Bei diesen Bildern hält jeder inne„Der Krieg ist zu End´, unser Kölle ging drauf...“

Rosenmontag historisch

So viel Jecke: Der Rosenmontagszug ging durch Kriegsruinen. Hinten das Gerippe des Bahnhofsdachs.

von Ayhan Demirci  (ade)

Köln – D´r Zoch kütt – durch die Kölner Kriegsruinen.

Köln, Krieg und Karneval: Im Vorfeld des Rosenmontagszugs und wenige Tage vor dem 75. Jahrestag des Kriegsendes in Köln (am 6. März 1945 erreichten die GIs den Dom) erinnert eine Ausstellung in Sülz an die ersten Nachkriegsjahre in der vernichteten Metropole. Die Amerikaner nannten Köln bei ihrer Eroberung „Dead City“, die „Tote Stadt“.

Jecke im Schnee

1946, Karneval in der Ritterstraße. Es liegt Schnee. Für Kostüme gibt es wenig Material, aber eine Ziehharmonika sorgt auch für Stimmung.

75 Bilder des Kölner Fotografen Walter Dick (1914-1976) sind bei Bild & Rahmen Werkladen (Rennebergstraße 5) ausgestellt. Geschäftsführer Frank Warda erklärt: „Gerade vor dem Hintergrund wiedererstarkender rechtsnationaler Strömungen in Deutschland sollen diese eindrücklichen Bilder zum Nachdenken und Gedenken anregen, damit so etwas auch in den kommenden Jahren nicht passiert.“

Am Rhein

1946, eine friedliche Szene am Rheinufer vor der Altstadt. Passanten beobachten die Rheinfähre, die als Ersatz für die zerstörte Hohenzollernbrücke dient. Die Trümmer der Brücke liegen noch im Wasser.

Auch in der toten Stadt ging das Leben weiter, musste weitergehen. Millionen Deutsche wurden im Zweiten Weltkrieg getötet, Deutsche töteten Millionen. Für jeden wurde es spätestens jetzt zur unfassbaren Gewissheit: Deutschland hatte sich eines Menschheitsverbrechens, des Holocaust, schuldig gemacht.

Schuld, Verzweiflung, Vergebung und der Wille zum Überleben und Neuanfang. Inmitten dieser Extreme wurde schon im November 1945 in kleineren Sitzungen der Auftakt in die „fünfte Jahreszeit“ gefeiert, ein Motto hieß: „Der Krieg ist zu End´/unser Kölle ging drauf/Spuck´ in die Händ/und bau wieder auf!“.

Ausstellung

Ein Teil der Ausstellung im Bild & Rahmen Werkladen. Geschäftsführer Frank Warda hat eine exklusive Edition von 24 Motiven aufgelegt, die erworben werden können.

1948 gab es den ersten, noch provisorischen Zoch. Den erlebte der Brauchtumsforscher Reinold Louis (79) als Kind mit seinen Schwestern und seiner Mutter mit.

Louis erinnert sich: ,„Das war eine Eigeninitiative der Roten Funken und war eigentlich ein Kinderzoch, er ging vom Salierring zum Rudolfplatz. Aber es schlossen sich noch andere an. Dann rief mich einer in den Zoch rein und drückte mir Kamelle in die Hände. Ich wusste noch gar nicht, was Kamelle sind. Ich war von allem überwältigt. Dieses Erlebnis hat mich für immer geprägt.“

Der erste Rosenmontagszug nach dem Zweiten Weltkrieg

1949 ging dann der erste offizielle Rosenmontagszug, der damals noch „Kappenfahrt“ hieß. Und Reinold Louis wurde später zum Karnevalsexperten und langjährigen ARD-Zochkommentator (warum Reinhold Louis nach 50 Jahren dieses Jahr nicht dabei kann – hier lesen Sie mehr)

Zu den legendären Fotos von Walter Dick erzählt Louis noch eine andere persönliche Anekdote, ein Zufallstreffer. Dick hatte Louis als Kind mit anderen Pänz beim Räumen von Trümmern in der Elsaßstraße in der Südstadt fotografiert, wo die Familie wohnte.

Reinold Louis als Kind bei der Trümmerbeseitigung

Reinold Louis (vorne) 1947 als Kind bei der Trümmerbeseitigung in Köln. Er stapelt mit anderen Kindern Steine.

Bei der Trümmerräumung, auch das eine Referenz an den Karneval, hätten die Kölner Karnevalsgesellschaften eine sehr wichtige Rolle gespielt. „Sie haben das gut organisiert.“

(Die Fotoausstellung zu Walter Dick ist noch bis zum 29. Februar zu sehen.)