Wer richtet im Jahr 2024 die Volksfeste an der Deutzer Werft aus? Der Kölner Schausteller Theo Hardt hatte sich bereits im Jahr 2021 beworben, der Stadt wirft er „Kölschen Klüngel“ vor.
Riesen-Zoff um Deutzer Kirmes„Kölscher Klüngel“: Schausteller mit bösen Vorwürfen an die Stadt
Die Kirmes an der Deutzer Werft ist für viele Menschen in Köln und Umgebung im Frühling und im Herbst immer ein Highlight. Auch wenn es in den vergangenen Jahren immer wieder Beschwerden von Anwohnerinnen und Anwohnern gab, aufgrund des Lärms oder der Verkehrssituation, strömen Jahr für Jahr Tausende zu den beiden traditionellen Volksfesten.
Die Herbstkirmes 2023 beginnt am 28. Oktober, die Planungen laufen auf Hochtouren. Im Hintergrund rumort es allerdings gewaltig. Dabei geht es um die Planungen für die kommenden Jahre.
In den vergangenen Jahren wurde die Deutzer Kirmes immer von der Gemeinschaft Kölner Schausteller (GKS) ausgerichtet. Das könnte sich ab dem kommenden Jahr ändern – oder auch nicht?
Theo Hardt (72) ist ein Schausteller-Urgestein in Köln, seit 1972 in der Branche tätig und auf vielen Volksfesten und Jahrmärkten mit seinem Biergarten und seinen Buden vertreten.
Schausteller will Deutzer Kirmes ausrichten – klare Antwort der Stadt dauert lange
Der 72-Jährige, der während der Corona-Pandemie sinnbildlich für die schwere Situation der Schaustellerbranche eintrat und EXPRESS.de von seinen finanziellen Schwierigkeiten berichtete, hatte bereits früh sein Interesse gegenüber der Stadt bekundet, die Deutzer Volksfeste ab dem Jahr 2024 auszurichten.
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Der Veranstaltungsort an der Deutzer Werft ist kein öffentliches Straßenland, sondern ein sogenanntes Fiskalgelände im Eigentum der Stadt Köln. Mit der Stadt schließen die Veranstalter des Volksfestes dann Miet- beziehungsweise Nutzungsverträge ab – bis Ende 2023 hat die GKS den Zuschlag inne.
Bereits im Jahr 2021 hat Theo Hardt seine Bewerbung für die Ausrichtung der Deutzer Kirmes ab dem Jahr 2024 bei der Stadt eingereicht – vor dem Antrag der GKS. Eine klare Antwort zog sich jedoch hin, bis zum Juli 2023. „Man hat mich am langen Arm verhungern lassen“, sagt der 72-Jährige gegenüber EXPRESS.de. Aber was meint er genau damit?
Deutzer Kirmes: Maßnahmenkatalog für Schausteller nicht zu stemmen
Immer wieder wurde dem Schausteller mitgeteilt, dass noch diverse Abstimmungen und Gespräche stattfinden müssten, bis eine endgültige Entscheidung über den Zuschlag getroffen werden könnte. Laut eigenen Angaben geduldete sich der Schausteller, ließ sich jedoch von seinem Traum, die prestigeträchtigen Volksfeste als Veranstalter auszurichten, nicht abbringen.
Am 21. Juli 2023, also fast auf den Tag genau zwei Jahre nach Theo Hardts Antrag bei der Stadt, folgte dann endlich etwas Handfestes. Er bekam ein vierseitiges Schreiben der Stadt (Dokumente liegen EXPRESS.de vor), in dem die Stadt die für die Bewerbung für die Ausrichtung der Volksfeste im Jahr 2024 nötigen Dokumente und Maßnahmen von ihm fordert.
Alles hätte bis zum 18. August 2023 eingereicht werden müssen, also genau vier Wochen, nachdem der Schausteller das Schreiben erhalten hatte. „Einige Dokumente, wie der Auszug aus der Schuldnerkartei des Amtsgerichts Köln oder der Auszug aus dem Gewerbezentralregister, haben alleine eine Bearbeitungszeit von vier bis sechs Wochen. Wie soll das möglich sein?“, fragt sich der 72-Jährige.
