Wie in Brasilien?Köln ist Hürden-Meister: Jana Ina macht KVB Dampf

Orte mit Behinderung: Jana Ina Zarrella mit Caroline Mülheims (24) in Köln bei einem Rundgang mit Aktion Mensch.

TV-Moderatorin Jana Ina Zarrella (44) zusammen mit Rollstuhlfahrerin Caroline Mülheims vor einem Hindernis in Köln am Dienstag (24. August).

„Houston, wir haben ein Problem“ – und Köln auch! Zumindest was Barrierefreiheit betrifft. Denn laut einer „Aktion Mensch“-Umfrage ist die Domstadt in Sachen Barrieren Spitzenreiter. Das macht auch TV-Moderatorin Jana Ina Zarrella (44) so wütend, dass sie das Riesen-Problem jetzt anpacken will.

von Madeline Jäger  (mj)

Köln. In der Domstadt gibt es zu viele Barrieren. Doch das muss nicht so bleiben, findet TV-Bekanntheit Jana Ina Zarrella (44). Was sie schon oft mit dem Kinderwagen gestört hat, ist für Rollstuhlfahrerin Caroline Mülheim (24) regelmäßig eine unüberwindbare Hürde. Zusammen mit Aktion Mensch wollen beide jetzt auf „Orte mit Behinderung“ aufmerksam machen – dabei kritisieren sie auch die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB), die in Sachen Barrierefreiheit vielerorts noch hinterherhinken.

Köln: Jana Ina Zarrella (44) macht sich für barrierefreie Stadt stark

Doch wie kommt es überhaupt, dass eine TV-Moderatorin wie Jana Ina Zarrella sich für mehr Barrierefreiheit in Köln engagiert?

„Meine Tante saß jahrelang im Rollstuhl und bei ihr in Brasilien gibt es überall Barrieren. Dort ist es sehr schwierig für Rollstuhlfahrer. Doch mir wird immer mehr bewusst, wie voll von Barrieren auch Köln ist! Ich bin Mutter von zwei Kindern und schon mit dem Kinderwagen wird das immer wieder zum Problem“, sagt Jana Ina Zarrella im EXPRESS-Gespräch.

Auch bei der KVB gebe es Aufholbedarf. „Da muss mehr passieren“, so die klare Ansage von Zarrella.

Köln: Hürden für Rollstuhlfahrer: „Da kann mir keiner helfen“

„Es ist erschreckend zu sehen, wie viele Barrieren es in einer Stadt wie Köln gibt und wie schwer es besonders für Rollstuhlfahrer ist, damit umzugehen“, sagt Zarella nachdem sie den ganzen Tag mit Rollstuhlfahrerin Caroline Mülheims verbracht hat.

Zu oft hätten sie in Köln vor unüberwindbaren Hindernissen gestanden.

„Ich bin hier oft unterwegs, kenne mich aus, aber kann trotzdem nicht alle Barrieren umgehen. Mein Rollstuhl wiegt 200 Kilo, da kann mir dann am Bahnsteig auch keiner in die Linie 13 und 16 helfen, da komme ich dann einfach nicht hoch. Das ist in anderen Städten dann schon viel leichter“, kritisiert die 24-jährige Rollstuhlfahrerin.

Aktion Mensch-Umfrage: Köln mit trauriger Spitzenposition

Tatsächlich stoßen laut einer Studie von „Aktion Mensch“ 75 Prozent der Befragten (mit und ohne Behinderung) in Köln im Alltag auf Barrieren – damit erreicht die Domstadt in der Umfrage einen bundesweit traurigen Spitzenwert.

KVB: Aufzüge funktionieren oft nicht – Linien nicht barrierefrei

Gerade das Straßenbahnfahren sei durch diverse Barrieren für Rollstuhlfahrer problematisch und gleichzeitig aber das Wichtigste Verkehrsmittel hier in Köln, bekräftigt Caroline Mühlheims.

Foto: Aktion Mensch/Michael Maas

Jana Ina Zarrella (links) und Caroline Mülheims (mittig) im EXPRESS-Interview.

Aber: „Die Aufzüge der KVB funktionieren oft nicht und die Linie 16 ist nicht komplett barrierefrei - Linie 13 kann man komplett vergessen. Beides ist ein Riesen-Problem“, betont die Rollstuhlfahrerin.

Wie kann das in einer Millionenstadt wie Köln eigentlich sein?

KVB nicht barrierefrei? Vandalismus ist oft Grund für Aufzug-Problem

„Die KVB verfügt in ihrem Netz über insgesamt 66 Aufzüge. Gerade dann, wenn ein Aufzug nicht funktioniert, fällt dem Nutzer oder der Nutzerin das auf und prägt den Eindruck. Aktuell sind zum Beispiel fünf Aufzüge über mehrere Tage außer Betrieb. Zwei von ihnen, am Appellhofplatz, befinden sich bis Ende August in der Sanierung. Viele der Störungen sind kurzfristiger Natur, etwa hervorgerufen durch Vandalismus,“ erklärt KVB-Sprecher Stephan Anemüller auf EXPRESS-Nachfrage.

KVB-Linien 13 und 16 – „Umbau im Planungsprozess“

Auch zu den KVB-Linien 13 und 16 äußert sich der Sprecher. „Bei beiden Linien liegen spezifische Situationen vor. Der Umbau der Haltestellen, bei denen die Fahrzeuge noch nicht niveaugleich erreicht werden können, befindet sich im Planungsprozess. Aktuell hat die Stadt Köln als Eigentümer der Infrastruktur und in ihrer Zuständigkeit für die Gestaltung des Gürtels eine Bürgerbeteiligung bezüglich der Haltestellen ‚Nußbaumer Straße/Gürtel‘ und ‚Subbelrather Straße/Gürtel ‘gestartet. Hierbei geht es um den Ausbau der Barrierefreiheit der Haltestellen und zugleich um eine Förderung des Fußgänger- und Radverkehrs auf dem Gürtel“, so Anemüller.

Und die nächsten Haltestellen würden folgen, heißt es optimistisch seitens der KVB.

KVB: „Barrierefreiheit hat für uns einen großen Stellenwert“

„Barrierefreiheit hat für uns einen großen Stellenwert. Viele unserer Kunden und Kundinnen sind auf barrierefrei zugängliche Anlagen des ÖPNV angewiesen, um mobil zu sein. Deshalb haben wir unsere Abläufe in der Wartung und Entstörung verbessert und arbeiten seit mehreren Jahrzehnten eng mit der Stadt Köln am weiteren Ausbau der Barrierefreiheit“, so die abschließende Antwort des KVB-Sprechers.

Auch Caroline Mülheims will weiterhin auf das Problem aufmerksam machen und studiert aktuell Technikjournalismus in Bonn. „Aber funktionierende Aufzüge kann ich dann trotzdem nicht bauen. Ich bin auf die KVB und andere angewiesen“, appelliert Mülheims noch einmal eindringlich an die Verantwortlichen.