Ältester Boxclub DeutschlandsSC Colonia 06: Bei Hans Ehle lernt die Jugend fürs Leben
Köln – „In Englisch eine 4? Das muss besser werden!“, sagt Hans Ehle hart, aber herzlich und checkt zum Schulstart die Zeugnisse seiner Box-Kids. Die sind brav in seinem Büro, das vollgestopft mit Pokalen, Urkunden und Fotos ist, angetreten.
„Ich will, dass die Kinder gut in der Schule sind, und fordere von ihnen Lernbereitschaft und Fairness. Wer das nicht hat, hat in unserem Verein nichts verloren.“
Hans Ehle ist der personifizierte SC Colonia 06
Ja, Kinder und Teenager werden von Sportlehrern stark geprägt. Für sie sind Trainer nicht nur Autorität und Lehrmeister, sondern oft Vorbild, Idol, Kumpel, Kummerkasten oder Ersatzpapa. Hans Ehle, Geschäftsführer bei Kölns ältestem Box-Club „SC Colonia 06“, ist dies alles – und noch viel mehr.
Aus Ehles Büro, im Backsteinbau zwischen Rheinenergie-Stadion und Vorwiesen gelegen, fällt der Blick direkt in den Gym.
Unablässig bearbeiten zwölf junge Kerle und einige junge Frauen, darunter diverse deutsche Meister mit dem Adler auf der Brust, die Sandsäcke oder kämpfen im Ring. Tänzelnd, schwitzend, mit explosiver Schlagkraft.
Ehle schärft den Charakter der Jugend
Nebenan lassen die Kinder, einige erst sieben, acht Jahre alt, die Fäuste fliegen. „Ich boxe, damit ich mich gut verteidigen kann“, sagt Soraya Rizzo (9).
Ja, Boxen macht stark, Boxen macht mutig. Doch in der Schule oder in der Lehre zählen keine Fäuste. Dass seine Schützlinge da nicht ausgeknockt werden, dafür kämpft Ehle mit Herzblut.
Nach seinem ehe schon aufreibenden Job als Schlosser bei der Stadt geht abends die Maloche weiter: trainieren, putzen, reparieren, Equipment schleppen, dazu jede Menge Organisation und Papierkram.
„Unsere Kämpfer sind fast jedes Wochenende irgendwo in Deutschland oder im Ausland unterwegs. Da buche ich ihnen Fahrten, Flüge, Hotels, Mietwagen.“
60 Euro Aufwandsentschädigung
Auch die Planung der „Internationalen Deutschen Jugendmeisterschaften“, die im November in der Sporthalle Süd stattfinden, steht an: „Vom Ringaufbau über Veranstaltungstechnik, Pokale, Catering bis Hotels für 220 Mann aus ganz Deutschland – alles landet bei mir. Zum Glück hilft mir da meine liebe Frau Ellen.“
Nebenbei schlichtet der 56-Jährige noch Multikulti-Konflikte, bringt Halbstarke mit Beziehungsproblemen in die Spur oder zieht bei Extremfällen einen Psychologen zu Rate.
Zurück zu den Zeugnissen: Einmal versprach Ehle einem Schüler 50 Euro, wenn aus der „6“ in Mathe eine „2“ wird. „So kam es“, lacht er. „Und ich verdiente in diesem Monat nur zehn Euro. “ Denn sein Ehrenamt ist mit einer Aufwandsentschädigung von 60 Euro im Monat abgegolten.
Viele schillernde Persönlichkeiten
Mit nur 16 Jahren gründete Josef Bruckmann 1906 den SC Colonia. Dessen Enkel und Urenkel sind auch heute noch dem Verein eng verbunden.1924 stieg ein gewisser Max Schmeling für den SC Colonia in den Ring, schon sechs Jahre später war er Weltmeister.
Seit 2000 war der Gastronom, Ex-Juniorenchamp und späterer Prinz Karneval Markus Zehnpfennig Club-Chef. Durch Ehles Hilfe, den Verein durch Box-Training auch für „Manager“ zu öffnen, sind nun u.a. Bestseller-Autor Frank Schätzing, „Alfredo“-Gourmet-Gastronom Roberto Carturan sowie Ärzte, Rechtsanwälte, Geschäftsführer und Show-Stars Mitglieder im SC Colonia. Aktuell zählt der älteste und erfolgreichste Boxclub Deutschlands 552 Mitglieder