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Deiters-Boss kleidet Millionen Jecke„Herr Geiss, als was gehen Sie am liebsten?“
Köln – Die Karnevals-Session ist in vollem Gange. Bedeutet auch: Hauptsaison bei Deiters. Wir sprachen mit Herbert Geiss über seine Pläne im Jahr 2020 und die Freude am Verkleiden.
Im Jahr 2019 hat Deiters fünf neue Geschäfte eröffnet. Wie sieht der Plan für 2020 aus?
In Deutschland sind wir – mit wenigen Ausnahmen – mittlerweile gut aufgestellt und stoßen an Grenzen. Der nächste große Schritt für uns wird ins Ausland führen. Es gibt derzeit noch kein Ladenlokal in Aussicht, aber immerhin ein Suchraster.
In den Niederlanden gibt es zwei, drei Standorte, die karnevalistisch sind. Schauen Sie z.B. mal Richtung Venlo… Auch die Schweiz im Grenzbereich und Österreich bleiben an Thema, weil auch dort ganzjährig Verkleidungen gefragt sind. Wien wäre klasse, aber alle drei Länder wären für uns logistisch eine Herausforderung: Andere Arbeitsverträge, andere Gewerbeanmeldung, teils eine andere Währung…
Wie sieht der Zeitplan aus?
Derzeit befinden wir uns in einer 100.000-Volt-Phase. Jetzt arbeiten wir erst einmal an einer erfolgreichen Session. In der zweiten Jahreshälfte oder im nächsten Jahr wird die Expansion aber konkret.
Deiters gibt es nicht nur in der Hauptstadt Berlin, Frankfurt oder Stuttgart, sondern auch im beschaulichen Ulm: Sind alle Filialen erfolgreich?
Sagen wir mal so, wir müssen keine schließen. Das ist nicht selbstverständlich, denn wir haben mit unserem Sortiment immer den oftmals unkalkulierbaren „Faktor Jeck“. Aber aktuell läuft alles wunderbar. Übrigens auch explizit Ulm, wo wir zuletzt eröffnet haben.
Gibt es ein Erfolgsrezept?
Wir verkaufen nicht nur Kostüme von der Stange, also Kostüme, die man überall kaufen oder bei Amazon im Preis vergleichen kann. Wir sind anders. Wir haben eigene Designs, eigene Lizenzprodukte z.B. mit Ahoi-Brause. In diesem Punkt setzen wir uns vom Markt ab. Wir sind schnell, ideenreich, fleißig, und wir lieben, was wir tun. Viele andere machen das, was sie tun, nur umsatzgetrieben.
Ein Accessoire, das sich immer wachsender Beliebtheit erfreut, ist der Kölner Motto-Schal. Wie viele verkauft Deiters?
Das darf ich gar nicht laut sagen. Wir haben den mal mit einer Stückzahl von 7000 übernommen, liegen aber mittlerweile bei 50.000. Das ist zwischen November und März der bestverkaufte Schal in Europa.
Woran liegt‘s?
Wir machen nicht einfach nur einen Schal, der Rot-Weiß ist und auf dem ein Motto steht. Es geht um Haptik, wie kann ich ihn gut binden, welche Besonderheit kann ich anbieten. (Anm. d. Red.: diesmal kann sogar ein Foto in den Schal integriert werden) Ein Grund ist vielleicht auch, dass pro Schal vier Euro in soziale Projekte fließen. Beim Schal wollen wir uns nicht bereichern, sondern ein für alle erschwingliches, tolles Produkt anbieten.
Apropos Euro: Wie viel Geld geben Kunden bei Deiters pro Besuch aus?
Das ist sehr unterschiedlich. In Innenstadtnähe oder Innenstadt ist der Pro-Kopf-Umsatz geringer als bei Filialen, die mit dem Auto zu erreichen sind. In Frechen oder in Düsseldorf an der Völklinger Straße ist er mit am höchsten.
Zahlen bitte…
50 €. Das ist auf Düsseldorf bezogen und ist auch durchaus viel. In Köln haben wir mehr Kunden als in Düsseldorf, die dann den Pro-Kopf-Umsatz nach unten drücken.
Kaufen Düsseldorfer andere Kostüme als Kölner?
Nein. Manchmal habe ich das Gefühl, dass der Düsseldorfer ein bisschen mehr Wert auf das passende Accessoire legt. Insgesamt sind die Trends aber ähnlich.
Wie verbringen Sie als „Herr der Kostüme“ Rosenmontag?
