Prozess wegen Bluttat im „No Name“Kölner Gericht verhängt hohe Strafen – Festnahme noch im Saal

Zwei Bestatter tragen eine Leiche weg.

November 2015: Bestatter holen die Leiche des Erschossenen (†29) aus der Kölner Kneipe „No Name“ ab.

Nach der Bluttat im „No Name“ in Nippes im Jahr 2015 standen seit Juli erneut zwei Männer vor Gericht. Der Prozess gegen sie musste neu aufgerollt werden. Jetzt sind die Urteile gefallen.

Der Revisionsprozess im „No Name“-Fall ist mit hohen Haftstrafen geendet – und mit einer Festnahme noch im Gerichtssaal!

Kaum war am Freitag (25. Oktober 2024) das Urteil gegen einen der Angeklagten (35) gefallen, klickten die Handschellen. Bis dato waren er und der Mitangeklagte (38) auf freiem Fuß.

Neun Jahre nach Bluttat im „No Name“: Revisionsprozess geendet

Der 35-Jährige wurde unter anderem wegen Beihilfe zum Mord zu einer Gesamtfreiheitstrafe von zwölf Jahren verurteilt und kam anschließend direkt hinter Gitter. Der 38-Jährige hingegen wurde zu insgesamt sieben Jahren Knast verdonnert. Bei ihm ging es unter anderem um Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung. Er durfte das Gericht noch als freier Mann verlassen, muss erst in Kürze seine Haft antreten.

Bei den Urteilen berücksichtige das Gericht auch Vorwürfe gegen die Angeklagten, die nicht die Bluttat in der Nippeser Kneipe „No Name“ betrafen. Die Urteilsbegründung dauerte mehrere Stunden.

Die beiden Männer waren bereits Ende 2020 nach den tödlichen Schüssen im „No Name“ schuldig gesprochen und zu neun Jahren wegen Beihilfe zum Mord beziehungsweise fünfeinhalb Jahren wegen Beihilfe zur Körperverletzung mit Todesfolge verurteilt worden.

Doch der Bundesgerichtshof (BGH) kippte die Urteile, nachdem beide Revision eingelegt hatten. Jetzt wurde neu verhandelt. Der Ausgang des Prozesses war für die Staatsanwältin keine Frage. In ihrem Plädoyer sagte sie am Donnerstag (17. Oktober 2024): „Das war eine eiskalte Hinrichtung.“

Bluttat in Kölner Kneipe „No Name“: Opfer flehte um Gnade

Die Bluttat im „No Name“ Ende 2015 hatte für Entsetzen gesorgt. Der Überfall mit einem Toten und drei Schwerverletzten galt als Vergeltung für einen Einbruch in einen Treffpunkt der Hells Angels, bei dem drei Spielautomaten geknackt und mehrere Tausend Euro erbeutet worden waren.

Für 5000 Euro Belohnung wurden die mutmaßlichen Einbrecher schließlich verpfiffen. Nach einem „Tipp“, dass sie sich am 20. November 2015 im „No Name“ aufhalten sollten, betraten mehrere bewaffnete Hells Angels-Rocker die Kneipe und eröffneten das Feuer.

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Es spielten sich dramatische Szenen ab. So wurden zwei Männer, die sich auf den Boden legen mussten, von mehreren Kugeln getroffen. Sie überlebten schwerst verletzt. Ein 29-Jähriger, der vor einem Spielautomaten auf einem Barhocker saß, soll sich die Hände vor das Gesicht gehalten und gefleht haben „Nicht schießen!“. Kurz darauf fiel er tödlich getroffen zu Boden.

Mutmaßlicher Haupttäter flüchtete nach Kölner Tat in die Türkei

Als Schützen gelten zwei hochrangige Hells Angels, die sich nach der Bluttat ins Ausland absetzten. Darunter der ehemalige Kölner Rockerboss Erkan A. (36). Er wurde 2021 in der Türkei festgenommen, wieder freigelassen, dann wieder festgenommen. Bis heute wurde er nicht nach Deutschland ausgeliefert. Stattdessen soll er nach seiner letzten Festnahme Anfang 2024 erneut gegen Meldeauflagen von der Haft verschont worden sein.

Dafür standen drei mutmaßliche Komplizen vor dem Kölner Landgericht und wurden Ende 2020 verurteilt. Während einer seine Strafe (zwölf Jahre Haft) akzeptierte, legten die beiden anderen erfolgreich Beschwerde gegen ihrer Urteile beim Bundesgerichtshof ein. So hatte zum Beispiel der jüngere Angeklagte bestritten, in die mutmaßlichen Mordpläne eingeweiht gewesen zu sein.

Während die anderen in die Gaststätte gestürmt sein sollen, war der 35-Jährige im Eingangsbereich stehen geblieben und soll einen Zeugen bedroht haben, damit die anderen ungehindert zuschlagen konnten. Dabei sei er aber lediglich von einer „Abreibung“ ausgegangen.

Einer der Angeklagten (35) unterhält sich am Montag (15. Juli 2024) im Gerichtssaal mit Anwalt Frank Hatlé.

Einer der Angeklagten (35) unterhält sich beim Prozessauftakt am 15. Juli 2024 mit Anwalt Frank Hatlé.

Im Revisionsprozess, der am 15. Juli 2024 begann, musste sich der 35-Jährige neben den Vorwürfen im „No Name“-Fall auch wegen gewerbsmäßigen Diebstahls verantworten. Im Prozess gab er zu, sich als Heizungsleser ausgegeben und mit gestohlenen EC-Karten Geld abgehoben zu haben. Er bestritt aber den Vorwurf, einer 9o-Jährigen 24.000 Euro aus dem Schlafzimmerschrank geklaut zu haben.

In ihrem Plädoyer forderte die Staatsanwältin für ihn eine Gefängnisstrafe von acht Jahren und drei Monaten unter anderem wegen Beihilfe zum Mord plus vier Jahre für diverse Trickbetrügereien. Er habe die eigentlichen Mörder aktiv unterstützt, erklärte sie.

Dem 38-jährigen Mitangeklagten wurde unter anderem auch Bedrohung vorgeworfen. Er soll einen Mann gezwungen haben, sich bis auf die Unterhose auszuziehen. Dann soll er ihn mehrfach ins Gesicht getreten und 10.000 Euro gefordert haben. Mit Hinweis auf einen nahen Friedhof soll er gedroht haben: „Sonst kann dich deine Frau da besuchen.“

Ein Anwalt steht im Gericht neben seinem sitzenden Mandanten.

Revisionsprozess nach Bluttat im „No Name“ in Köln startete am Montag (15. Juli 2024): einer der Angeklagten (38) mit seinem Verteidiger Claus Eßer.

Allein für dessen Beteiligung an der Tat im „No Name“ hatte die Staatsanwältin für den 38-Jährigen (er war der „Verräter“) wegen Beihilfe zur Körperverletzung und fahrlässigen Tötung eine Haftstrafe von drei Jahren und vier Monaten – plus vier Jahre und drei Monate für die weiteren Anklagepunkte.

Sein Verteidiger forderte einen Freispruch. Sein Mandant habe mit solch gravierenden Folgen für seine Bekannten nicht rechnen können, so Anwalt Claus Eßer. Das sah das Gericht anders.