Wie entwickelt sich der Kölner Arbeitsmarkt? Weil immer mehr Unternehmen verzweifeln, hat Johannes Klapper von der Kölner Arbeitsagentur eine klare Forderung: mehr Zuwanderung.
Rekordbeschäftigung in KölnArbeitsagentur fordert mehr Zuwanderung – „So viele wie noch nie“

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Johannes Klapper, Vorsitzender Kölner Agentur für Arbeit spricht am 12. Januar 2023 über die Arbeitsmarktsituation in der Domstadt.
Pandemie, Ukraine-Krieg, Energiekrise, Inflation: Das Jahr 2022 ist von mehreren unschönen Umständen geprägt gewesen. Doch welche Konsequenzen hatten diese auf den Kölner Arbeitsmarkt?
Johannes Klapper, Geschäftsführer der Kölner Arbeitsagentur, hat am Donnerstag (12. Januar 2023) das zurückliegende Jahr 2022 bilanziert und einen Ausblick auf 2023 gegeben. Feststeht: Arbeitgeberinnen und -geber sind verzweifelt, während die Lage für Arbeitnehmerinnen und -nehmer derzeit gut aussieht.
Kölner Arbeitsmarkt braucht mehr Zuwanderung
Johannes Klapper sagt: „Krisen kommen, sie gehen aber nicht mehr. Sie stapeln sich.“ Sie „wirken sich auf die Wirtschaft und somit auf den Arbeitsmarkt aus“, konstatiert er: „Sie führen zu Unsicherheiten.“
Zu Beginn des Jahres 2022 habe das Coronavirus noch eine große Unsicherheit dargestellt. Aber: „Durch den Impfschutz, den sich viele Menschen glücklicherweise geholt haben, hat Corona an unmittelbarer Wirkung auf den Arbeitsmarkt verloren.“
Nicht zuletzt wegen der – durch die Impfquote ermöglichten –Lockerungen der Corona-Maßnahmen hat die Arbeitslosigkeit in Köln abgenommen. Waren im Januar 2022 noch 53.358 Personen in der Domstadt arbeitslos, sind es Anfang 2023 über 2.600 weniger: 50.745.
„Die Beschäftigung in Köln ist immer wieder auf einem neuen Höchststand“, freut sich Klapper: „Sie steigt rasant!“ Über 606.000 Menschen standen am Stichtag (1. Juni 2022) in einem sozialversicherungspflichtigem Beschäftigungsverhältnis – so viele wie noch nie!
Dennoch sei „der Hunger der Wirtschaft nach Fachkräften trotz der schwierigen Lage enorm groß.“ Trotz Digitalisierung und Automatisierung bestehe überall in Köln Bedarf nach ausgebildeten, qualifizierten Arbeitskräften.
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Der „spürbare demografische Wandel“, die immer älter werdende deutsche Gesellschaft, lässt bei Johannes Klapper nur einen Schluss zu: „Wir wissen, dass wir eine Menge Menschen aus dem Ausland brauchen: Wir brauchen deutlich mehr, die gezielt für unseren Arbeitsmarkt kommen.“ Der Fachkräftemangel ist gravierend, ohne Zuwanderung geht es schlicht nicht mehr.
Derzeit versuche die Arbeitsagentur, auch ukrainische Geflüchtete in den Arbeitsmarkt zu integrieren – vor allem Frauen. 5.000 Ukrainerinnen befinden sich im System der Agentur für Arbeit, ein wenig mehr als 200 konnten schon vermittelt werden.
Klapper betont allerdings, dass die Geflüchteten zunächst einmal den Krieg verarbeiten sollten, bevor sie sich ins Arbeitsleben stürzen sollten. Zudem müssten sie die Sprache lernen, um die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Vermittlung zu steigern.
Kölner Arbeitsmarkt: Fortbildungen sind dringend notwendig
„Wir müssen Menschen und auf das vorbereiten, was die Arbeitgeber brauchen“, benennt Klapper die große Herausforderung der Kölner Arbeitsagentur. Dies gelte nicht nur für Arbeitslose, sondern auch für Beschäftigte, die Defizite aufweisen, beispielsweise im Bereich digitaler Kenntnisse.
„Die Chancen, in seinen Traumberuf einzusteigen, waren selten so hoch wie jetzt“, sagt Klapper. Dazu bedürfe es jedoch Menschen, die bereit sind, sich wieder auf die Schulbank zu setzen.
Aber es braucht auch Unternehmen und Firmen, die bereit sind, in die Qualifikation und Weiterbildung von Arbeitskräften zu investieren.
Kölner Arbeitsmarkt: Angespannte Lage für Unternehmen
Wie dramatisch die Lage auf dem Arbeitsmarkt aus Arbeitgebersicht ist, erklärt Jordan Übach von „Die-beweglich-Macher“. Er betreibt in Köln und Hürth Physiotherapie-Praxen und beschäftigt 30 Angestellte.
Er sagt über seine Branche: „Es ist ein sehr, sehr großes Problem, Physiotherapeuten zu bekommen. Es gibt keine Praxis, die nicht sucht.“

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Jordan Übach betreibt die Physiotherapie-Praxis „Die-beweglich-Macher“ in der Aachener Straße. Das Foto zeigt ihn am 12. Januar 2023,
Ein grundlegendes Problem: „Therapeuten, die frisch aus der dreijährigen Ausbildung kommen, können nur Krankengymnastik und Massagen abrechnen.“
Ihnen fehlen oft teure Fortbildungen wie „Manuelle Therapie“ oder „Manuelle Lymphdrainage“, um für den Arbeitsmarkt wirklich attraktiv zu sein. „Ohne diese können sie bestimmte Patienten nicht annehmen und müssen sie fortschicken“, folgert Übach. Um Lösungen für diese Probleme in Form von Weiterbildungen zu finden, arbeitet Übach eng mit der Agentur für Arbeit zusammen.