Eine Sackgasse in KölnDie genialsten Köpfe der Stadt haben hier ihre Heimat

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Eines der Professorenhäuser in der Wolfgang-Müller-Straße.
Köln – Der Weg führt über altes Kopfsteinpflaster. Wer Kölns genialste Siedlung sucht, landet in einer Sackgasse. Hier in der Wolfgang-Müller-Straße liegt sie, die bis heute einzigartige Professorensiedlung. EXPRESS blickt auf die Historie, erklärt Hintergründe und schaut sich vor Ort um.

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Der Immobilienmakler Burkard Brinkmann im Wohnzimmer des Hauses, in dem in den 1920er/30er Jahren der Kölner Germanistikprofessor Ernst Bertram lebte.
Professor, Professor, Professor...
In Grevens Adressbuch von 1933, als hinter jeder Adresse und Hausnummer auch noch der Beruf des Bewohners stand, ist dokumentiert, wo sich Kölns schlaueste Siedlung befand. Ein Professor nach dem anderen!
Gründung der Kölner Uni
Die Kölner Uni hatte 1920 eine Baugenossenschaft ins Leben gerufen, um die zahlreichen von auswärts berufenen Dozenten preiswert und angemessen unterzubringen.
Insgesamt entstanden in Marienburg sieben Doppelhäuser – mit Schlagläden und Mansardendächern und großzügigen Gärten. Ein Traum, bis heute!

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Das Treppengeländer und der Handknauf – akzentuiert in Schwarz – sind noch original aus den 1920er Jahren.
Der aus Bremen stammende Immobilienunternehmer Burkard Brinkmann (Brinkmann und Cie.) zog vor zwei Jahren in eins der Häuser – sogar das Fischgrätenparkett ist original.
Entsprechend der Denkmalschutzauflagen hat Brinkmann das Gebäude saniert, ihm den alten Anstrich – zart ockerfarben – zurückgegeben.
Thomas Mann schrieb 256 Briefe, viele nach Köln
Früher lebte im Haus der berühmte Germanist und Lyriker Ernst Bertram (1884-1957), lange Zeit ein Weggefährte von Thomas Mann („Die Buddenbrooks“).
Der Literatur-Nobelpreisträger schrieb Bertram 256 Briefe. Später bekundeten Aussagen des Kölner Universitätsprofessors seine Nähe zum Gedankengut der Nazis, er wurde aber dennoch 1950 rehabilitiert.
Durch die Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg wurde nur das Doppelhaus 13-15 getroffen, es brannte aus. In diesem lebte die Familie des Juristen Hans Carl Nipperdey (fünf Kinder).
Sein Sohn Thomas Nipperdey (1927-1992) wurde ein prominenter deutscher Historiker (sein dreibändiges Werk Deutsche Geschichte 1800-1918 gilt als Standardwerk der neuen Geschichte).

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Die Theologin Dorothee Sölle (1929-2003).
Ruhm erlangte auch Nipperdeys Schwester, die Theologin und Friedensaktivistin Dorothee Sölle (1929-2003), die mit ihrer Kritik an der Allmachtsvorstellung über Gott aneckte: Sie wurde an der Uni Köln habilitiert, ein Lehrstuhl blieb ihr verwehrt, aber sie erhielt eine Ehrenprofessur der Universität Hamburg.
BWL-Begründer lebte auch in der Prof-Siedlung
Weitere berühmte, geniale Bewohner der Professorensiedlung: der Wirtschaftswissenschaftler Johann Schmalenbach (1873-1955), einer der Begründer der Betriebswirtschaftslehre und der Homer-Forscher und Ehrendoktor der Uni Rom, Günther Jachmann (1887-1979).

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Der Wirtschaftswissenschaftler Johann Schmalenbach (1873-1955).
Hans Hamburger und seine geniale Vermutung
Oder auch der Mathematiker Professor Hans Hamburger (1889-1956), der – Achtung! – 1940 eine Vermutung löste, an der er seit 1922 arbeitete, dass nämlich „auf jeder geschlossenen zur Sphäre homöomorphen (mindestens zweifach differenzierbaren) Fläche im dreidimensionalen euklidischen Raum es mindestens zwei Punkte gibt, in denen die Fläche lokal sphärisch ist“ (laut Wikipedia). Alles klar?
So teuer ist ein Haus: 1,5 bis drei Millionen Euro
Folgende mathematische Rechnung ist deutlich einfacher: Je nach Zustand liegt der Wert der Häuser der Professorensiedlung (ca. 220 qm Wohnfläche) heute zwischen 1,5 und doppelt so viel: drei Millionen Euro.