Baby tot geschütteltProzess in Köln gegen Vater (35) – vor Gericht kommen hässliche Details ans Licht

Der Angeklagte sitzt im Gericht mit seinen Verteidigern.

Prozessauftakt am Mittwoch (29. Mai 2024) wegen des tot geschüttelten Babys in Gummersbach: der angeklagte Vater mit Anwalt (r.) und Dolmetscher.

Wegen des gewaltsamen Todes eines Babys muss sich der Vater (35) vor dem Kölner Landgericht verantworten. Die mitangeklagte Mutter ist flüchtig. 

von Iris Klingelhöfer (iri)

Mit acht Tagen Verspätung hat der Prozess wegen eines tot geschüttelten Säuglings begonnen. Am Mittwoch (29. Mai 2024) wurde der Vater (35) von Wachtmeistern in den Gerichtssaal des Kölner Landgerichts geführt – er sitzt in Haft, nachdem er und seine Frau zum ersten Prozesstermin nicht erschienen waren.

Während der 35-Jährige schließlich per Haftbefehl festgenommen werden konnte, ist die Mutter (30) des Kindes weiterhin auf der Flucht. Das Verfahren gegen sie wurde daher abgetrennt.

Prozess in Köln: Paar soll sein Baby (14 Wochen) tot geschüttelt haben

Dem Paar wird Körperverletzung mit Todesfolge vorgeworfen. Am 21. Mai 2022 gegen Mittag hatte die Frau in ihrer Wohnung in Gummersbach ihrem 14 Wochen alten Sohn die Flasche gegeben, als dieser aus ungeklärter Ursache das Bewusstsein verlor. Daraufhin soll sie den Säugling etwa zehn Minuten lang geschüttelt haben. Der Vater soll den Jungen auf seine Hand gelegt, auf dessen Bauch gedrückt und ihn dann ebenfalls geschüttelt haben.

Das Kind erlitt dadurch, so der Vorwurf, ein Schütteltrauma sowie einen Gehirnschädelbruch und verstarb wenige Tage später in der Kölner Uniklinik. Die Eltern hätten erkennen müssen, dass langes Schütteln eines gerade mal 14 Wochen alten Kindes zu lebensbedrohlichen, irreparablen Verletzungen bis zum Tod führen kann.

Bei der Obduktion waren an dem kleinen Leichnam dann auch ältere Verletzungen entdeckt worden, die auf früheren Missbrauch hinweisen. Zudem war das Baby unterernährt.

Zeuginnen beschreiben im Prozess in Köln die Eltern als auffällig

Am ersten Verhandlungstag zeichnete sich vom Angeklagten, aber auch von seiner Frau ein krudes, seltsames Bild ab. So sollen sie sich damals geweigert haben, ihren Sohn im Krankenwagen zu begleiten. Stattdessen warteten sie so lange zu Hause, bis die Klinik anrief und fragte, wo sie denn blieben.

Im Krankenhaus trat der Angeklagte dann so aggressiv auf, dass er Hausverbot bekam. Auch seine Frau wurde im Prozess von Mitarbeiterinnen des Jugendamtes als aggressiv beschrieben, sie habe rumgeschrien. Das Verhalten der Eltern sei auffällig gewesen. 

Das Jugendamt entschied ziemlich schnell, den älteren Sohn (heute 3) des Paares in Obhut zu nehmen. Als die Mutter darüber im Krankenhaus informiert wurde, ließ sie sich scheinbar ohnmächtig zu Boden fallen, soll aber sofort wieder hochgekommen sein und versucht haben, auf eine Jugendamtsmitarbeiterin loszugehen. 

Zeugin im Prozess in Köln: Kuscheltiere geschlagen und gelacht

Zum Vater habe man seit der Inobhutnahme des älteren Kindes keinerlei Kontakt mehr, erzählte eine Zeugin vom Jugendamt. Mit der Mutter hätte es am 25. Mai 2022 noch ein paar Mal Kontakt gegeben, weil der Sterbeprozess des Säuglings begonnen hatte und man die Eltern fragen wollte, ob sie diesen begleiten möchten. Beide seien aber nicht mehr aufgetaucht. 

Auch heftig: Der Sohn, der zu Pflegeeltern kam, zeigte besonders am Anfang ein sehr auffälliges Verhalten. „Wenn der Pflegevater die Pflegemutter umarmt hat, hat er gespuckt und geschlagen“, erzählte eine Jugendamtsmitarbeiterin im Zeugenstand. Wenn sich jemand verletzt hat, habe der kleine Junge gelacht. Er habe auch seine Kuscheltiere geschlagen und das lustig gefunden. 

Das Kind habe auch keine feste Nahrung gekannt, nicht auf Ansprache reagiert –und Angst vor Männern gehabt. Als die Pflegemutter ihm ein Foto seines Vaters zeigte, habe der kleine Junge gesagt: Baby, Popo, Aua.

Köln: Vater des Angeklagten erklärt, warum sein Sohn Prozess fernblieb

Im Prozess sagte auch der Vater (64) des Angeklagten aus. Er hatte den Angeklagten und dessen Frau damals ins Krankenhaus gefahren. Während der Fahrt soll die Frau gesagt haben, sie müsse noch in der Nacht abhauen. „Sie hatte Angst, dass sie ins Gefängnis kommt“, erklärte der 64-Jährige dem Gericht. 

Die Vorsitzende Richterin fragte, warum sein Sohn denn zum ersten Verhandlungstag letzte Woche nicht erschien sei. Darauf der Vater: „Er kann die Sprache nicht und hat kein Geld. Er sagte, er hätte auch keinen Anwalt und würde daher erst eine Arbeit finden, um einen Anwalt bezahlen zu können.“ Sein Sohn könne weder Schreiben noch Lesen.

Baby tot geschüttelt: Angeklagter möchte älteren Sohn zu sich nehmen

Am ersten Verhandlungstag hat sich der Angeklagte zunächst zur Person geäußert – mithilfe eines Dolmetschers. Obwohl er seit 2016 in Deutschland lebt, sind seine Sprachkenntnisse gerade mal rudimentär. „Ein sechsmonatiger Deutschkurs ist die einzige Schule, die er je besucht hat“, so sein Anwalt.

Der 35-Jährige erzählte, dass er bislang viele Mini-Jobs hatte, aber wegen fehlender Sprachkenntnisse immer wieder gefeuert worden sei. Derzeit ist er wieder arbeitslos, träumt aber davon, einen Arbeitsvertrag zu bekommen und seinen Sohn zu sich zu nehmen. Von seiner Frau ist er längst getrennt. Wo die 30-Jährige stecken könnte, war am Prozesstag kein Thema.  

Der Angeklagte muss weiterhin im Gefängnis bleiben. Der Haftbefehl gegen ihn wurde nicht aufgehoben. Mitte Juni geht der Prozess vor dem Kölner Landgericht weiter.