Marian Opala ist der älteste Zeitungszusteller, der jeden Morgen EXPRESS und Kölner Stadt-Anzeiger verteilt. Hinter dem Polen liegt ein bewegtes Leben. Sein Schwiegersohn ist in der Musikszene sehr bekannt.
Jede Nacht um 3 Uhr rausMarian (89) ist der älteste Zeitungszusteller – sein Schwiegersohn räumt im Karneval ab
Wenn nachts um 3 Uhr der Wecker bei Marian Opala klingelt, gilt sein erster Blick den Fußballergebnissen des vorangegangenen Abends. Danach geht es raus an die frische Luft – egal bei welchem Wetter. Der 89-Jährige ist der älteste Zeitungszusteller im Rheinland.
Nicht nur in diesem Job hat er schon einiges erlebt. Er blickt bereits auf ein ereignisreiches Leben, das von Höhen und Tiefen geprägt ist, zurück. Außerdem hat er einen Schwiegersohn, der seit 2019 in der kölschen Musikszene für Überraschungen sorgt.
Marian Opala ist der älteste Zeitungszusteller im Rheinland
Bis 6.30 Uhr ist Marian Opala morgens unterwegs, um die Zeitungen pünktlich in die Briefkästen zu stecken. „Angefangen habe ich vor fast 28 Jahren mit über 150 Zeitungen täglich. Heute sind es noch zwischen 110 und 120 Exemplare“, sagt der rüstige Rentner, der in Erftstadt-Liblar zwei Bezirke mit EXPRESS und Kölner Stadt-Anzeiger versorgt.
Sein Leben gleicht einer Achterbahnfahrt der Gefühle. Bevor er 1986 zusammen mit seiner Tochter Kasia nach Deutschland floh, lebten sie in der Stadt Lodz in Polen. „Als Kasia zwei Jahre alt war, ist ihre Mutter bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Heute gibt es viele alleinerziehende Väter, aber in den 70er-Jahren sah das in Polen noch ganz anders aus.“
Neben der Arbeit im eigenen Restaurant zog er seine Tochter groß. „Es zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben meines Vaters, dass er immer kämpfen musste. Dennoch hat er nie aufgegeben“, unterstreicht seine Tochter. Als die Zeiten im Kommunismus in Polen immer härter wurden, entschloss sich Opala kurzerhand für eine Flucht nach Deutschland.
„Ich habe einen kleinen Fiat gekauft und meiner damals elfjährigen Tochter gesagt, dass wir nach Deutschland in den Urlaub fahren. Dass es ein Abschied für immer sein wird, habe ich verschwiegen. Ich habe nicht einmal unser Haus verkauft, damit die Kommunisten nichts merken. Erst am letzten Ferientag habe ich Kasia gesagt, dass wir in Deutschland bleiben, was natürlich ein Schock für sie war.“
Im Rheinland setzte Opala dann alle Hebel in Bewegung. „Ich habe in meiner Not einen katholischen Priester aufgesucht. Er sorgte dafür, dass wir nicht in eine Flüchtlingsunterkunft mussten, sondern eine Wohnung in Erftstadt-Liblar beziehen durften, wo ich bis heute mit meiner heutigen Ehefrau glücklich lebe.“
Nach seiner Flucht aus Polen suchte er sich einen Job und war bis zu seiner Rente als Kraftfahrer tätig. In dieser Zeit lernte er seine heutige Ehefrau Anna Wereta-Opala kennen, die er 2001 heiratete. Schnell wurde ihm klar, dass ein typisches Rentnerleben für ihn nichts ist. „Ich fühlte mich nicht wie ein Opa, ganz im Gegenteil. Nur rumhängen und faulenzen war noch nie was für mich“, sagt er. „Man muss in Bewegung bleiben, das hält jung. Ich habe dann meine Tochter darum gebeten, mir einen Job zu suchen.“
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Die Tatsache, dass er als Kraftfahrer immer allein unterwegs war und nicht viel Gelegenheit hatte Deutsch zu lernen, engte die Jobauswahl stark ein. „Ich bin dann durch Zufall auf die Idee gekommen, dass er doch Zeitungen austragen könnte. Mein Vater war direkt von der Idee begeistert und macht dies seitdem mit seiner Ehefrau Anna zusammen“, sagt seine Tochter.
Der Job gefällt ihm weiterhin. „Ich bin absoluter Fußballfan, mein Herz schlägt unter anderem für den 1. FC Köln. Jeden Morgen habe ich alle Fußball-Ergebnisse und -Berichte aus erster Hand. Und zudem ist der Job an der frischen Luft wie ein bezahltes Fitnessstudio für mich.“ Nur Regentage, die mag er nicht.
Bei seinen morgendlichen Runden hat er schon einiges erlebt. Einmal hat er einen Igel gerettet, der mit seinem Kopf in einem Becher feststeckte. Ein Pferd an der Strecke erhält morgens regelmäßig eine Möhre. „Manchmal treffen wir auch auf Nachtschwärmer, die ein wenig zu tief ins Glas geschaut haben und gerne mitfahren wollen. Einmal wurden wir auch von einer Polizeistreife angehalten, weil sie dachten, ich wäre von einer Feier gekommen und hätte Alkohol getrunken.“
Trotz zahlreicher Schicksalsschläge und der Flucht liebt Marian Opala das Leben. „Wenn ich manchmal mit dem lieben Gott spreche, dann bedanke ich mich, dass ich hier sein darf und dass mein Kind einen wunderbaren Mann kennengelernt hat und meine Enkelkinder es hier so guthaben. Ich habe es nie bereut, in Deutschland zu leben.“
Hinter dem „wunderbaren“ Schwiegersohn verbirgt sich Sven Kompaß (48), besser bekannt als Sven West, Frontmann der Räuber. Der lernte Opalas Tochter Kasia 2006 kennen und heiratete sie nur ein Jahr später. Die beiden haben zwei Söhne im Alter von 13 und 17 Jahren.
Auf seinen Schwiegersohn ist der 89-Jährige total stolz. „Ich schneide jeden Zeitungsbericht über Sven aus und hänge ihn an die Wand. Einen besseren Mann für meine Tochter hätte ich mir nicht wünschen können, obwohl er kein Fußballer ist“, lacht Opala. „Sänger ist auch etwas ganz Besonderes.“
Marian Opala: Mit 90 Jahren wird er seinen Job beenden
Dem Räuber-Frontmann geht es genauso. „Wir haben zwar eine kleine Sprachbarriere, aber wir mochten uns vom ersten Tag an. Ich fühle mich bei meinen Schwiegereltern sehr, sehr wohl. Ihre Herzlichkeit mir gegenüber und die Liebe zu ihren Enkelkindern ist etwas ganz Besonderes für mich.“ Karnevalssonntag steht die Familie immer auf dem Bürgerplatz, um sich den Zug anzuschauen. „Nur Sven vermissen wir, weil er dann mit seinen Räubern unterwegs ist“, sagt Ehefrau Kasia.
Im kommenden Oktober feiert Marian Opala seinen 90. Geburtstag. Ein guter Zeitpunkt, um endgültig in Rente zu gehen. Auf die Frage, ob er noch Träume hat, braucht er nicht lange nachzudenken: „Ich selbst denke immer noch, dass ich erst 18 und nicht 89 Jahre alt bin. Ich möchte auf den Hochzeiten meiner Enkelkinder tanzen und möchte immer alle Sportnachrichten bekommen, auch wenn ich nicht mehr auf dieser Welt bin.“