archivbild)

Die beiden Werften FSG und Nobiskrug von Investor Lars Windhorst haben Insolvenz angemeldet. (Archivbild)

Nun doch: Seit Monaten dauert die Hängepartie bei den Werften FSG in Flensburg und Nobiskrug in Rendsburg. Mit Insolvenzanträgen beginnt eine neue Phase. Habeck sieht Perspektiven.

Die beiden schleswig-holsteinischen Werften FSG (Flensburg) und Nobiskrug (Rendsburg) stehen vor einer ungewissen Zukunft. Für die Werftengruppe des Investors Lars Windhorst ist Insolvenzantrag gestellt worden. Die Amtsgerichte Flensburg und Neumünster haben die Rechtsanwälte Christoph Morgen beziehungsweise Hendrik Gittermann als vorläufige Insolvenzverwalter bestellt, wie Sprecher mitteilten.

Nach Angaben eines Sprechers ist neben den beiden Werften selbst unter anderem auch die gemeinsame FSG-Nobiskrug Holding betroffen. Derzeit verschafften sich beide Insolvenzverwalter mit ihren Teams einen Überblick über die jeweilige wirtschaftliche Situation der Schiffbauunternehmen.

Im Anschluss an die Mitarbeiterversammlungen der Werften wollen die vorläufigen Insolvenzverwalter, Vertreter der Betriebsräte sowie der IG Metall in Flensburg (15.30 Uhr) über die Lage informieren. An dem Termin will auch Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) teilnehmen.

Habeck sieht Perspektiven für die Werften

„Der Schritt kommt nicht überraschend, die beiden Werften in Flensburg und Rendsburg sind seit längerem in Schwierigkeiten, es gab viel Kritik am Management“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). „Aber es könnten Aufträge generiert werden, etwa im Bereich der Offshore-Konverter.“ Dort bestehe ein hoher Bedarf im Zuge des Ausbaus der Offshore Windenergie. „Nun besteht die Chance für eine Neuaufstellung. Diese muss genutzt werden.“ Er wolle alles tun, um dabei zu unterstützen.

Der Hauptgeschäftsführer des Verbandes für Schiffbau und Meerestechnik (VSM), Reinhard Lüken, betonte, „wir sind erleichtert, dass der Gesellschafter den Weg frei macht, damit die beiden Werften endlich saniert und weiterentwickelt werden können“. Der Bedarf an Schiffbaukapazitäten sei riesig, und die Standorte FSG und Nobiskrug seien unverzichtbar. 

Investor Windhorst 

Die beiden Werften gehören zur Tennor-Gruppe von Windhorst. FSG und Nobiskrug haben seit langer Zeit Probleme; Gehälter wurden immer wieder verspätet gezahlt. Zuletzt warteten insgesamt rund 500 Beschäftigte an beiden Standorten auf das Novembergehalt sowie das Weihnachtsgeld. Zwischenzeitlich war fast die gesamte Belegschaft freigestellt. 

Die Stadtwerke SH wollten am Montag am Standort Rendsburg die Stromzufuhr unterbrechen, da seit dem 1. Dezember kein Stromversorgungsvertrag mehr vorlag. Nur weil noch ein Schiff der Bundespolizei bis zum heutigen Donnerstag zur Reparatur im Dock lag, wurde die Maßnahme verschoben. 

Werftgeschichte mit Höhen und Tiefen

In der mehr als 150-jährigen Geschichte der FSG stand die Werft mehrfach vor dem Aus. Doch es fand sich bislang immer jemand, der sie vor dem Untergang bewahrte. 2014 übernahm der norwegische Schifffahrts- und Offshorekonzern Siem Industries die FSG von einem Münchner Investor. 

2018 machte die Werft bei einem Umsatz von 213 Millionen Euro einen Nettoverlust von 111 Millionen Euro, wie aus dem Geschäftsbericht des norwegischen Konzerns Siem Industries hervorging. Anfang 2019 stieg Investor Windhorst in die Werft ein, im Spätsommer desselben Jahres übernahm seine Investmentgesellschaft Tennor die damals schon angeschlagene Werft ganz.

Im Frühjahr 2020 musste nach einem geplatzten Schiffsgeschäft Insolvenz beantragt werden. Zum 1. September 2020 übernahmen mehrere zu Tennor gehörende Gesellschaften die Werft und 350 der damals rund 600 Beschäftigten. Für den Neustart hatte Windhorst eine relativ gute Ausgangsposition geschaffen, denn die neue „FSG 2.0“ startete ohne Altschulden und Verbindlichkeiten. Allerdings auch ohne Aufträge. Ein knappes Jahr später übernahm die FSG den insolventen, renommierten Superjachtenbauer Nobiskrug in Rendsburg.

Neue Aufträge fehlten

Neue Aufträge, die Windhorst angekündigt hatte, waren Mangelware. Lediglich einen Auftrag hat die FSG in Abarbeitung. Im Sommer widerrief der Bund eine Förderung über 62 Millionen Euro für den Bau von Flüssiggas-Bunkerschiffen bei der FSG. Das mehrfach zugesicherte Eigenkapital zur Besicherung der Aufträge sei nicht zur Verfügung gestellt worden. Ein FSG-Sprecher sprach von einer falschen Behauptung, wonach Tennor die erforderlichen Nachweise über die Bereitstellung des Eigenkapitals nicht erbracht habe.

Windhorst persönlich wurde für sein Verhalten, leere Versprechungen und mangelnde Kommunikation immer wieder von vielen Seiten kritisiert. Ende November hatte der schleswig-holsteinische Landtag sich für einen Investorenwechsel ausgesprochen. Wirtschaftsminister Madsen und auch Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hatten mehrfach einen Rückzug Windhorsts gefordert. Auch eine Insolvenz brauche niemanden zu schocken, sagte Günther vor einem Monat in Flensburg. Das müsse nicht bedeuten, dass hier Schluss sei. „Vielleicht kann das auch eine neue Chance bedeuten.“

Erste Reaktionen

Schleswig-Holsteins früherer Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) bezeichnete den Insolvenzantrag als bedauerlich, weil er die Beschäftigten über Weihnachten in Unsicherheit zurücklasse, die mit Verhandlungslösungen vermieden worden wäre. „Es gibt jetzt allerdings auch die Chance, aus der Insolvenz zu konstruktiven Zukunftslösungen zu kommen.“ 

Der CDU-Wirtschaftspolitiker Rasmus Vöge sagte, „die maritime Industrie hat derzeit gute Perspektiven; andernorts beweisen Werften durch eine gute Auslastung, dass es möglich ist, im bestehenden Wettbewerb erfolgreich zu sein.“ Grünen-Landtagsfraktionschef Lasse Petersdotter nannte es „eine Sauerei, dass Windhorst die Beschäftigten ohne Gehalt in die Weihnachtszeit gehen lässt“. Das Insolvenzverfahren bringe aber mehr Licht in die Geschäfte.

Der SPD-Wirtschaftspolitiker Thomas Hölck bezeichnete Windhorsts Verhalten als völlig inakzeptabel. „Allen war klar, dass es eine Zukunft für die Werften nur ohne den Investor geben kann.“ Nach den Worten des Flensburger SSW-Landtagsabgeordneten Christian Dirschauer häuften sich viel zu lange die negativen Schlagzeilen rund um die FSG-Nobiskrug. (dpa)