Der Wohnraum in Köln ist knapp – und trotzdem sorgt ein Bauprojekt in Köln-Bayenthal für Ärger. EXPRESS.de hat beim örtlichen Bürgerverein, beim zuständigen Bürgermeister und dem Investor nachgefragt.
Ärger in Kölner VeedelWohnprojekt statt Parkanlage? Bürgerverein zeigt klare Kante
Unmut im Kölner Süden!
Der Grund: In Bayenthal sollen neue Wohnungen entstehen. Was erst einmal sinnvoll klingt, hat allerdings auch unangenehme Konsequenzen. Eine begrünte Parkanlage inmitten des Wohnparks Bayenthals müsste den Neubauten teilweise weichen – der Zoff ist im vollen Gange.
Köln: Wohnraum in Bayenthal soll erweitert werden
Der Wohnpark Bayenthal ist in den 1970er-Jahren auf dem Gelände einer abgerissenen Maschinenfabrik entstanden. Er liegt zwischen Goltsteinstraße und Alteburger Straße. Heutiger Eigentümer der Wohnanlage ist das Unternehmen „Deutsche Invest Immobilien“.
Die Immobilien-Firma hatte das Areal samt Hochhäusern 2022 von der Vonovia gekauft – und möchte nun neuen Wohnraum schaffen. Zusätzlich zu den 623 bereits vorhandenen Wohnungen sollen auf dem Gelände drei neue Hochhäuser entstehen. Bedeutet: 364 neue Wohnungen, darunter 100 geförderte Sozialwohnungen.
In Anbetracht der Wohnungsnot im Kölner Stadtgebiet ein löbliches Vorhaben. Berthold Hannes, Vorsitzender des Bürgervereins Bayenthal-Marienburg, sieht das allerdings aus einem anderen Blickwinkel.
Hannes meint: „Bayenthal hat seinen Beitrag zur Schaffung von Wohnraum in den vergangenen zehn Jahren durch erhebliche Verdichtung bereits geleistet. Die Bewohnerzahl ist von 8.500 in 2010 auf heute 11.100 um über 30 Prozent angewachsen.“
Bayenthal gehört zum Stadtbezirk Köln-Rodenkirchen und zählt zu den kleinsten der 86 Kölner Veedel. Die Fläche beträgt gerade einmal 1,28 km². „Erforderliche Infrastrukturen wie Kita- oder Schul-Angebote wurden aber nicht entsprechend angepasst“, kritisiert Berthold Hannes.
Das Problem sieht auch die „Deutsche Invest Immobilien“. Seitens der Immobilienfirma heißt es, man unterstütze „den Plan, eine neue Kindertagesstätte im Wohnpark zu errichten, um auch hier dem dringend benötigten Bedarf gerecht zu werden.“
Deshalb wehren sich Bezirksvertretung und Bürgerverein gegen das Bauvorhaben
Auffallend an Bayenthal ist der prozentual geringe Anteil an Erholungsflächen. Wie es vom Amt für Stadtentwicklung und Statistik (Kölner Stadtteilinformationen Zahlen 2022) heißt, sind gerade einmal vier Prozent von Bayenthals Gesamtfläche öffentliche Grünflächen (inklusive Friedhöfen).
Helgard Heckendorff, ebenfalls vom Bürgerverein, sagt diesbezüglich: „Der ‚halböffentlichen‘ Grünanlage des Wohnparks kommt daher eine große Bedeutung als Ergänzung dieser wenigen Flächenangebote zu. In den letzten Jahrzehnten hat sich hier ein großer schützenswerter Baumbestand entwickelt, der auch zahlreichen Tieren und Singvögeln Lebensraum bietet.“
Für die Errichtung der drei neuen Hochhäuser müssten Grünflächen versiegelt und etwa 70 Bäume gefällt werden, heißt es laut Bürgerverein.
Sebastian Buss, Projektleiter für Bayenthal bei der „Deutschen Invest Immobilien“, wehrt sich: „Entgegen anders lautender Mitteilungen bleiben der Park und der Teich (an einem neuen Standort) erhalten. Für die Neubauentwicklung werden lediglich sechs Prozent zusätzlicher Grünfläche für die Schaffung von circa 370 neuen Wohnungen neu versiegelt.“
Bezirksbürgermeister Manfred Giesen lehnt Bebauung ab
Manfred Giesen (69) ist seit drei Jahren Rodenkirchens Bezirksbürgermeister. Der Grünen-Politiker erklärt gegenüber EXPRESS.de: „Die Bezirksvertretung Rodenkirchen lehnt den Umfang der geplanten zusätzlichen Bebauung der bisherigen Freiflächen im Wohnpark Bayenthal ab. Gespräche mit dem Eigentümer über eine Reduzierung der Baumasse blieben ergebnislos.“
Giesens Begründung für seine ablehnende Haltung: „Der Klimawandel schreitet deutlich voran, unsere Städte werden sich weiter aufheizen, wir müssen deshalb gerade in dichter besiedelten Räumen Freiflächen zur Temperaturminderung bewahren. Dies ist bei der vorgelegten Planung nicht gegeben.“
Projektleiter Buss teilt diese Einschätzung nicht. Laut ihm untersuche die „Deutschen Invest Immobilien“ die Möglichkeit, „den Bestand klimagerecht zu sanieren, neuen nachhaltigen Wohnraum zu schaffen und die Freiflächen qualitativ und klimaresilient aufzuwerten.“ Eine Reduzierung der Baumasse ist für Buss keine Option, da dies „wirtschaftlich nicht umsetzbar“ sei.
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Die Bezirksvertretung fordert nun den Rat auf, einen Bebauungsplan aufstellen zu lassen. Damit „solle eine intensive Beteiligung der Bürgerschaft und die Berücksichtigung der Umweltbelange gewährleistet“ werden, meint Manfred Giesen.
Sebastian Buss von der „Deutschen Invest Immobilien“ meint diesbezüglich: „Die Erstellung und Bearbeitung eines Bebauungsplans würde nach Erfahrungswerten und Aussagen der Stadt Köln voraussichtlich mindestens sechs bis acht Jahre in Anspruch nehmen, bis Baurecht hergestellt ist. Dies hätte zur Folge, dass dringend benötigter Wohnraum erst mit erheblichem Zeitverzug zur Verfügung stünde.“