„Mit Herz gearbeitet“ Kunden trauern um Kölner Traditionsbäckerei – Chef hat neue Pläne

Die Bäckerei Schlechtrimen in Kalk von außen.

Die Bäckerei Schlechtrimen in Kalk, hier am 23. August 2022 zu sehen, hat am 2. Oktober 2022 endgültig ihre Pforten geschlossen.

Die Bäckerei Schlechtrimen war eine Institution im Kölner Stadtteil Kalk. Nun, nach 90 Jahren, ist das Traditionsgeschäft nicht mehr da. Kundinnen und Kunden beklagen den Verlust.

von Niklas Brühl  (nb)Julian Meiser  (jm)

Ein weiteres Kölner Traditionsunternehmen hat seine Pforten schließen müssen: Die Bäckerei Schlechtrimen in Kalk gehörte 90 Jahre lang fest zum Stadtteil – nun ist sie nicht mehr da.

Trotz der Verbundenheit zu seinem Betrieb und seiner Kundschaft ist Engelbert Schlechtrimen erleichtert. Nach der Schließung fühle er sich „entlastet“, erklärte Schlechtrimen am Freitag (7. Oktober 2022) auf EXPRESS.de-Anfrage.

Köln: Bäckerei macht dicht – Kundschaft ist traurig

Die traurige Nachricht über die Schließung verbreitete Engelbert Schlechtrimen, der den Handwerksbetrieb in den vergangenen 30 Jahren leitete, bereits Anfang September auf der Facebook-Seite des Bäckereibetriebs. Am Sonntag (2. Oktober) sind nun die letzten Backwaren über die Ladentheke in der Kalker Hauptstraße 210 gewandert.

Viele Kundinnen und Kunden beklagen das Aus. Unter anderem schreibt eine Frau bei Social Media: „So schade, hier wurde mit Herz gearbeitet und nun wird es geschlossen.“

Eine weitere langjährige Kundin wird sogar ganz emotional: „Vielen Dank für all die Jahre. Ich bin groß geworden mit Ihnen und mein Sohn auch. Er liebte ihre Weckchen und Brötchen! Wir sind sehr traurig.“ Ein anderer User postet zum Abschied: „Werden euch sehr vermissen!“

Engelbert Schlechtrimen steht vor seiner Ladentheke in der Bäckerei.

Engelbert Schlechtrimen, hier am 23. August 2022, führte sein Bäckereiunternehmen in den vergangenen 30 Jahren.

Ob nun eine große Bäckerei-Kette in den Laden einziehen werden, wisse Schlechtrimen zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht.

Er selbst braucht Erholung: „Ich werde mich erstmal zurückziehen: Reisen, Zeit mit meiner Freundin in Kiel verbringen, mich auskurieren.“ Eine Bäckerei möchte Schlechtrimen zukünftig nicht mehr betreiben, stattdessen plant er, als Coach und Supervisor zu arbeiten. Entsprechende Qualifikationen habe er bereits erworben.

Seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiten haben bereits neue Jobs gefunden oder sind noch auf der Suche.

Bäckerei Schlechtrimen: Viele Faktoren führen zu bitterer Entscheidung

Doch wie konnte es eigentlich zu dem endgültigen Aus kommen? Laut Engelbert Schlechtrimen haben die „verschiedenen, einander verstärkenden Krisen“ zu der bitteren Entscheidung geführt. Die schwindenden Einnahmen konnten einfach nicht mehr kompensiert werden.

„Die Kaufzurückhaltung der Kunden und Kundinnen durch den Krieg, die Hitze oder Urlaub lässt die Einnahmen schwinden und die Retouren steigen. Über höhere Preise konnten wir unsere gestiegenen Kosten nicht weitergeben, die Umsätze stagnieren“, heißt es in der Stellungnahme des Unternehmens von Anfang September.

Im Gespräch mit EXPRESS.de malt Engelbert Schlechtrimen eine düstere Zukunft für handwerkliche Bäckereibetriebe: „Als ich vor 30 Jahren angefangen habe, gab es deutschlandweit 55.000 handwerkliche Bäckereibetriebe. Im Moment sind es noch etwa 7000. Der Schwund ist gravierend – und es wird nochmal dramatischer!“

„Wenn es keine Energiekostendämmung gibt, dann wird es bald keine Bäckerei mehr geben, die gewinnbringend produziert. Es steht ein Exodus bevor“, konkretisiert Schlechtrimen. Diese These vertrete auch der Landesinnungsverband der Bäckereien in NRW.

Die Kosten für die Bäckerei seien in den vergangenen Monaten um die 70 Prozent gestiegen, dazu gebe es eine extreme Personalknappheit. Für Engelbert Schlechtrimen waren die negativen Faktoren einfach nicht mehr zu kompensieren.

Für die Bürgerinnen und Bürger ist das Aussterben der kleinen, persönlichen Bäckereien ein Verlust von Qualität. Eine Facebook-Nutzerin schreibt: „Nur noch Großbäckereien werden demnächst die Bevölkerung versorgen, gutes deutsches Handwerk wird immer mehr zurückgehen.“