Wie kann die Stadt Köln dem riesengroßen Andrang an den Straßenkarnevalstagen Herr werden? Eine Frage, die sich auch Karnevals-Liebhaber Jan Krauthäuser fragt.
„Mehr Kreativität statt mehr Security“Karneval in Köln: So will ein Jeck die Problem-Veedel verändern
Chaos, Dreck und Sex auf offener Straße bestimmten die Schlagzeilen über den 11.11. in Köln. Jan Krauthäuser (60) wohnt nahe des Zülpicher Platzes – und kennt die Probleme.
Der Superjeck, Mitglied des „Runden Tisch Straßenkarneval“, seit vielen Jahren Initiator der Humba-Party und anderer multikultureller Festivals, hat schon vor Jahren ein Konzept zur Rekultivierung des Straßenkarnevals entwickelt. Das kam gut an, aber dann ...
Karneval in Köln: „Positive Kräfte des Karnevals stärken“
Sein Credo: „Noch mehr Sicherheitskräfte und Absperrungen bringen nichts. Es ist wichtig, nicht nur negative Auswüchse zu bekämpfen, sondern die positiven Kräfte des Karnevals zu stärken.“ Er bekam dafür viel Zustimmung von OB Henriette Reker und ihrem Büro.
Allein an der Umsetzung hapert es noch. Stattdessen ist jetzt bei den Politikern wieder von Einsatzkonzepten, Ausschilderungssystemen, Respekt-Kampagnen und mehr Sicherheit die Rede.
Das ist wichtig – aber geht’s auch etwas konkreter? Krauthäuser nennt einige Maßnahmen, die seiner Meinung nach bis Weiberfastnacht 2023 zu realisieren wären, wenn die Stadt Partnerschaften bilden würde, zum Beispiel mit Köln-Campus, einer Brauerei und einer Veedelsinitiative.
Karnevals-Konzept in Köln: Mehr fußläufige Entlastungsräume
Dafür würden sich etwa der Ring, Roonstraße, Lindenstraße und der Innere Grüngürtel eignen – sowie viele kleine Plätze. Idealerweise könnten dann kölsche Straßenbands, Straßenkünstlerinnen und -künstler und Theatermachende eingebunden werden. Funktioniert eh nicht? Von wegen.
Vom „Deine Sitzung“-Präsidenten „Ebasa der Meister“ habe er gerade noch die Rückmeldung erhalten, dass sich seiner Hobbyband am 11.11. sehr wohl Jugendliche angeschlossen hätten. Wenn dann noch die Einsatzkräfte untereinander Kontakt hielten und signalisieren würden, wo es sich staue und wo es leer sei, könne man gezielter gegen das Gedränge angehen.
Konzept an Karneval: Viele kleine bis mittlere Bühnen statt großer Hotspots
„Es wäre doch schön, wenn man Angst hat, etwas zu verpassen, statt auf einer Stelle zu stehen und sich zu besaufen“, so Krauthäuser. So etwas erlebte er zum Beispiel in Recife (Brasilien), wo die Stadt mehrere Bühnen in der Altstadt finanzierte und damit für mehr Qualität und Sicherheit, auch in Problemvierteln, sorgte.
Dem Karnevals-Experten schweben deshalb auch in Köln verschiedene Bühnenformate und mobile Aktionen vor, die von unterschiedlichen Gruppierungen bespielt und organisiert werden – am besten mit einem Musik-Mix, etwa von der schrägen Blaskapelle über die Sambagruppe bis hin zur urkölschen Band.
Karnevals-Konzept in Köln: Gastronomie mit einbinden
Die Geister, die ich rief; werden die Wirte im Kwartier Latäng jetzt nicht mehr los. Einige Wirte und Kioskbesitzerinnen und -besitzer haben vor Jahren große Musikboxen vor die Tür gestellt, um den Umsatz zu steigern. Und ärgern sich heute über die „Ballermannisierung“.
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Kann man die Zeit zurückdrehen? Krauthäuser: „Wer sagt denn, dass die Jugend keinen Karneval schätzt? Es sind nur wenige, die nur saufen und randalieren wollen. Warum sollten die Wirte nicht einen urkölschen Sänger mit dem Quetschbüggel vor der Tür spielen lassen?“ Techno-Musik sei auf der Zülpicher Straße übrigens ausgebuht worden, die meisten Jugendlichen wollten lieber Karnevalslieder und Sambatrommeln hören.
Der Kölner, im Sommer noch für seinen multikulturellen Karneval mit dem „Deutschen Weltmusikpreis“ ausgezeichnet, glaubt: „Es ließe sich vieles schnell verbessern und langfristig ausbauen, wenn die Stadt endlich eine kompetente Projektgruppe beauftragen und mehr kreative Kräfte unterstützen würde, als so viel Geld in die Security zu stecken.“