2005 war SchlussKennt ihr noch diese Kölner Supermarkt-Kette? Gab es an fast jeder Ecke

In der Stolberger Straße entsteht 1929 die Zentrale der Cornelius Stüssgen AG.

In der Stolberger Straße entsteht 1929 die Zentrale der Cornelius Stüssgen AG.

Früher gehörte die Stüssgen-Supermarktkette zum Kölner Stadtbild. 2005 war Schluss. EXPRESS.de blickt zurück ...

Im Herbst 1897 gründet der erst 20-jährige Lebensmittelkaufmann Cornelius Stüssgen an der Venloer Straße 466 die „Kölner Konsumanstalt“. Sie wird Anfang Oktober eröffnet und besteht aus einem einzigen, rund 40 Quadratmeter großen Laden. Er ist die Keimzelle der Supermarkt-Kette Stüssgen.

Ein Pfund Rohkaffee ist in der „Kölner Konsumanstalt“ für eine Mark zu haben, ein Hering für fünf Pfennig. Erbsen oder Bohnen kosten 15 bis 20 Pfennig das Pfund. Geführt wird der kleine Laden von zwei Frauen: Maria Stüssgen, Mutter des Inhabers Cornelius Stüssgen, und einer seiner Tanten.

Stüssgen-Supermärkte in Köln: Nur noch gegen Barzahlung

Der Laden ist anders als alle anderen: Hier ist von vier Uhr morgens bis nachts um elf Uhr geöffnet – auch an Sonn- und Feiertagen. Zudem verkauft Stüssgen nur noch gegen Barzahlung. Das kommt bei den Kunden und Kundinnen erst mal nicht sonderlich an, Ende des 19. Jahrhunderts ist das „Anschreiben“ noch gang und gäbe. Aus kaufmännischer Sicht aber ist es eine gute Entscheidung.

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1899 eröffnet Cornelius Stüssgen seine zweite Filiale in Brühl, 1903 benennt er sein Unternehmen um in „Rheinisches Kaufhaus für Lebensmittel“. Ein Jahr später betreibt er schon zwölf Filialen.

Stüssgen will modernisieren: Das ewige Wiegen, Abmessen und Verpacken von in Säcken angelieferten Waren wie Zucker, Mehl, Erbsen oder Kaffee, empfindet er als nicht mehr zeitgemäß. Also lässt er alles in Lagerhäuser liefern und dort verpacken. Damit schafft er die Basis für die späteren Selbstbedienungs-Supermärkte. Er entwickelt auch die Eigenmarke „Cornelia“, die mit einem S gekennzeichnet ist.

Das Foto von 2004 zeigt das Logo der ehemaligen Supermarktkette Stüssgen. 2006 verschwand die letzte Filiale.

Das Foto von 2004 zeigt das Logo der ehemaligen Supermarktkette Stüssgen. 2006 verschwand die letzte Filiale.

1928 wird das Lebensmittel-Unternehmen mit einem Grundkapital von 2,45 Milliarden Mark in die Cornelius Stüssgen AG umgewandelt. Stüssgens Schwester, die Witwe Maria Geyr, hält eine Beteiligung von 20 Prozent. Ein Jahr später entsteht an der Stolberger Straße in Braunsfeld die neue Firmen-Zentrale.

Hier lässt Stüssgen in den 30er Jahren vier automatische Packanlagen mit einer Tagesleistung von je zehn Tonnen errichten. Die Waren der einzelnen Stockwerke werden gesammelt und von auf Rollschuhen fahrenden Mitarbeitern überprüft. Es gibt auch eine Eier-Abteilung, in der 60.000 Eier am Tag überprüft und sortiert werden. Um die Produktivität seiner Arbeiter zu steigern, lässt Stüssgen sogar Schallplattenmusik über Lautsprecher abspielen.

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Die Cornelius Stüssgen AG entwickelt sich prächtig, steht 1933 mit 145 Filialen groß da – und wird auch der „Kaiser der Kölner Bucht“ genannt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg ist die Hälfte der Geschäfte ausgebombt. Aber Cornelius Stüssgen startet sofort wieder durch und revolutioniert den Lebensmittelhandel: Er gründet 1952 den ersten deutschen Selbstbedienungssupermarkt in Brühl. Cornelius Stüssgen stirbt im Juni 1956 mit fast 80 Jahren und erlebt den Niedergang seines Unternehmens nicht mehr: In den 1970er Jahren sind die wirtschaftlichen Probleme groß, die Familie versucht zunächst, die AG durch den Aufbau von Drogerieketten, SB-Warenhäusern und Discountern zu retten. Vergeblich.

1984 übernimmt Rewe die Kette Stüssgen

1984 übernimmt die Rewe-Handelsgruppe die Hälfte der Anteile an der Stüssgen AG, 1989 folgen auch die anderen 50 Prozent im Wert von 55 Millionen Mark.

2005 werden die meisten Stüssgen-Filialen zu Minimal-Märkten. Ein Jahr später tragen sowohl Stüssgen- als auch Minimal-Märkte den Namen Rewe. Stüssgen ist Geschichte.

Der Artikel von Inge Wozelka erschien am 11. Oktober 2017 im EXPRESS in der Reihe „Kölner Zeitreise“.