Wann wird in Köln die Herdenimmunität erreicht und wie kommen wir an diesen Punkt? Der Kölner Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach und der leitende Kölner Impfarzt Dr. Jürgen Zastrow geben eine aktuelle Einschätzung zur Impfquote ab.
„Herdenimmunität in Köln unrealistisch“Liegt Karl Lauterbach mit traurigem Urteil richtig?
Köln. Am Montag (12. Juli) hat sich Karl Lauterbach im Kölner Impfzentrum mit Gesundheitsamtsleiter Johannes Nießen und dem leitenden Impfarzt Dr. Jürgen Zastrow über die aktuelle Lage in der Domstadt ausgetauscht. Karl Lauterbachs Twitter-Fazit nach dem Termin klingt erschreckend.
„In Köln sinkt das Impftempo. Herdenimmunität 85 Prozent unrealistisch“, twittert Lauterbach pessimistisch. EXPRESS hat bei ihm nachgefragt, wie er zu dieser Einschätzung gekommen ist.
Kölner Impfzentrum: Karl Lauterbach tauscht sich am Montag (12. Juli) über Impf-Lage aus
„Das Impftempo in Köln sinkt. Das liegt zum einen an den Kindern, die nicht geimpft werden können, weil es keine entsprechende STIKO-Empfehlung gibt und bei den unter 12-Jährigen sogar der zugelassene Impfstoff fehlt. Und zum anderen liegt es an den Erwachsenen. Unter den Erwachsenen gibt es momentan eine größere Gruppe, die davon ausgeht, dass die Pandemie vorbei ist, weil die Infektionszahlen sinken. Diese Gruppe glaubt, dass sie nicht mehr so stark gefährdet sei, weil sich die anderen impfen lassen. Das ist aber falsch“, warnt Lauterbach im EXPRESS-Gespräch. Mit Blick auf die Delta-Variante sei eine möglichst hohe Impfquote immer noch das wichtigste Ziel.
Karl Lauterbach plädiert vor diesem Hintergrund für noch mehr möglichst unbürokratische Corona-Impfungen in Köln.
„Wir müssen Impfungen so bequem wie möglich anbieten. Zum Beispiel für junge Leute auf Kölns Partymeilen, auf den Ringen oder bei der Zülpicherstraße. Und das Impfzentrum muss offen für jeden sein, auch ohne Termin und ohne jede Vorankündigung. Doch die Menge an Impfungen, die wir jetzt noch benötigen, wird schwer zu erreichen sein“, fürchtet Lauterbach.
Köln: Leitender Impfarzt glaubt, dass Stadt Impfquote von 75 Prozent erreicht
Der leitende Kölner Impfarzt Dr. Jürgen Zastrow stimmt Karl Lauterbach zwar zu, sieht die Lage in der Stadt jedoch insgesamt nicht ganz so pessimistisch.
Denn: „Zu Anfang der Corona-Pandemie haben wir davon gesprochen, dass eine Herdenimmunität bereits erreicht ist, wenn 60 Prozent geimpft sind, die haben wir jetzt bald in Köln erreicht. Nun sprechen wir aber über eine Herdenimmunität ab 80 Prozent. Da stellt sich nun die Frage, mit welcher Zahl wir arbeiten wollen. Ich halte die Zahl für falsch und das werden wir auch nicht schaffen. Ich gehe davon aus, dass wir in Köln im Herbst eine Impfquote von bis zu 75 Prozent erreichen werden“, so Dr. Jürgen Zastrow gegenüber EXPRESS.
Doch wieso klappt es mit einer Impfquote von 80 Prozent und mehr in Köln nicht?
Die Gründe dafür seien vielschichtig. „15 Prozent gehören aktuell noch zu den 'Impf-Zögerern', die noch abwarten. Dann haben wir circa fünf Prozent, das sind klare Impfgegner, die sich nicht impfen lassen wollen. Hinzu kommt noch eine neue Gruppe von Erwachsenen, die es erst seit ein paar Wochen gibt und die glaubt, dass Corona bereits vorbei ist und sie die Impfung nicht mehr brauchen. Insgesamt schätze ich diese Gruppe auf zehn Prozent ein“, erklärt Zastrow.
Der leitende Kölner Impfarzt lässt sich jedoch nicht von seiner Mission abbringen, diese Gruppe doch noch umzustimmen – im Gegenteil. Jetzt soll es mit sogenannten „Impf-Events“ richtig losgehen.
Köln: „Impf-Events“ beim 1. FC Köln und an der Universität zu Köln geplant
„Ich komme gerade vom 1. FC Köln, da wollten wir beim letzten Training vor dem Trainingslager am Mittwoch (14. Juli) eine Impfaktion durchführen. Wegen der Unwetter-Warnung müssen wir den Termin leider verschieben, aber die Aktion wird stattfinden. Für uns sind die FC-Fans eine ganz wichtige Gruppe, die wir erreichen möchten. Da bleiben wir dran“, so Zastrow. Weitere Impfaktionen seien geplant. Am Freitag (16. Juli) sollen bei Universität 500 Studenten die Möglichkeit auf eine Impfung bekommen. Und am Flughafen Köln/Bonn wird am Dienstag eine „Impfen-to go“-Impfstation aufgebaut. Auch am Brüsseler Platz und Aachener Weiher sollen weitere Aktionen folgen.
„Die Ehrgeizigen waren schon dran, jetzt müssen wir eine andere Klientel erreichen, die wir zu den Impfungen tragen müssen. Mit diesen Impf-Events wird das klappen, wir bleiben dran“, so Zastrow.