Alfred Biolek wird 85Der letzte Wunsch des TV-Stars zeigt seine große Liebe zu Köln
- Der beliebte TV-Star sprach mit uns über...
- ... die Homo-Ehe
- ... die Flüchtlingsdebatte
- ... Koma und Gedächtnisverlust nach seinem schweren Treppensturz
- ... sein Lieblingsrezept zum Nachkochen
Köln – Deutschlands TV-Legende kommt pünktlich wie eine Sendung: 15 Uhr, Restaurant „Stadtgarten“, Start frei für ein intensives Gespräch. „Bio’s Bahnhof“, „Boulevard Bio“, „Alfredissimo“, „Kölner Treff“ hießen die Erfindungen von Unterhaltungskünstler, Talkmaster und TV-Produzent Alfred Biolek, nebenbei Jurist und Buchautor. Seit acht Jahren war Bio nicht mehr live im Fernsehen, unzählige Interview-Anfragen lehnte er ab. Für EXPRESS nahm sich der Mann, der am 10.Juli stolze 85 Jahre alt wird, das Kostbarste, was er hat: Viel Zeit. Der Kellner bringt ihm ein Glas alkoholfreien Wein. Los geht’s!
Lieber Herr Biolek, Sie haben tausende Promi-Interviews geführt. Welche Frage würden Sie sich heute selber stellen?
Alfred Biolek: Ich würde mich ganz einfach fragen: „Wie geht es Dir?“ Und antworten: Mir geht es dafür, dass ich nun 84 Jahre alt bin, ganz gut. Ich fühle mich gesund und zufrieden. Also: Gut geht’s mir!
Gulasch nach Mama Biolek
Bios Lieblingsrezept zum Nachkochen!Zutaten (für 4 Personen) 800 Gramm Rindfleisch in Würfeln, 150 Gramm reräucherter Speck, 600 Gramm Zwiebeln, 2 Petersilienwurzeln, Pflanzenöl zum Braten, Salz, 1 Brühwürfel, Paprika, Gulaschgewürz, Majoran, Cayennepfeffer, Kümmel, 1 Teelöffel Speisestärke.
Zubereitung: Rindfleisch trocknen. Speck,Zwiebeln, Petersilie würfeln. In einer Kasserolle Speck und Zwiebeln glasig braten.Fleisch in Pfanne anbraten, zu den Zwiebeln geben, salzen und mit Wasser abdecken. 1/2 Brühwürfel, Petersilie und Gewürze dazugeben und 10 Minuten dünsten. Dann ein Liter Wasser und die andere Hälfte des Brühwürfels dazugeben und so lange auf kleiner Stufe zugedeckt schmoren lassen, bis das Fleisch weich ist (dauert 1 1/2 bis 2 Stunden). Speisestärke mit 1 Esslöffel Wasser anrühren, unter das Gulasch mischen und aufkochen, bis die Sauce gebunden ist. Endgültig abschmecken und servieren. Biolek: „Schmeckt am nächsten Tag noch besser. Dazu passen alle Arten von Knödeln,“ Guten Appetit!
Beschäftigen Sie sich mit dem Tod? Oder verdrängen Sie ihn?
Wenn ich über den meinen Tod spreche, reagieren viele Menschen so erschrocken. So, als ob sie Mitglied eines Vereins wären, in dem man nicht stirbt. In dem man ewig lebt. Was machen die Leute für ein Theater darum? Die sagen: „Oh Gott, Sie sprechen vom Tod!“ Dann sage ich: „Na, werden Sie nicht sterben?“ Die Leute verdrängen den Tod, aber ich akzeptiere ihn. Den Tod sehe ich ganz entspannt. Wann immer er kommt. Wenn er morgen kommt, kommt er morgen...
Aber zum Glück sprühen Sie noch vor Energie. Wie sieht ein glücklicher Tag bei Ihnen aus?
Ich schlafe gerne aus, so bis 9 Uhr. Dann mache ich mir Frühstück und lese dabei gerne Zeitung. Wenn sie noch niemand vor die Tür gelegt hat, laufe ich im Bademantel runter und hole sie aus dem Briefkasten. Nach dem Frühstück lege ich mich gerne auf meine Terrasse und schlafe nochmal eine halbe Stunde. Mittags kommt oft Besuch vorbei oder ich gehe raus zum Essen und zum Spaziergang in den Stadtgarten oder in ein Café an der Venloer Straße. Alles ganz entspannt. Allein bin ich nie. Mein Sohn ist bei mir, oder viele Freunde sind da, mit denen wir abends kochen.
