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Jahrhundert-UnfallHeute vor 50 Jahren: Kölner Opernstar stirbt nach Sturz auf der Bühne

Wolfgang Anheisser (l.), hier 1964 im Fernsehfilm „Die Bassgeige“.

Wolfgang Anheisser (l.), hier 1964 im Fernsehfilm „Die Bassgeige“, stürzte am 1. Januar 1974 auf der Bühne des Kölner Opernhauses.

EXPRESS.de erinnert an einen Jahrhundert-Unfall: Heute vor 50 Jahren starb der Kölner Opernstar Wolfgang Anheisser nach einem Sturz auf der Bühne. Das steckt hinter der besonderen Geschichte.

von Ayhan Demirci  (ade)

Der Tod von Wolfgang Anheisser ging in die Kölner Stadtgeschichte als schockierendes Ereignis ein. Hunderte Zuschauerinnen und Zuschauer im Opernhaus am Offenbachplatz sahen mit an, wie sich der fröhliche Neujahrstag 1974 in einen Albtraum verwandelte.

EXPRESS.de erinnert an den Jahrhundert-Unfall, als Anheisser, der als deutscher „Stern am Opernhimmel“ gefeiert wurde, auf der Bühne in den Tod stürzte. Und erzählt, wie ausgerechnet ein Oberstleutnant der DDR-Armee für ein bleibendes Andenken Anheissers kämpfte.

Heute vor 50 Jahren: Kölner Opernstar stirbt nach Sturz in der Uniklinik

Es passierte in der Neujahrsaufführung der Oper „Der Bettelstudent“. Gleich in der ersten Szene geschieht das Unfassbare. Vorgesehen ist, dass Anheisser, der die Titel partie singt, aus knapp vier Metern Höhe von einem Balkon springt. Doch das Seil, das ihn sichern soll, ist durch die Schlamperei eines Bühnenarbeiters nicht verankert.

Anheisser stürzt auf die Bühne. Die Lungen sind zum Gesang vollgepumpt, sie werden beim Aufprall schwer beschädigt. In der Uniklinik muss ein Lungenflügel entfernt werden. Am 5. Januar, heute vor 50 Jahren, stirbt der Tenor – Herzversagen! Der Kölner hinterlässt seine Ehefrau Henriette.

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Regelmäßige Besucherinnen und Besucher des Melaten-Friedhofs kennen die Grabstätte, die die Stadt ihrem mit 44 Jahren ums Leben gekommenen Opernstar gewidmet hat. Es ist ein städtisches Ehrengrab und befindet sich auf der Millionenallee. Der Grabstein stellt eine stilisierte, zerbrochene Stimmgabel dar. Erst im vergangenen Jahr verstarb die Witwe Henriette Anheisser im Alter von 86 Jahren in Bergisch Gladbach.

Heute erinnern in Deutz die Wolfgang-Anheisser-Straße und eine Gedenktafel am Haus Gotenring 17, wo das Ehepaar lebte, an den Künstler. Dass das so ist, liegt auch an einer besonderen Pointe der Anheisser-Geschichte – die führt nach Berlin und in die ehemalige DDR. Denn in einem Oberstleutnant der Nationalen Volksarmee hatte Anheisser seinen wohl glühendsten Fan. Sein Name: Werner Müller.

DDR-Leutnant kämpft um Andenken von verunfalltem Kölner Opernstar

Anheisser, gebürtiger Kölner und Sohn einer Opernsängerin und eines Mozartforschers, hatte in Freiburg, Mailand und in Johannesburg Musik und Gesang studiert. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland 1961 sang er an vielen deutschen Opernhäusern. Und: Er hatte auch Engagements in der DDR, so seit 1968 an der Deutschen Staatsoper in Berlin (Unter den Linden), etwa in „Der Barbier von Sevilla“.

Hier sieht und hört Müller den Kölner das erste Mal, im Sommer 1973 ein weiteres Mal im Dresdner Kulturpalast. Müller verehrt Anheisser, hält dessen Stimme für unvergleichlich gut. Aber schon ein halbes Jahr später ist der angehende Weltstar tot. Müller aber bleibt er unvergessen.

Zehn Jahre nach der Wiedervereinigung, nachdem er in einem Laden in Berlin eine Anheisser-CD zum Spottpreis von 1,99 Euro sieht, beginnt Werner Müller ein beispielloses Engagement, um Anheissers Andenken zu wahren oder sogar zu mehren. Er meldet sich bei den alten Plattenfirmen, kontaktiert die Witwe und auch Andreas Hupke, grüner Bezirksbürgermeister für die Kölner Innenstadt.

Er will, dass Köln eine Straße nach ihrem so tragisch ums Leben gekommenen Sohn benennt. Hupke, selbst ein großer Opernfreund, erinnert sich: „Als ich in Berlin zu tun hatte, haben wir uns an der Gedächtniskirche verabredet. Ich weiß noch, dass ich gesagt hatte: Sie erkennen mich am Kölner Stadt-Anzeiger, den ich unter dem Arm halte.“

Der große Anheisser-Fan Werner Müller (er verstarb im Jahr 2010) an der Straße seines Idols.

Der große Anheisser-Fan Werner Müller (er verstarb im Jahr 2010) an der Straße seines Idols.

Müller versucht Entscheidungsträger wie Hupke oder Leute beim WDR und bei der EMI für Anheisser zu begeistern. Und er schafft es: Die Plattenfirma bringt neu zusammengestellte Partien von Anheisser heraus, die Bezirksvertretung beschließt eine Straße in einem Neubaugebiet in Nähe der Messe nach dem Sänger zu benennen.

Vor zehn Jahren berichtet das „Neue Deutschland“ ausführlich über die kulturellen Aktivitäten des ehemaligen NVA-Leutnants in Köln. Über Andreas Hupke sagt er da: „Er lädt Henriette und mich jedes Jahr zu seinem Sommerempfang ein, wir sind Freunde geworden.“ Und er sagt auch: „Anheisser hat mein Leben verändert. Durch ihn habe ich Menschen kennengelernt, mit denen ich sonst nie Kontakt gehabt hätte.“