Als Kalker Jung kämpfte sich Jupp Elze in den 1960er Jahren in die Herzen vieler Boxfans. Seine Karriere – und sein Leben – fanden jedoch ein jähes Ende.
Box-Drama in KölnKalker Jung stirbt kurz nach seinem größten Kampf –wegen Dopingmittel

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Boxer Jupp Elze (M.) in seinem letzten Kampf in den Kölner Messehallen.
Er ist der erste deutsche Sportler, der nachweislich durch Doping stirbt. Der Kölner Boxer Jupp Elze (28) kämpft am 12. Juni 1968 gegen den italienischen Titelverteidiger Juan Carlos Duran um die Europameisterschaft.
Alles sieht nach Sieg aus – und dann geht Elze in der 15. Runde zu Boden. Er fällt ins Koma und stirbt acht Tage später.
Kölner Boxer stirbt als erster deutscher Sportler durch Doping
Der Kampf soll eigentlich am 8. Juni stattfinden. Aber da regnet es in Strömen. Am Ende wird er abgesagt und auf den 12. Juni verlegt. Die Kölner Messehalle ist ausverkauft. „Es war von Anfang an ein packender Fight“, erinnert sich ein Zeitzeuge.
Die Halle bebt, weil Elze sich in einem ausgeglichenen Kampf immer wieder leichte Vorteile erarbeitet und schließlich vor der letzten Runde knapp nach Punkten führt. Er steht kurz vor dem Titelgewinn.
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Dieser Kampf gegen den amtierenden Europameister Duran soll für Elze der seines Lebens werden. Und ihn von allen finanziellen Sorgen befreien. Die letzten vier Kämpfe hat der Kalker Jung verloren, trotzdem wird er als Herausforderer um die Europameisterschaft im Mittelgewicht anerkannt. Elze glaubt fest an sich – und er hat schließlich auch Heimvorteil.
Es ist ein beherzter Kampf. Nach schwachen ersten Runden kämpft sich Elze gegen die längere Reichweite Durans vor, punktet im Nahkampf. Beide Boxer teilen ordentlich aus, landen insgesamt über hundert Kopftreffer.
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Elze gibt sich kämpferisch. In der Pause vor der 14. Runde sagt er seinen Betreuern zuversichtlich: „Ich schaffe es noch“. Die teilen seine Meinung, ahnen ebenso wenig wie der 28-Jährige selbst, dass er dem Tod schon so nahe ist. Nach der 14. Runde führt Elze nach Punkten. Dann trifft ihn Duran noch einmal hart am Hinterkopf.
Elze taumelt. Er sackt zusammen und steht nach sechs Sekunden doch noch mal auf. Dann hebt er auf dem Weg in seine Ecke die Hand und kapituliert. „Was ist los, warum gibst du auf?“, schreit Trainer Hans Weinbach noch. Da ist Elze aber schon bewusstlos zusammen gebrochen.
Schon 25 Minuten nach seinem 43. Kampf meißeln die Ärzte Elzes Schädeldecke auf. Doch die Operation verzögert sein Ende um nur acht Tage. Am 20. Juni 1968 bleibt sein Herz stehen. In späteren Untersuchungen stellt sich heraus, dass Elze rund 20 Genickschläge abbekommen hat – unbeabsichtigt, teilweise selbst verschuldet durch Wegducken. Dabei ist eine Vene gerissen, hat einen Bluterguss im Hirn verursacht.

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Jupp Elze wird im Krankenwagen mit Masseur Peter Herzig (rechts) zur Lindenburg gebracht.
Als Duran vom Tod seines Gegners erfährt, bricht er weinend zusammen. Später berichtet er, Elze sei ihm beim Kampf nicht normal vorgekommen. Er habe unglaublich viele Schläge einfach weggesteckt.
Eine Dopingprobe bestätigt: Elze hatte drei verschiedene Substanzen im Blut, darunter auch das Aufputschmittel Pervitin. Das brachte ihn wohl dazu, weiterzukämpfen, nicht aufzugeben. Ohne das Doping hätte er die schweren Treffer, allein über 100 am Kopf, kaum aushalten können.
Elze hinterlässt eine Frau und einen einjährigen Sohn – und jede Menge Schulden. Besonders tragisch: Kurz vor dem EM-Kampf hat er aus finanziellen Gründen noch seine Lebensversicherung aufkündigen müssen. Seine letzte Ruhestätte findet der Kölner Profi-Boxer auf dem Ostfriedhof.
Dieser Text von Inge Wozelka erschien erstmals am 13. Juni 2018 im EXPRESS.