Greifen Sie selbst zur Pfanne und schwingen den Kochlöffel?
Ich koche selbst nicht mehr. Dafür bin ich zu alt. Alles was zum Kochen gehört, das Einkaufen, Vorbereiten, Überlegen, die ganze Arbeit – das ist mir mit 84 alles zu viel. Aber wenn wir in einer netten Runde kochen, schneide ich Zwiebeln und rühre um. Also ich helfe etwas. Richtig kochen, das geht nicht mehr. Aber die Rezepte, die sind immer von mir und aus meinem neuen Buch. Fremde Rezepte kommen mir nicht ins Haus.
Abends schalten Sie dann sicherlich den Fernseher ein...
Ja, aber ich habe da eine Eigenart, über die ich noch nie so öffentlich gesprochen habe: Ich schaue nie eine Sendung ganz. Ich habe seit vielen Jahren keine einzige Sendung von Anfang bis Ende gesehen. Egal ob Tagesschau, Spielfilm oder Quiz-Show...
...weil sie da immer vorher friedlich einschlafen?
Nein, weil ich immer wieder umschalte. Alle paar Minuten. Ich zappe immer. Hin und her und weiter. Ich will auch keine Sendung komplett sehen.
Weil Ihnen das heutige Programm zu langweilig ist?
Nein. Wenn ich heute eine Sendung ganz sehen würde, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder sie ist generell besser als die, die ich früher gemacht habe – dann würde ich mich ärgern. Oder sie ist schlechter als die Sendungen, die ich früher gemacht habe – dann bin zwar stolz, was wir früher geschafft haben, aber die Zeitverschwendung damit würde mich auch ärgern. Das bleibt mir alles beim Zappen erspart.
Gibt es gar keine Fernsehsendung, die Sie gut finden?
Nein. Ich habe keine Beziehung zum Fernsehen mehr, in der Weise, dass ich einzelne Sendungen noch gut finde. Das ist bei Moderatoren oder Moderatorinnen ebenso: Es gibt sie, die machen einen guten Job, aber ich habe keine speziellen Vorlieben.
Sie selbst waren nie der klassische Moderator. Nach dem Jura-Studium waren Sie in der ZDF-Rechtsabteilung. Wie kam der Sprung vor die Kamera?
Ja, damals in der Rechtsabteilung und beim ZDF arbeiteten in Mainz viele Menschen, die aus anderen Städten kamen und abends nicht alleine zu Hause kochen wollten. Deshalb saßen wir sehr oft alle gemeinsam in einem Lokal. Und zur Unterhaltung ging ich von Tisch zu Tisch und erzählte Witze. Da merkte ich, dass ich auf die Bühne wollte. Ich hatte 100 Stück in meinem Repertoire...
Welchen guten Witz mögen Sie denn heute noch?
Kommt ein reicher Mann zum Priester und fragt: „Ist es heute eigentlich immer noch möglich, dass man sein Vermögen der Kirche spendet, und dann nicht ins Fegefeuer muss?“ Antwortet der Priester: „Das kann ich Ihnen nicht mit Sicherheit sagen. Aber versuchen würde ich es.“
Sehr ernst ist derzeit die politische Lage in Deutschland.
Was generell politisch in unserem Land passiert, das lese ich und finde einiges gut, anderes blöd. Im Augenblick ist es ziemlich problematisch da oben in der Regierung. Da sage ich mir: Die sollen das regeln und richten. Das ist ihr Job. Natürlich mache ich mir da meine Gedanken. Über die ich aber lieber nicht spreche…
Das Thema Migration steht im Mittelpunkt vieler Debatten. Sie selber wurden im Zweiten Weltkrieg von der sowjetischen Armee aus der Tschechoslowakei vertrieben und flohen mit der Familie in einem Kuh-Transporter. Wie stehen Sie zum Thema Flüchtlinge?
Ich wünsche den Flüchtlingen nur, dass sie mit dieser Situation so umgehen, wie ich damals mit der Situation umgegangen bin. Nämlich entspannt. Das heißt Vertrauen, sich auf etwas einlassen und sein Glück suchen. Und einfach zu sagen: Ja gut, jetzt ist es so. Jetzt sind wir woanders. Das muss ich erleben und so muss ich jetzt leben. Das muss ich akzeptieren. Ich muss mich an die Verhältnisse anpassen. Ich muss von anderen Menschen lernen. Das ist das Entscheidende. Auch wenn es im Einzelfall sehr schwer ist.
