Charlotte Feindt (94)Kölner Charity-Lady hütete jahrzehntelang familiäres Geheimnis

von Philipp Meckert  (pm)

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Anfang der 1950er Jahre entstand dieses Foto, das bisher unter Verschluss blieb.

Köln – In der EXPRESS-Redaktion klingelt ein Telefon. „Ich bin Regina Palm aus Ohio. Die Tochter von Charlotte Feindt!“ Charlotte Feindt hat eine Tochter?

Skepsis und Misstrauen begleiteten dieses und weitere Gespräche mit einer 74 Jahre alten Amerikanerin. Jetzt steht fest: Kölns prominenteste und vornehmste Benefiz-Lady hatte ein Familiengeheimnis, das nie an die Öffentlichkeit kommen sollte.

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Hans-Dietrich Genscher war Freund von Charlotte Feindt und Gast ihrer Galas.

Geheimnis kurz vor 95. Geburtstag gelüftet

Nächste Woche begeht die Grand Dame der Kölner Gesellschaft ihren 95. Geburtstag. Standesgemäß wird das in der Lanxess-Arena gefeiert. Mit vielen prominenten Gästen, auch Howard Carpendale ist eingeladen.

Dabei will sie auch wieder Geld für einen guten Zweck sammeln. Ihre „Charlotte Feindt-Stiftung“ unterstützt seit vielen Jahren das Kölner Herzzentrum, die Liste ihrer schillernden Benefiz-Projekte, Wohltätigkeitspartys, Galas und Konzerte ist lang.

Uneheliche Tochter jahrzehntelang verleugnet

Feindts 95. Geburtstag – ein Ehrentag, über den die Vergangenheit jetzt einen Schatten wirft. EXPRESS traf Feindt in einem Café am Dom, konfrontierte sie mit Kinderfotos und Geburtsurkunde: „Ja, ich habe meine uneheliche Tochter verleugnet“, sagt sie, nachdem der Schock gewichen ist. Und gesteht: „Sie passte damals nicht in meine neue Familie.“

Feindt schaut einen Moment ins Nichts – und plötzlich werden die Erinnerungen an ihre Tochter wieder wach. Berlin, Weltkrieg, 1943/44. Zerbombte Häuser, Angst und Panik, Tote, ein eisiger Winter. Mit einem Baby an der Brust kämpft sie sich als 19-Jährige durch die Flammen. Sie hütet ihre kleine Tochter wie einen Schatz.

Vater fiel in Stalingrad

„Beim Reichsarbeitsdienst im Spreewald, wo wir Latrinen putzen mussten, hatte ich einen Soldaten kennengelernt. Da war es um mich geschehen. Das war Reginas Vater. Es war eine Nacht. Dann zog er in den Krieg und fiel in Stalingrad. Gerade wurde ja an den 75. Jahrestag der Schlachterinnert...“

Erst wohnen die beiden unter ärmlichen Verhältnissen in Berlin, dann trennen sich in Köln ihre Wege: Während die Tochter als junge Frau ein unstetes Leben führt, immer wieder Jobs wechselt und auch mit der Polizei und Alkohol zu tun hat, strebt Charlotte Feindt ein Leben in besseren Kreisen an.

Tochter zog in die USA

„Nachdem ich 1974 heiratete, brach der Kontakt ab“, sagt sie unter Tränen. Ein „schwarzes Schaf“ aus einer früheren Beziehung – das kommt in den besten Familien vor, aber ungern an die Öffentlichkeit...

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Regina Palm lebte in Berlin und Köln, heute in den USA.

Später lernte Regina in Köln einen Amerikaner kennen, folgte ihm per Greencard in seine Heimat und verfolgte von dort aus die Glanz- und Glamour-Geschichten ihrer wohltätigen Mutter – die aber nie ein Wort über ihre Tochter verlor.

Versöhnung wird es wohl nicht geben

Jahrzehntelang hat es in Regina Palm gebrodelt. Jetzt kam er, der Hilfeschrei nach Aufmerksamkeit. „Wie stehe ich jetzt da?“, sagt Feindt verzweifelt, aber selbstkritisch. „Wie kann ich ein großes Herz haben, mich aber nicht um meine Tochter kümmern?“

Klar scheint: Eine Versöhnung wird es wohl nicht mehr geben. Die Wunde ist zu groß. Jetzt freut sich Feindt auf ihren stolzen 95. Geburtstag im Kreis der Freunde und Familie. Sie werden ihr alle Kraft geben, weiterhin Gutes zu tun.

Hintergrund: Feindt half unzähligen Kindern

In mehr als 30 Jahren sammelte Charlotte Feindt Hunderttausende Euro an Spendengeldern ein und half so unzähligen Kindern in der Not. Ebenso unterstützt sie dank ihrer Promi-Gäste das Herzzentrum der Uniklinik und engagiert sich beim Thema Organspende.

Alt-Bundespräsident Roman Herzog verlieh Feindt für ihr Engagement das Bundesverdienstkreuz. Alt-OB Fritz Schramma fühlte sich bei Feindt, die sich ins Goldene Buch eintrug, an den „Kleinen Prinzen“ erinnert.

„Man sieht nur mit dem Herzen gut“, zitierte er. „Nächstenliebe und Solidarität sind für sie nicht nur Worte, sondern große Werte.“

(exfo)