TV-Knaller „König von Köln“Was im Film über den kölschen Klüngel verschwiegen wird
Köln – Oppenheim-Esch: Der größte Klüngel-Skandal von Köln lieferte die Vorlage für die Fernseh-Satire „Der König von Köln“. Millionen sahen den Streifen Mittwochabend in der ARD – und Deutschland lachte (mal wieder) über Köln. Professor Frank Überall (48) schrieb seine Doktor-Arbeit über den kölschen Klüngel und hat gesehen, dass ein Aspekt in dem Film verschwiegen wird. Hier seine TV-Kritik:
Der Klüngel hat zwei Gesichter. Er kann gut oder schlecht sein, lebenswert oder korrupt. In einer Satire wie „Der König von Köln“ bleibt kein Raum dafür, beide Seiten zu zeigen.
Das Publikum sollte herzhaft lachen. Da kann man den positiven Klüngel nicht zeigen. Der ist zu wenig absurd, kein humoristischer Schenkelklopfer. Er ist halt normal. Man kennt sich, man hilft sich – im Veedel, auf der Arbeit, in der Kneipe. Einfach so. Ohne „Dankesschulden“ anzuhäufen, wie es der Soziologie-Professor Erwin Scheuch mal formuliert hat.
ARD-Film „Der König von Köln“: Nah am realen Fall
Genau um dieses korruptive Anhäufen von „Dankesschulden“ aber geht es in „Königsklüngelfilm“ der ARD. Zugespitzt zeigen die Schauspieler ganz nah an einem realen Fall, wie vermeintlich l(i)ebenswerter Klüngel zu kühler Korruption führen kann. Da schleimt sich der „königliche“ Bauunternehmer mit mehr oder weniger kleinen Hilfen bei den Reichen und Mächtigen der Stadt ein. Jede Wohltat wird von ihm penibel in einem analogen Notizbuch notiert – weil man das im Gegensatz zu digitalen Beweismitteln nicht so leicht ausspähen kann. Später stellt er eiskalt berechnend seine illegalen Gegenforderungen.
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Wer sich widersetzt, muss mit empfindlichen Konsequenzen und sogar mal mit einer hemdsärmeligen Ohrfeige rechnen. Ein solch schmerzhafter Schlag trifft die Kölsche Seele.Denn echter Klüngel kennt so eine unverschämte Aufrechnung von Gefälligkeiten nicht. Nachbarschaftshilfe, „Drink-doch-ene-mit“-Mentalität und Netzwerken haben nichts mit Kriminalität zu tun.
Satire in der ARD: Staatsanwältin kam nicht aus Köln
„Haben Sie sich nicht gefragt, warum er Ihnen Hilfe angeboten hat, obwohl er sie gar nicht kannte?“, fragt eine junge Staatsanwältin in dem Film. Sie kam nicht aus Köln. Sie kannte Köln nicht: Die korrupte Stadtgesellschaft nicht, aber auch nicht die gute Grundhaltung all derer, die diese Stadt für ihre unkomplizierte, menschliche Hilfsbereitschaft lieben.
Was in der Satire als „ekelhaft nett“ bezeichnet wird, ist die dreiste und gemeine Ausprägung des Klüngels. Dass es das gab, ist unbestritten. Das haben Gerichte festgestellt. Gefälligkeiten werden da zur „Grundlage für die richtigen Geschäfte“. Der schmierige Baulöwe verlangt im Film von einem städtischen Bürokraten, „Dankbarkeit“ zu zeigen und Gesetze zu verletzen: Eine klassische Korruptions-Beziehung. An einer Stelle des Films stöhnt jemand über die vordergründige Mischung aus „Bräsigkeit, ‚joode Fründe‘ und Alaaf“, hinter der es „knallhart“ zugehe.
Die Ära dieser Korruptions-Klüngler ist hoffentlich vorbei. Sie haben es übertrieben. Sie haben diese Satire als mediale Ohrfeige wahrlich verdient. Denn sie haben Köln geschadet: Finanziell, rechtlich, vom Ruf her. Sie haben ihre Opfer gedemütigt, bis diese mit gemacht haben im dubiosen Millionen-Spiel zu Lasten der Steuerzahler. Sie haben uns Kölnerinnen und Kölner betrogen. „Wenn Sie das so sehen…“, räumt der Baulöwe im ARD-Streifen gedankenverloren ein. Alleine damit hat er sich als echter Klüngler disqualifiziert.
Kölscher Klüngel geht anders
In unserem Millionendorf am Rhein ist das aber kein Alltag. Wir Kölnerinnen und Kölner wären viel zu lebensfroh und vergesslich, um uns kleine Alltags-Hilfen in einem Buch zu notieren. Wir demütigen nicht und verteilen keine Ohrfeigen. Wir hören auf unser Unrechtsbewusstsein, wenn jemand dreist wird und uns in die Korruption ziehen will. Wir lassen uns den guten Klüngel nicht nehmen, laden uns auch weiterhin ohne Hintergedanken gegenseitig zum Kölsch ein.
Kölscher Klüngel kann missbraucht werden
Lächerlich sind bloß diejenigen, die den Klüngel für eigene Zwecke missbrauchen. Hoffentlich gibt es sie wirklich nur noch im fiktionalen Fernsehfilm.