Geheimnisse von MarienburgDas war der Pool einer der reichsten Kölner Familien
Köln – Es ist der vornehmste aller Kölner Stadtteile: Marienburg im Kölner Süden. Die einzigartige Villenkolonie: Das sind großzügige Anwesen, prachtvolle Häuser, viel Grün und viel Vermögen.
EXPRESS hat sich im Nobelviertel umgeschaut, Geschichten gesammelt, mit Bewohnern gesprochen. Wir erhielten unter anderem Einblick in das berühmteste Anwesen des Viertels: Die Marienburg. Sie gab dem Viertel den Namen.
Villa der Versicherungslegende Gerling
Die Märchen-Villa wurde unter anderen von den letzten Besitzern geprägt: der Unternehmerfamilie Gerling - eine deutsche Versicherungslegende. Die Adresse ist die Parkstraße 55. Hier öffneten sich für uns die Tore des Anwesens, das an der Rheinuferstraße und dem Militärring von hohen Mauern umgeben ist.
Überraschung unter dem Boden
An den Wänden der Villa sind noch Einschusslöcher aus dem Zweiten Weltkrieg zu sehen. Innendrin die nächste Überraschung: Als eine Dame eine Luke im Boden eines als Tagungsstätte genutzten Raumes öffnet, sind blaue Kacheln zu sehen.
Wir blicken jetzt in den ehemaligen Pool der Familie Gerling. Kein Besucher kriegt üblicherweise zu sehen, wie das Hallenbad umfunktioniert wurde.
Die Gerling-Story in Marienburg: So begann sie
Der Versicherungsmagnat Robert Gerling kaufte die Marienburg für 41 Millionen Mark. Das Kaufdatum war ein Schnapsdatum: Der 22.11.1922.
Gerling, Direktor der Gerling-Konzern Allgemeine Versicherungs-AG, zog nach Sanierung, Umbau und Einrichtung (durch den damaligen deutschen Möbelriesen, die Kölner Firma Pallenberg) mit Ehefrau Auguste und den drei Söhnen Robert, Hans und Walter ein. Außerdem: der Pudel „Stropp“.
Robert Gerlings Enkel Dr. Rolf Gerling schreibt in seinem Buch „Die Marienburg – Leben und Geist eines Hauses“: „Die Marienburg war ein Ort der Besinnung, der Macht und der Kunst, ein eindrucksvolles Haus umgeben von einem prächtigen Park.“ Mit Bäumen, die heute über 150 Jahre alt sind...
Robert Gerling verstarb 1935. Es war sein Sohn Hans, der schließlich das Konzernruder übernahm. Mit Ehefrau Irene war er der neue Hausherr in der Marienburg.
Feuer! Die Hausherrin lief auf die Rheinuferstraße
In den Bombenhageln des Zweiten Weltkrieges hatte der Park neun Volltreffer abbekommen, eine Brandbombe durchschlug das Dachgeschoss und die Fußböden der Villa.
Als die Marienburg brannte, lief Irene Gerling auf die Rheinuferstraße, um Hilfe zu holen. Sohn Rolf Gerling schreibt in seinem Buch: „Sie stellte sich mitten auf die Straße und hielt winkend einen Feuerwehrzug an, der auf dem Weg zu einem Einsatz war. Mit den Worten: „Die Marienburg brennt! Wenn ihr löschen kommt, könnt ihr den Weinkeller haben“, bewahrte sie ihr Haus vor einer Katastrophe.“ Die Feuerwehr löschte zu erst das Haus und dann den Weinkeller.
Hans Gerling führte den Konzern, den er zum größten deutschen Industrieversicherer ausgebaut hatte, bis zu seinem Tod im Jahr 1991. Die Marienburg blieb bis zuletzt sein Lebensmittelpunkt.
Sein Sohn Rolf Gerling stellte das Anwesen dem Konzern als Bildungszentrum für Führungskräfte und Repräsentationsaufgaben zur Verfügung. Das ist es heute noch.
Hagen baute die Marienburg auf dem Galgenberg
Erbauer der Marienburg war übrigens der Kaufmann Paul Joseph Hagen. Der hatte das Gelände auf dem damals sogenannten „Galgenberg“ samt Äckern der Kirche abgekauft. Das 1844/45 errichtete Domizil benannte er nach Maria, seiner Tochter.
Es folgte die Ära Oppenheim: Hagen war nach Grundstücksspekulationen in Schwierigkeiten geraten, 1848 übernahm das Bankhaus das Gut.
Dann kam die Ära des Kaufmanns Ernst Leybold (ab 1868), der erst selbst einzog, dann aber vermietete – die Marienburg wurde zum Hotelrestaurant und populären Ausflugsziel.
Es kam schließlich die Ära des Maschinenfabrikanten Heinrich Schütte, der die Villa Marienburg mit ihrem weitläufigen Park 1906 kaufte und zu neuer Pracht führte.
Eine unerwartete Zäsur folgte 1918. Nach Ende des für Deutschland verlorenen Ersten Weltkrieges beschlagnahmte das Oberkommando der britischen Besatzungsmacht das Haus. Vier Jahre später, mitten in der Inflation, schlug dann die Stunde von Robert Gerling.