Entführungsdrama in Köln55-Jähriger schwärmt von Mitangeklagtem – „meine große Liebe“

Ein Justizwachtmeister öffnet einem Angeklagten die Tür, auf der Anklagebank sitzen bereits der Mitangeklagte, eine Anwältin und ein Anwalt.

Prozessauftakt am 12. Juni 2024: Zwei Männer stehen wegen erpresserischen Menschenraubes vor dem Kölner Landgericht. Der 55-Jährige (unter seiner Jacke versteckt) und der 40-Jährige sollen eine Psychotherapeutin entführt haben.

Zwei Männer stehen wegen einer krassen Entführung in Köln vor Gericht. Beim Prozessauftakt wurden bizarre, aber auch romantische Details öffentlich.

von Iris Klingelhöfer  (iri)

Die brutale Entführung einer Kölner Psychotherapeutin: Seit Mittwoch (12. Juni 2024) müssen sich zwei Männer (40, 55) für die Tat vor dem Kölner Landgericht verantworten.

Beim Prozessauftakt äußerte sich der 55-Jährige umfangreich zu den Vorwürfen und erzählte von seiner homosexuellen Liebe zu dem Mitangeklagten. Auch Grund und Ziel des bizarren Entführungsplans wurde deutlich.

Prozess in Köln: Angeklagter (55) schwärmt von seiner „großen Liebe“

Die beiden Männer hatten die frühere Psychotherapeutin des 40-Jährigen aus der Praxis entführt und sie in ihrer Wohnung in Köln-Niehl gefangen gehalten, um 1,5 Millionen Euro zu erpressen. Der Frau wurden schlimme Sachen angedroht, sie durchlitt Todesangst. Im Prozess tritt sie als Nebenklägerin auf, war beim Prozessauftakt aber nicht im Saal.

Es sei darum gegangen, den Geliebten zu unterstützen, erklärte der 55-jährige Angeklagte, der zuletzt im Pflegemanagement arbeitete. „Bei der Planung war mir nicht wohl. Ich habe aber mitgemacht, vielleicht auch aus Angst, ihn zu verlieren“, gab er zu.

Der 55-Jährige, der aus einer extrem religiösen Familie stammt, war zuvor verheiratet, hat drei Kinder und drei Enkel. Ab 2004 war er mit seinem ersten männlichen Partner zusammen und lernte 2022 den Mitangeklagten kennen. „Meine große Liebe. Mein ganzes Leben hat sich nach dem Kennenlernen anders angefühlt“, schwärmte er im Prozess.

Kölner Therapeutin entführt: Das soll der Grund gewesen sein

Sein neuer Partner habe ihm dann anvertraut, dass er sich von seiner Psychotherapeutin nicht gut behandelt fühle. Sie hätten dann einen Entführungsplan gefasst. „Die gesamte Planung ist aber nicht aus meiner Idee entstanden“, erklärte er.

Der 55-Jährige erinnerte sich, dass sich das Opfer in der Praxis nach Kräften gewehrt habe – aber nicht, dass er der Therapeutin, wie es in der Anklage steht, gedroht haben soll, sie in den Rhein zu werfen. Gleiches gelte für den Vorwurf, ihr Drogen verabreicht zu haben. Auch, dass die Frau, als sie ins präparierte Badezimmer gesperrt wurde, eine Windel angezogen bekam, sei ihm nicht bekannt.

Er habe ihr das Beruhigungsmittel verpasst, dann den gemieteten Transporter weggebracht. „Was dann passierte, ist mir völlig fremd“, gab er vor Gericht an.

Kölner Landgericht: Vorsitzender Richter hakt nach

Der Vorsitzende Richter hakte nach dem Zweck der Entführung nach. Darauf erklärte der 55-jährige Angeklagte, dass die Psychotherapeutin seinen mitangeklagten Partner falsch behandelt und betrogen haben soll. Ziel der Tat sei es daher gewesen, dass die Frau die angeblich falschen Therapien zugibt. „Mein Partner hat auch davon gesprochen, dass er sich Schadensersatz holen will“, so der Angeklagte.

Der Richter: „Aber was sollte mit der Frau passieren?“ Darauf gab der 55-Jährige zu: „Das war nur für den Moment geplant.“ Eigentlich hätten sie die Therapeutin vor dem Haus der Mutter wieder freilassen wollen. Der Richter: „Der Plan ist ja nicht zu Ende gedacht. Haben Sie wirklich geglaubt, dass das funktionieren würde?“

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Der Angeklagte erklärte, er habe nicht mehr klar denken können. Er sei bis ins Detail manipuliert worden – das sei ihm in der Haft klar geworden. An die Opferanwältin, die die Psychotherapeutin vertritt, gewandt, entschuldigte er sich: „Es tut mir in der Seele weh. Ich hoffe, dass das alles wieder in Ordnung kommt und bete auch dafür.“

Prozess vor Kölner Landgericht: Angeklagte wollen heiraten

Obwohl sein mitangeklagter Geliebter ihn manipuliert haben soll, ist eine Hochzeit geplant. Sie seien „zwei verletzte Jungs, die sich getroffen haben“, so der 55-Jährige. „Ich stehe zu ihm, er steht zu mir.“

Sein Partner ließ sich beim Prozessauftakt über seinen Verteidiger ebenfalls zur Person ein, schilderte, wie er von seinem Vater gezwungen wurde, Jura zu studieren, erzählte von Gewalt seitens seiner Mutter, vom Gefühl der Leere, der Ausgrenzung und von Mobbing. Die Tat räumte er gemäß Anklage ein. Der Prozess ist noch bis Ende August terminiert.