Kälte in KölnSo lebt der obdachlose Stefan (38) unter der Südbrücke

Ein Obdachloser liegt auf einer Matratze auf einer Straße.

Stefan (38) ist obdachlos und hat sein Lager unter der Südbrücke. Auch bei minus sieben Grad lag er dort auf zwei Matratzen.

Wie verbringen obdachlose Menschen den harten Winter? EXPRESS.de hat Stefan (38) besucht und nach ihm geschaut.

von Oliver Meyer  (mey)

Jetzt sind sie in größter Gefahr, die Obdachlosen auf den Straßen von Köln. Das Thermometer zeigt bittere Minusgrade. Auch Stefan (38) ist einer von ihnen. Er verbrachte die beiden letzten Nächte bei minus sieben Grad unter der Südbrücke.

Täglich fahren einige tausend Autos durch das „Wohnzimmer“ von Stefan, denn der 38-Jährige hat sein Lager gut sichtbar auf dem Gehweg unter der Südbrücke aufgeschlagen, nur fünf Meter neben der Rheinuferstraße.

Köln: Obdachloser Stefan schläft bei Minus sieben Grad unter der Südbrücke

„Ich lebe seit über zehn Jahren auf der Straße“, sagt Stefan ziemlich geschwächt – und alkoholisiert. Alkohol ist das einzige Mittel, das zunächst wärmt, glauben viele.

Aber, so erklärt es der erfahrene Streetworker Franco Clemens: „Die Wärme ist nur ein Trugschluss. Denn die Körpertemperatur steigt nicht dadurch. Doch die Obdachlosen empfinden das als Wärme, decken sich dann nicht richtig gut zu und können dann schnell erfrieren.“

Stefan nimmt einen Schluck aus der Flasche. „Ich liege auf zwei Matratzen, habe mehrere Jacken und Hosen an. Aber ich will nicht in eine Winterschlafstelle“, erklärt er.

Der Grund: Dort beklauen sich meist die Bewohnerinnen und Bewohner untereinander und es gibt oft Streit. Zudem muss man sich dort an gewisse Regeln halten, die lehnen die sonst so freiheitsliebenden Obdachlosen ab.

Linda Rennings und Franco Clemens stehen nebeneinander.

Streetworkerin „Kölsche Linda“ Rennings und Franco Clemens, hier im Januar 2023 im Einsatz für Obdachlose am Wiener Platz.

Obdachlose brauchen jetzt heiße Getränke und warmes Essen. In einem aktuellen Aufruf hat Franco Clemens appelliert, dass sich die Kölnerinnen und Kölner grade jetzt um die Menschen unter den Brücken und auf den Straßen kümmern sollen.

„Die Kälte ist jetzt eine echte Gefahr, daher sind verschiedene Institutionen und Hilfsorganisationen jetzt im Einsatz und suchen die Leute auf, um zu sehen, ob sie warme Jacken, Hosen, Strümpfe, Handschuhe, Schals, Schlafsäcke und Decken brauchen, damit sie nicht erfrieren. Doch das ist nicht alles“, sagt er.

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Die Menschen freuen sich vor allem über ein heißes Getränk oder eine warme Mahlzeit und lassen sich durchaus von Passanten ansprechen. „Man muss da keine Angst haben, Hilfe wird meist gern angenommen. Es reicht auch schon, wenn man fragt, ob alles Okay ist, oder man irgendwie helfen kann.“

Hat man das Gefühl, dass die Person gar nicht mehr ansprechbar ist, so sollte man den Kältebus (0176/24071312) der „Freunde der Kölner Straßen und ihrer Bewohner e.V.“ informieren – oder den Notruf 112 wählen.

Rund 13.000 wohnungslose Menschen gibt es in Köln, wobei nicht alle auf der Straße leben. Laut Stadt Köln sind das geschätzte 500 Personen. Doch Franco Clemens und die Kölner „Straßenmutti“ Linda Rennings, die sich mit ihrem Verein H.I.K – Heimatlos in Köln um die Obdachlosen am Wiener Platz kümmert, gehen von einer hohen Dunkelziffer aus. Sie schätzen, dass es 2000 bis 3000 Menschen sind.

Vor allem viele Menschen aus Osteuropa sind in den vergangenen Jahren nach Köln gekommen. Man weiß inzwischen, dass sie zwar bei den Ämtern gemeldet sind und Stütze kassieren – doch das Geld geben sie nicht aus. Sie überweisen es in ihre Heimat, an die Familien, die davon leben.

Hier mehr lesen: So will die Stadt Köln wohnungslosen Menschen im Winter helfen

„In den vergangenen Jahren haben wir viel bewegt und auch bei der Stadt Köln Gehör gefunden. Aber es passiert noch zu wenig, um diesen Menschen ein Dach über dem Kopf zu geben. Ich warte immer noch darauf, dass man endlich mal sogenannte Tiny-Häuser anschafft. Die sind günstig, schnell aufgestellt und bieten einen guten Schutz. Zudem nehmen Obdachlose solche kleinen Unterkünfte sehr gern an, weil sie alles bieten, was sie brauchen und sich wünschen“, erklärt Franco Clemens.

Und sagt abschließend: „Den Traum, dass die Stadt in kurzer Zeit Wohnungen baut, den haben wir längst ausgeträumt.“ Wer sich bei den abendlichen Kälte-Rundgängen beteiligen möchte, ist bei den Organisationen herzlich willkommen. Ebenso Geldspenden, von denen jetzt vor allem Wintersachen beschafft werden. Infos sowie Kontaktdaten gibt es unter0221/82822063, bei Linda Rennings oder der Arche für Obdachlose unter 01512/1078840.