Schon Tausende FahrgästeRache an KVB: Kölner nimmt mit seinem Ticket jeden mit

Christoph Schwers

Christoph Schwers nimmt fremde Fahrgäste gezielt mit seiner Monatskarte mit.

von Ayhan Demirci  (ade)

Köln – Manche sehen in ihm die „fleischgewordene Mitfahrgelegenheit“, andere nennen ihn den „Fahrgäste-Sammler“. Oder auch: den „KVB-Schreck“. Das klingt ganz zutreffend für einen Mann, der auf Achse werktags ab 19 Uhr und am Wochenende sowie feiertags rund um die Uhr Fahrgäste davon abhält, in Bus oder Bahn Geld für ein Ticket auszugeben.

KVB-Rebell spricht Kölner Fahrgäste gezielt an

Denn sobald er Bewegung am Automat wahrnimmt, schreitet dieser Mann zur Tat. Dann wedelt Fahrgast Christoph Schwers (55) aus Lindenthal einfach mit seinem Monatsticket und freut sich: „Lassen Sie ihr Geld ruhig stecken - ich nehme sie auf meiner Karte mit.“

Die Tariferhöhung der KVB – hier lesen Sie mehr.

Diese skurrile Masche, die Schwers bereits seit 29 Jahren anwendet, ist durch die Richtlinien der KVB gedeckt. Und sucht bundesweit ihresgleichen. Christoph Schwers begann seine Aktionen im Alter von 26. EXPRESS berichtete 1991 erstmals über ihn. Jetzt traf EXPRESS den Kölner wieder.

Er ist nach wie vor Monatskartenabonnent der KVB. Mittlerweile werden monatlich 87,20 Euro von Schwers Konto abgebucht. Und: Schwers ist (wie auch die KVB) dem Mitnahmesystem treu geblieben. „Ich führe nur keine Strichlisten mehr wie früher.“, erklärt er. „Seit 1991 habe ich Pi mal Daumen 12.000 Menschen mitgenommen.“ Werktags kann er ab 15 Uhr zusätzlich noch drei Kinder zwischen sechs und 14 Jahren mitnehmen, am Wochenende den ganzen Tag.

Wer heutzutage als Gelegenheitsfahrer das Glück hat, am Automat oder auch kurz vor der Entwertung des Tickets Schwers zu begegnen (meist in der Linie 1 oder dem Bus 146 vom und zum Neumarkt), spart immerhin zwei Euro. „Manche Fahrgäste fragen, wann ich denn wieder zurückfahre, um mich quasi zu buchen“, erzählt Schwers. Wenn´s passt! Macht dann schon vier Euro.

Aber es geht zumindest ihm nicht ums Geld, sagt Schwers, „das Elementare für mich ist, dass die Leute sich freuen.“ Wahr ist aber auch: Alles begann mit Christoph Schwers ehrgeizigem Plan, der KVB eins auszuwischen…

Der Vorfall: Im März 1991 war Schwers, Revisor in einem Pharmaunternehmen, mit der 16 von Köln unterwegs nach Bonn und hatte seinen Anschlussfahrschein außerhalb des Tarifgebietes nicht ausreichend entwertet. Der Kontrolleur setzte 30 D-Mark „erhöhtes Beförderungsentgelt“ fest.

Fahrgastkontrolle bei der KVB

Eine Fahrgastkontrolle bei der KVB. Damit begann für Christoph Schwers die „Laufbahn“ als „Fahrscheinrebell“.

Schwers, eigentlich ein Fan der KVB, beteuerte, es sei ein Missverständnis. Er sei kein Schwarzfahrer. Als die KVB hart blieb und ihr „lückenloses Tarifsystem“ pries, sann Christoph Schwers auf Rache. Und suchte nach einer „Lücke“ im Beförderungsregelwerk der KVB.

Kölner rächt sich an KVB

Er wurde fündig und zur „wandelnden Gruppenkarte“ („Welt“). Schwers entwickelte Jagdfieber. An seinen sogenannten „Marathontagen“ fuhr er eine Strecke tagelang rauf und runter, nur um unbedingt ganz viele Leute mitzunehmen. Oder auch Hunde. 23 waren es, als er 2001 mal Bilanz zog. Heute brauchen Hunde keine Tickets mehr.