Halbzeit in KölnWas dem Kölner Karneval wirklich schadet – die EXPRESS.de-Analyse

Peter Brings performt bei der ersten „Alaaf & Helau-Sitzung“ auf der Gürzenich-Bühne.

Super Stimmung: Peter Brings bei der ersten „Alaaf & Helau-Sitzung“ im Januar auf der Gürzenich-Bühne.

Halbzeit im Kölner Sitzungs-Karneval 2023, Zeit für ein Zwischenfazit. „Unkenrufe schaden allen“, sagt unser Autor. Ein EXPRESS.de-Kommentar.

von Bastian Ebel  (bas)

Schon Halbzeit? Und, wie läuft et? Nun ja: Noch genau drei Wochen, dann geht mit dem Aschermittwoch die Session 2023 zu Ende. Obwohl: Für einige Unkenrufe war ja bereits Aschermittwoch, da hat die Session in Köln noch nicht einmal begonnen.

Pandemie, Inflation, Krieg, Unplanbarkeit – alle schlimmen Faktoren dieser Zeit schienen sich gegen den Karneval gewandt zu haben, weshalb der 200. Geburtstag des organisierten Kölner Treibens unter keinem guten Stern gestanden hat.

Köln: Jecke erobern sich den Kölner Karneval zurück

Falsch gedacht! Denn die Menschen in den Sälen, Kneipen, Pfarr- oder Seniorenheimen haben eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass es eben doch geht. Dabei haben bislang viele Faktoren dafür gesorgt, dass die Session eben doch eine Gute zu werden scheint.

Zunächst aber einmal zu den Unkenrufen: Es mag vielleicht eine Grundtugend in Deutschland sein, aber Meckern und Dinge schlecht reden wird auf Dauer nicht helfen. „Schau mal, die bekommen den Saal nicht voll“, „Wird eh nichts“, „Mal sehen, ob es so kommt“ – diese und weitere Sprüche helfen dem Kölner Karneval kein bisschen weiter, im Gegenteil: Bis ins kleinste Glied sollten die Menschen verstanden haben, dass diese „Zwischensession“ Zusammenhalt und Positivität mehr denn je braucht.

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Klar: Die Säle sind nicht so gut besucht wie beispielsweise 2019. Aber man sollte sich überlegen, was vor genau einem Jahr der Fall war: Zoff über eine Party, bei der genau 100 Menschen registriert feiern durften. Impfbescheinigungen, Maskenpflicht, ein Dreigestirn auf zehn Meter Abstand zu den Menschen.

Deshalb ist der Kölner Karneval jetzt schon fast wieder da, wo er hin möchte – und das sollte ein Grund zur Freude sein. Wo es hapert, da sieht man auch viele Zeichen der Solidarität. Die Künstlerriege, allesamt gut aufgelegt, geht fernab der Öffentlichkeit beispielsweise mit den Gagen in Sonderfällen runter. Eben weil sie wissen, dass die Vereine (noch) nicht wieder die Kartenkontingente von „anno dazumal“ verkaufen.

Das Kölner Dreigestirn 2023 lacht vor einem Auftritt in die Kamera

Wunderbare Repräsentanten des Kölner Karnevals: Das Kölner Dreigestirn 2023 ist seit dem 5. Januar im Amt.

Trotzdem kommen die Menschen. Wer die Stimmung auf den Sitzungen erlebt hat, kann mitreden: Ausgelassen, friedlich und gemeinsam wird gefeiert. Es herrschen einzigartige Atmosphären, wo man nahezu greifen kann, dass man sich gemeinsam vom Alltag ablenkt und die schlimme Zeit hinter sich lässt. „Alles hät sing Zick“ – und deshalb darf auch jeder Jeck entscheiden, in welchem Maße er wieder in den Kölner Karneval eintaucht.

Die Session hat bislang Momente hervorgebracht, die guttun: Ein wunderbar kölsches Dreigestirn mit eigener Meinung, Künstler und Künstlerinnen, die den Applaus aufsaugen, eine zufriedene Gastronomie. Der Karneval als Wirtschaftsfaktor lebt – auch wenn er (vielleicht auch zum Glück) noch nicht so überhitzt daherkommt.

Köln: Karneval darf nicht wieder komplett dem Kommerz verfallen

Ob der Euro und auch die Veranstaltungen wieder so übertrieben rollen müssen, wie noch vor der Pandemie? Es bleibt dem Fest zu wünschen, dass es behutsam geschieht. Deshalb sollte man einmal eintauchen in diese Session in den kommenden drei Wochen. Es tut nicht weh, im Gegenteil.

Wenn diese 21 Tage genau so werden, wie die vergangenen Wochen – dann ist schon viel gewonnen. Man darf auch mal ein Auge zudrücken, wenn alles nicht so hochprofessionell vorbereitet ist und manche Dinge nicht so laufen. Hauptsache, es läuft überhaupt wieder.