Das Urteil gegen zwei Teenager, die in Köln-Weidenpesch einen Obdachlosen fast totgetreten haben, ist gefallen. Es galt das Jugendstrafrecht. Zu Recht, meint unser Autor. Ein Kommentar.
KommentarNur Bewährung für diese abscheuliche Tat? So ist das Kölner Urteil zu verstehen
Köln. „Nur“ Bewährung. „Nur“ Sozialstunden. Das Urteil gegen die beiden Teenager, die den Obdachlosen Jean-Pierre in Köln-Weidenpesch lebensgefährlich verletzt haben, wird bei vielen Lesern Empörung hervorrufen. Das ist mehr als verständlich, wenn man sich vor Augen führt, dass das Opfer für den Rest seines Lebens ein Pflegefall sein wird.
Obdachlosen in Köln-Weidenpesch fast totgetreten: Teenager vor Gericht
Doch so schwer es fällt, so gilt es auch nachzuvollziehen, warum das Gericht so geurteilt hat. Im Gegensatz zum Erwachsenenstrafrecht fußt das Jugendstrafrecht auf dem erzieherischen Gedanken. Auch hier sind mehrjährige Haftstrafen möglich: Aber bei Teenagern, die wie im aktuellen Fall nicht vorbestraft sind und Reue zeigen, geht es um einen zentralen Punkt: Dass erneuten Straftaten der Jugendlichen entgegengewirkt wird.
Es ist irrig zu glauben, dass sich solche Taten mit härteren Strafen verhindern ließen. Dem Opfer wäre nicht geholfen, wenn die beiden Jugendlichen „weggeschlossen“ würden und keine Chance auf den Start in ein geregeltes Leben hätten – so schlimm die Folgen der Tat in diesem Fall auch sind.
Beim Jugendstrafrecht wird auch der Hintergrund der Tat beleuchtet: War sie Ausdruck einer typischen jugendlichen Lebenssituation, ging es um Imponiergehabe, Leichtsinn, Neugier oder Gruppendruck? Vor dem nicht öffentlichen Prozess dürfte auch eine Rolle gespielt haben, dass es vor der Tat in Weidenpesch Konflikte mit dem Obdachlosen gab. Dieser soll zuvor eine Flasche nach den Teenagern geworfen haben.
Um nicht missverstanden zu werden: Diese abscheuliche Tat ist nicht zu rechtfertigen. Die Justiz kann die Ursachen jugendlicher Verrohung nicht beheben. Sie muss die Symptome bekämpfen. Und Politiker, die nach strengsten Strafen schreien und bestimmte Wählerstimmen damit im Auge haben, sind keine Hilfe. Sie sollten sich eher für mehr soziale Hilfen im Veedel einsetzen. Vor allem da, wo das Elternhaus offensichtlich versagt hat.