Eine starke Veränderung gab es in Deutschland und in Köln bei der Akzeptanz von schwul-lesbischen Lebensgemeinschaften. Wäre die Homo-Ehe etwas für Sie gewesen?
Natürlich. Heutzutage ist das ja alles ganz normal und natürlich, und das ist gut so. Zu meiner Zeit damals war das ja alles ganz anders, da war so etwas verboten. Deswegen konnte ich auch so nicht offiziell leben. Ich wünschte, es wäre damals schon erlaubt gewesen, dass homosexuelle Paare hätten heiraten dürfen. Aber wer weiß, wie ich dann gelebt hätte...
Beim Blick zurück auf Ihr Leben – wie sehen das Thema Alter? Vor mehr als 20 Jahren sprachen Sie mit Blacky Fuchsberger in der legendären „Boulevard Bio“-Sendung „Show-Meister“ über das Altern und die Vorfreude darauf...
Nun, ich bin alt geworden und ich konnte es nicht verhindern. Alter passiert einfach. Und wenn es passiert, muss man lernen, damit zu leben. Ich bin 84. Ich lebe damit. Und das schließt alles ein. Das schließt ein, dass man irgendwann nicht mehr da ist. Aber es schließt auch ein, dass einen noch viele Menschen treffen wollen. Und man viele Freunde von früher hat. Es ist okay. Mein Leben ist okay.
2010 hatten Sie einen schweren Treppensturz mit Koma und Gedächtnisverlust. Haben Sie alles gut überstanden?
Bis vor einem Jahr hatte ich noch einen Physiotherapeuten. Da war ich jede Woche zwei Mal. Jetzt nicht mehr. Ich halte mich so fit. Ich gehe einfach ein bisschen. Es geht mir so gut, ich muss jetzt nicht noch speziell ein Training machen. Ich fühle mich wohl.
Sie wohnen in der schönen Spichernstraße am Stadtgarten, Ihr Adoptivsohn Scott ist Ihr engster Vertrauter. Sind Sie rundum glücklich?
Ja! Seitdem ich in Köln bin, bin sehr glücklich und lebe gerne hier. In meiner Wohnung bin ich am liebsten. Zuhause ist doch das schönste Veedel. Ich verlasse Köln auch nicht mehr. Weil ich keine Reisen mehr mache. Mit dem Taxi zum Flughafen oder zum Bahnhof, um dann auf Reisen zu gehen – das ist mir alles zu anstrengend. Ich bleibe jetzt in Köln und das tue ich gerne. Solange ich lebe, will ich hier leben. Und wenn ich sterbe, dann auch in Köln. Aber vielleicht werde ich auch noch 100? Ich hätte nichts dagegen. Aber ich plane es nicht. Mein Vater und meine Mutter sind beide mit 82 gestorben. Also jung waren sie beide nicht. Aber uralt auch nicht.
Wäre auch ein Lebensabend im Altenheim eine Alternative?
Nein. Wenn mich natürlich irgendwann jemand in ein Seniorenheim schickt und ich kann mich nicht wehren, dann muss ich das akzeptieren. Aber noch sieht es nicht so aus, als ob das passieren würde. Ich glaube auch, wenn man 84 Jahre alt ist, lebt man Richtung Ende. Und genießt das. Ich habe also nicht vor, in ein Seniorenheim zu gehen.
Sind Sie eigentlich ein „Silver Surfer“, also ein Senior, der gerne mal ins Internet geht?
Nein. Ich habe kein Internet. Ich surfe nicht. Das interessiert mich einfach nicht mehr. Natürlich haben wir einen Internet-Anschluss. Aber Smartphones oder Tablets – das ist nichts mehr für mich.
Mit ihrem neuen Buch „Die Rezepte meines Leben“ hinterlassen Sie auf 480 Seiten ihr kulinarisches Vermächtnis. Unter welches Motto haben Sie Ihr Leben gestellt?
Mein Lebensmotto für die Menschen ist: Jeder muss ein eigenes Motto finden. Jeder muss so leben, wie er ist. Ich habe mir nicht ausgesucht, wer ich bin. Ich habe mich so entwickelt. Ich lebe so, wie ich mich fühle. Und das kann ich nur den anderen Menschen auch empfehlen. So leben wie man sich fühlt. Das ist doch ein schönes Motto.
Sehr geehrter Herr Biolek, vielen Dank für das Gespräch.