„Dann brach er mir die Nase“Influencer über No-go-Areas und Homo-Hass in Köln
Köln. Wenn der Kölner Influencer und „Prince Charming“ David Lovric (24) durch Köln läuft, bekommt er als geschminkter Mann oft Reaktionen von Passanten. Nach schlechten Erfahrungen in einigen Kölner Stadtteilen meidet David Lovric diese nun konsequent. Im EXPRESS-Gespräch schildert der Influencer, was sich in Köln dringend ändern muss.
Kölner Influencer: „Es gibt Stadtteile, wo du als geschminkter Mann nicht hingehen kannst“
„Ich bin jemand, der oft versucht, negative Erfahrungen zu verdrängen. Aber es gibt gewisse Stadtteile in Köln, wo du als geschminkter Mann nicht hingehen kannst. Wenn man es doch tut, hört man nicht nur negative Zurufe – manchmal kommt es auch zu Gewalt“, sagt David Lovric gegenüber EXPRESS.
2017 hat David Lovric erstmals in Porz erlebt, dass es nicht nur bei verbalen Beleidigungen bleibt, wenn er geschminkt durch diesen Stadtteil läuft.
2017 greift Gruppe David Lovric in Köln an und bricht ihm die Nase
„In dieser Zeit habe ich gerade erst mit dem Make-up angefangen und war noch nicht einmal stark geschminkt. Dann wurde ich plötzlich von einer Gruppe junger Männer attackiert und beleidigt. Man hat versucht, mir mein Handy zu klauen und mir schließlich die Nase gebrochen“, beschreibt Lovric emotional.
Der Kölner Influencer hat damals Anzeige gegen Unbekannt erstattet, die Täter konnten jedoch bis heute nicht ausfindig gemacht werden.
Köln: Sind bestimmte Stadtteile No-go-Areas für geschminkte Männer?
„Problematisch sind für geschminkte Männer die Stadtteile Kalk, Chorweiler, Weidenpesch, Junkersdorf.” Auch Hürth, knapp außerhalb der Stadt, gehöre in die Liste. „Die Kölner Innenstadt ist eigentlich kein Problem. Da ruft mir höchstens mal einer ‚Schwuchtel‘ zu und ich frage: ‚Ja und jetzt?!‘ Dann wird auch mal gelacht, aber ich mache mir zumindest keine Sorgen über Gewaltausbrüche“, so Lovric weiter.
Homo-Hass im weltoffenen Köln? Verein bestätigt Gewalterfahrungen
Wenn der Influencer dann doch mal einen der genannten Stadtteile aufsuchen muss, verzichtet er zum Beispiel lieber auf hohe Schuhe, um sich besser in Sicherheit bringen zu können. Dann trägt er eine Sonnenbrille und momentan die Corona-Maske.
„So falle ich nicht auf und beuge solchen Situationen vor. Was aber total scheiße ist, weil ich einfach mal so rausgehen will“, kritisiert Lovric. Oft seien es Gruppen und mehrere Männer, die ihn attackieren würden.
Kölner Jugendzentrum: „Wir wissen, dass viele Jugendliche queerfeindliche Erfahrungen machen“
Mit seinen Erfahrungen ist der Kölner Influencer nicht alleine. Das Kölner Jugendzentrum „anyway“, das Jugendliche aus den LSBTIQ-Communities (lesbisch, schwul, bi, trans, inter und queer) berät, kann seine Erfahrungen bestätigen.
„Wir haben keine Erhebung dazu, in welchen Stadtteilen LSBTIQ*-Menschen oder jene, die dafür gehalten werden, queerfeindliche Gewalt erleben. Wir wissen aber, dass viele Jugendliche und junge Erwachsene queerfeindliche Erfahrungen in Köln machen. In einer Befragung von 2019 unter 150 Kölner Jugendlichen haben wir herausgefunden, dass 58 Prozent der JLSBTIQ-Jugendlichen aus Köln Beschimpfungen und Mobbing erleben. Am häufigsten passiert dies in Schule und am Arbeitsplatz sowie auf der Straße“, erklärt Pressesprecher Falk Steinborn gegenüber EXPRESS.
Verein „Anyway“: „Queerfeindlichkeit“ auch in weltoffener Stadt wie Köln
Oft seien es vor allem völlig Fremde, die Gewalt gegenüber Menschen aus der bunten Community ausüben würden. Gegen die Gewalt und den Hass könne letztendlich nur mehr Aufklärung helfen.
„Die Ergebnisse unserer Befragungen zeigen, dass auch in einer weltoffenen Stadt wie Köln die Lebenssituation von lesbischen, schwulen, bi, trans- und queeren Jugendlichen noch immer hochproblematisch ist“, sagt der Sprecher weiter.
Kölner Influencer wünscht sich mehr Zivilcourage
Der Kölner Influencer David Lovric wünscht sich, dass sich in Köln etwas ändert und Außenstehende mehr Zivilcourage zeigen.
„Es kann in solchen Situationen helfen, einfach kurz zu fragen, ob alles in Ordnung ist und dann die Polizei zu rufen“, so Lovrics Appell.