Wir haben schon seit Jahren eine Tribüne in der Gürzenich-Straße. Dort laden wir unsere Mitarbeiter und Partner ein, um den Abschluss unserer Session zu feiern. Letztes Jahr habe ich eine Ausnahme gemacht, da bin ich von Christoph Kuckelkorn (Anm. d. Red.: Präsident des Festkomitees Kölner Karneval) eingeladen worden, auf dem Wagen mitzufahren. Das konnte und wollte ich nicht absagen.
Wie viele Kostüme verkauft Deiters pro Jahr?
Eine Million. Und das über das gesamte Jahr hinweg. Der Kostümhandel ist inzwischen ein Ganzjahres-Geschäft.
Wissen Sie schon, welches Kostüm Sie in diesem Jahr tragen?
Oha, Sie erinnern mich gerade daran, dass ich mich darum schnellstmöglich kümmern muss. Sie werden es nicht glauben, aber das ist bei uns zu Hause durchaus ein schwieriges Thema. Im Fall der Fälle muss ich das nehmen, was bei uns im Lager übrig bleibt.
Welches Kostüm haben Sie als Kind besonders gerne getragen?
Erstmals verkleidet habe ich mich als Clown, so habe ich mich später auch immer gerne verkleidet.
Was ist so toll daran, sich zu verkleiden?
Der Impuls, sich fünf- oder sechsmal im Jahr zu verkleiden, hat sicher etwas mit Sehnsucht zu tun, mit der Flucht in eine andere Welt. Es gibt doch nichts Schöneres, als in eine völlig andere Rolle zu schlüpfen. Darüber hinaus ist es gesellig. Ein Kostüm ermöglicht es, unkompliziert ins Gespräch zu kommen. Die Stimmung ist lockerer, und das Kostüm selbst eignet sich prima als erstes Gesprächsthema.
Den Drang kostümiert aufzutreten, gibt es nicht nur im Karneval. „Jeck im Sunneshing“ ist in Bonn und Köln relativ erfolgreich. Wäre das nicht auch was für Düsseldorf?
Da müssen Sie den Veranstalter fragen. Persönlich sehe ich aber schon ein Potential. „Jeck im Sunneshing“ ist ein tolles Festival, ein fröhliches Event mit kölschem Liedgut zu feiern.
Karneval, „Jeck im Sunneshing“ und Halloween: Welche weiteren Anlässe gibt es, sich zu verkleiden?
Es gibt immer wieder Trends und Nischen, die man sehr feinfühlig erkennen muss. Vor sechs, sieben Jahren gab es eine Phase, in der „Steam Punk“ besonders nachgefragt war. Niemand hat verstanden, wieso, aber mittlerweile ist es fester Bestandteil im Sortiment. Auch an Silvester verkleiden sich immer mehr Menschen. Bevorzugt dann in Gold und Silber.
Deiters produziert seine Ware in China. Wieso nicht in Deutschland?
Ganz einfach: Der Kunde möchte für „Made in Germany“ nicht mehr bezahlen. Daher sind auch wir auf Fernost angewiesen. Ein Beispiel: Ein Kostüm aus China kostet vielleicht 30 €, in Deutschland wäre es 45 €. Für Deutsche muss eine Verkleidung billiger sein als die Alltagskleidung. Dieser gedankliche Ansatz ist zwar Quatsch, denn die Herstellung von Qualitätsware ist nicht billiger, aber so ist es. Glauben Sie mir: Ich würde natürlich lieber in Deutschland hier um die Ecke produzieren, das wäre für uns auch logistisch viel einfacher.
Im Jahr 2021 steht 100 Jahre Deiters an. Haben Sie sich schon überlegt, wie Sie feiern?
Tatsächlich haben wir schon erste Ideen, die ich aber noch nicht verraten will. Wir wollen die 100-Jahr-Feier in jedem Fall dazu nutzen, um in Köln stellvertretend für ganz Deiters in Deutschland Danke zu sagen. Mich macht das Jubiläum als Inhaber der vierten Generation sehr stolz, und ich freue mich jetzt schon auf die Intensivierung der Planungen.
Hätten Sie sich diese Erfolgsstory erträumt?
Ich bin stolz darauf, wie meine Mitarbeiter und ich das Unternehmen entwickeln konnten. Wir haben viel bewegen, viele Projekte unterstützen und viele Arbeitsplätze schaffen können. Im Alter von 19 Jahren habe ich die Firma übernommen, damals ging ich noch zur Berufsschule und habe alles umgekrempelt, was ich umkrempeln konnte. Mittlerweile geht es Gott sei Dank nicht nur um den wirtschaftlichen Erfolg, sondern auch darum, der Gesellschaft etwas zurückzugeben.