Alle Zeichen stehen auf Klimaschutz: In Köln ist der Weg zur „sauberen“ Stadt undenkbar ohne die KVB. Fakt ist aber auch: Es läuft nicht so rund im öffentlichen Nahverkehr in Köln.
Alles für die Umwelt?Nach Zugausfall in Köln: Kunde gerät nach Angebot der KVB in Gewissenskonflikt
Jetzt fördert ein Ausfall der Straßenbahnlinie 3 (und die darauf folgende Beschwerde eines Fahrgastes) eine seltsame Praxis der KVB zutage: Das Unternehmen entschuldigt sich bei „nachvollziehbaren Beschwerden“ von Kunden ausgerechnet mit der Versendung von Amazon-Gutscheincodes.
So geschehen bei Peter H. aus dem Bergischen Land - gegenüber EXPRESS.de wählt er dieselben Worte, wie er sie in einem Schreiben an die KVB-Spitze formuliert hat: „Diese Entschuldigung der KVB bringt mich in einen Gewissenskonflikt. Aus Umweltschutzgründen wollte ich die Straßenbahn benutzen. Und jetzt soll ich einen Beitrag zur Umweltbelastung leisten, indem ich mit einer Bestellung bei einem Online-Händler noch mehr Lieferdienste auf die Straße bringe? Das passt doch überhaupt nicht zum Auftrag der KVB, dazu beizutragen, den Autoverkehr zu reduzieren.“
Köln: KVB verteilt Amazon-Gutscheine an Fahrgäste bei Verspätungen
Der konkrete Fall datiert vom 30. November 2022. Peter H. schildert: „Ein Bekannter und ich wollten umweltfreundlich mit der Bahn vom Park&Ride-Parkplatz in Köln-Brück aus zum Hildegard von Bingen- Gymnasium in Sülz fahren. Irgendwann merkten wir, dass keine Bahn kam.“
Ein KVB-Fahrer, der zum Dienstantritt zum Neumarkt fahren musste, erkundigte sich über das KVB-Telefon am Bahnsteig. Auskunft: Frühestens in 40 Minuten kommt die nächste Straßenbahn. „Wir sind umweltverpestend mit einem der Autos quer durch Köln gehetzt, um den Termin zu halten“, so der Fahrgast.
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Die KVB-Entschuldigung sei gut gemeint, aber nicht gut gemacht: „Der 10-Euro-Gutschein wird niemals von mir eingelöst.“
Im Schreiben an Peter H. weist die KVB auf ihre Regeln im Rahmen der geltenden „Mobilitätsgarantie NRW“ hin. Wenn an der Starthaltestelle der Bus oder die Bahn mehr als 20 Minuten verspätet ankommt, hat der Kunde einen Anspruch auf anteilige Erstattung der Taxikosten (maximal 30 Euro pro Person) oder auch der Kosten für ein alternativ genutztes Sharing-Angebot.
Beides war bei Peter H. nicht der Fall. Und eine Erstattung des genutzten Tickets ist im Rahmen der Garantie nicht vorgesehen, so die KVB.
Zur Gutschein-Frage erläutert KVB-Sprecher Matthias Pesch, dass im vergangenen Jahr insgesamt 176 Gutscheine ausgegeben wurden, 2023 bisher 45 (Stand Anfang März): „Gutscheine geben wir nur dann aus, wenn unsere in den Tarifbestimmungen festgelegte Mobilitätsgarantie nicht zum Tragen kommt, wir aber trotzdem einen nachvollziehbaren Beschwerdegrund sehen.“
Weiter erklärt der Sprecher: „Bei Online-Kontakten bieten wir Amazon-Gutscheine an, da bei diesem Anbieter eine revisions- und prozesssichere Ausgabe gewährleistet ist. Wir prüfen bereits seit längerem eine lokale Lösung, weil wir auch lieber die Mobilität und Wirtschaft in unserer Stadt unterstützen möchten. Bei Briefkontakten nutzen wir Gutscheine von Galeria Kaufhof, so dass auch eine regionale Nutzung möglich ist.“