Auch weitere Punkte des Maßnahmenpakets der Stadt machen ihn wütend: „Ich hätte im Vorhinein 50 Prozent der Schaustellerinnen und Schausteller angeben müssen, die mir ihre Teilnahme bei meiner Ausrichtung des Volksfestes zugesagt haben. Wie soll das gehen? Wer soll mir zusagen, wenn nicht mal feststeht, dass ich den Zuschlag erhalte? Die GKS kann diesen Anteil im Vorhinein angeben, da es sich dabei um ihre Organmitglieder, Familienangehörige oder Freundinnen und Freunde handelt, die immer einen Platz erhalten.“
Kölner Schausteller reicht Dienstaufsichtsbeschwerde ein
Ein weiterer Punkt, der in der Kürze der Zeit für Hardt nicht zu stemmen sei: „Es wird ein Verkehrszeichnungsplan gefordert, der nur in enger Abstimmung mit dem Amt für Straßenbau und der Polizei erstellt werden kann. Hierzu gab es unter anderem einen runden Tisch, über die Ergebnisse und den darauf aufbauenden Veränderungen zur Verkehrslenkung und so weiter wurde allerdings außer dem derzeitigen Veranstalter keine weiteren Personen informiert. Auch auf mehrmalige Anfragen nicht. Ein klarer Wettbewerbsvorteil für die GKS.“
Theo Hardt hat mittlerweile aufgegeben, auch wenn die Frist der Abgabe seiner Bewerbung samt der ganzen Dokumente auf Ende August erhöht wurde, waren die Maßnahmen für den 72-Jährigen innerhalb der sechs Wochen nicht zu erfüllen. Dazu kommt: Selbst wenn er seine Bewerbung abgegeben hätte, wäre ein Zuschlag nicht garantiert gewesen, da es laut Stadt mehrere Bewerber gäbe. Ein Losverfahren hätte letztendlich über den nächsten Veranstalter der Deutzer Kirmes entschieden.
Theo Hardt sagt: „Es ist ganz offensichtlich, dass die Voraussetzungen, in das Losverfahren zu kommen, allein auf den Bewerber GKS abgestimmt sind.“
Aufgrund der langen Bearbeitungszeit und der zweijährigen Ungewissheit seit seiner ersten Bewerbung im Jahr 2021 hat der Schausteller unter anderem eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Kölner Leiterin des Amtes für öffentliche Ordnung, Athene Hammerich, eingereicht.
„Im Fall der aktuellen Ausschreibung wird vonseiten der Verwaltung dem derzeitigen Veranstalter GKS der Weg geebnet, die Ausschreibung zu gewinnen, sodass der im Schreiben vom 21. Juli 2023 vielfach verwendete Begriff einer ‚neutralen Auswahl‘ stark zu bezweifeln ist. Da taucht die Frage nach dem ‚Kölschen Klüngel‘ ganz automatisch auf“, sagt der 72-Jährige.
Deutzer Kirmes: Stadt Köln reagiert auf Klüngel-Vorwürfe
EXPRESS.de hat die Stadt Köln mit den Vorwürfen des Schaustellers konfrontiert.
Ein Sprecher sagt: „Um eine nachvollziehbare und sachgerechte Auswahl für die Volksfeste in 2024 treffen zu können, wurden alle Antragsteller mit Schreiben vom 21.07.2023 aufgefordert, bis zum 18.08.2023, also innerhalb von vier Wochen, Unterlagen einzureichen. Der Katalog der einzureichenden Unterlagen orientiert sich an den gesetzlichen Mindestanforderungen für derartige Veranstaltungen. Ebenfalls wurden die Antragsteller über das in 2024 für den Zeitraum ab 2025 geplante Ausschreibungsverfahrens sowie die Gründe des für 2024 gewählten Verfahrens informiert.“
Auf Bitten eines Antragstellers sei die Abgabefrist für die Einreichung der Nachweise für alle Beteiligten bis zum 31. August 2023 verlängert worden. Somit hätten diese Unterlagen zum aktuellen Zeitpunkt noch fristgerecht eingereicht werden können.
Durch die Fristverlängerung habe die Verwaltung die Thematik von langwierigen Antragsverfahren für behördliche Dokumente erkannt und hierfür mit einer Fristverlängerung von fast zwei Wochen Abhilfe geschaffen.
Der Sprecher sagt: „Die Auswahlkriterien für 2024 sind allen Antragstellern bekanntgegeben worden. An diese wird sich die Verwaltung halten und eine sachgerechte Auswahl treffen. Die Einhaltung dieser Kriterien ist im Nachgang der Entscheidung durch die unterlegenen Antragsteller im Wege einer Klage überprüfbar. Insofern werden Vorwürfe wie ‚Kölscher Klüngel‘ entschieden zurückgewiesen.“