Sensations-Foto von KölnFotograf wartet ein Jahr auf perfektes Bild, jetzt hat er es
Köln – Dienstagabend auf einer Anhöhe in Rösrath. Die Sonne geht unter, rast in der Ferne auf den Horizont zu. Der Verschluss meiner Kamera rattert im Serienbildmodus.
Nach ein paar Minuten ist die Sonne hinterm Horizont verschwunden, aber ich habe genau das Foto, das ich wollte: Die Sonne steht als gelb glühender Kreis genau mittig hinter dem Kölner Dom und dem Colonius.
Das perfekte Köln-Bild: Fotograf wartete über ein Jahr
Auf dieses Foto habe ich über ein Jahr lang gewartet. Jetzt ist es geglückt. Aber was ist daran so kompliziert? Eine ganze Menge!Seit vielen Jahren bin ich für EXPRESS im Rheinland mit der Kamera unterwegs und genauso lange fasziniert mich der Blick aus dem Umland auf die Domstadt.
Mit den großen Brennweiten von Teleobjektiven lassen sich aus der Entfernung ganz neue Perspektiven finden. Gebäude, die eigentlich Kilometer auseinander stehen, rücken plötzlich direkt nebeneinander.
Wenn jemand später sagt „Wow, das habe ich so noch nicht gesehen“, dann habe ich alles richtig macht. Aber kaum jemandem ist klar, wie unglaublich groß der Aufwand hinter einem dieser Bilder ist.
Perfektes Köln-Bild: Spot in Rösrath ist kein Geheimnis mehr
Eines ist heute wie früher gleich: Viele Ideen für neue Perspektiven findet man im Netz. Heute sind es Instagram und Google Maps, früher war es Panoramio (den Dienst gibt es mittlerweile schon nicht mehr).
Die Anhöhe in Rösrath, von der aus sich der Kölner Dom genau vor den Colonius schieben lässt, ist kein Geheimnis. Als ich vor vielen Jahren das erste Mal da war, fand ich die Perspektive an sich schon beeindruckend.
Irgendwann kam mir dann die Idee, dass es noch spektakulärer wäre, wenn die Sonne auf dem Foto untergehen würde. Aber ich hatte keine Ahnung, wann das sein würde.
Dom und Colonius vor der Sonne: Da kann einiges schief gehen
Im Osten geht die Sonne auf, im Westen geht sie unter. Das kennt jedes Kind. Leider ist die Wirklichkeit deutlich komplizierter.
Die Sonne geht jeden Tag an einer anderen Stelle unter. Dieser Punkt wandert im Frühjahr vom Betrachter aus immer weiter nach Norden, im Herbst dann wieder zurück nach Süden. Genauso werden die Tage länger beziehungsweise kürzer.
Vom Hügel in Rösrath aus gesehen versinkt die Sonne damit zwei Mal im Jahr genau hinter dem Kölner Dom. Der erste Termin ist jedes Jahr im April, die zweite Möglichkeit im August.Allerdings darf die Sonne nicht genau auf der Linie Kölner-Dom-Colonius untergehen. Denn dann ist sie komplett weg, wenn sie dort angekommen ist. Für mein Foto sollte sie aber gerade noch komplett sichtbar sein.
Perfektes Köln-Bild nur an zwei Tagen im Jahr möglich
Wegen der großen Entfernung von etwa 20 Kilometern zum Fernsehturm muss sie an der richtigen Stelle noch etwa 0,3 Grad über dem Horizont stehen. Das sind klitzekleine Abweichungen, die dafür sorgen, dass dieses Foto im Frühjahr und Herbst jeweils nur an genau einem einzigen Tag möglich ist.
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Am Tag vorher ist die Sonne direkt hinter dem Dom schon untergegangen, einen Tag später steht sie an der Position noch zu hoch am Himmel.
Mittlerweile hat jedes Smartphone so viel Rechenpower wie früher ein ganzer PC und bekanntlich gibt es für alles eine App. Wenn sie einmal verstanden haben, was Ihnen die App-Entwickler mit Begriffen wie „Azimut“ sagen wollen, berechnet Ihr Telefon Ihnen alle Konstellation für die kommenden Monate auf die Minute genau.
Also alles ganz einfach? Leider nein, denn da ist noch das Wetter.
Sonne hinter Dom und Colonius: Auch Wetter spielt eine Rolle
Im August 2018 war ich zu spät dran. Der nächste Versuch folgte ein halbes Jahr später. Das Wetter am 21. April 2019 war optimal, aber die Sonne stand an diesem Tag noch zu hoch. Das hatte ich geahnt, aber da kannte ich auch bereits die Wettervorhersage für den nächsten Tag. Am 22. April passte dann auch die Position der Sonne perfekt, aber tiefe Wolken schoben sich ins Bild und ich konnte nur noch eine graue Sonnenscheibe im Dunst fotografieren.
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Das Wetter ist der Faktor, der es so richtig kompliziert macht. Wenn wir im August tolles Wetter mit viel Sonnenschein und klarem Himmel haben wird es auch gerne mal warm. Warme Luft fängt aber an zu flimmern und auf große Distanzen führt das dazu, dass das Motiv verschwimmt. Fotos können sie dann vergessen.
Und dann gibt es noch ein weiteres Problem mit dem Sommer: die Landwirtschaft. In manchen Jahren steht auf dem Feld bei Rösrath meterhoher Mais, der komplett den Blick versperrt.
Übrigens ist auch der Winter nicht immer optimal. Theoretisch sorgt auch eine ruhige Hochdrucklage mit kalter und trockener Luft für tolle Fernsicht. Allerdings ist es dann auch oft windstill. Und das führt in Köln schnell dazu, dass die dreckige Luft der Stadt als kalter See in der Rheinischen Bucht bleibt, während darüber saubere und warme Luft liegt. Die Meteorologen nennen das Inversionslage. Dann können Sie zwar einen strahlend blauen Himmel fotografieren, sehen am Horizont aber nur grauen Matsch.
Köln-Foto aus Rösrath: Die wichtigsten Faktoren
Das Frühjahr hält dagegen oft ein paar Tage mit toller Fernsicht bereit. In Köln müssen Sie dann trotzdem auf ein paar Sachen achten:
Trockene Luft
Wind
Saubere Luft
Die richtige Temperatur
Letzte Woche gab es nach einem Jahr Wartezeit die nächste Möglichkeit und die Wettervorhersage sah richtig gut aus. Ein starker Wind aus dem Osten brachte der Kölner Bucht trockene Luft, sorgte für ordentlich Verwirbelung der dreckigen Stadtluft und die Luftmassen waren noch nicht zu heiß.
Jetzt brauchte ich „nur noch” zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein.
Bild von Colonius, Dom und Sonne: Was muss ich technisch tun?
Wenn Sie bis hierhin gelesen haben, wollen sie bestimmt noch was zur Technik wissen. So viel, wie bei diesen Fotos vorher schief laufen kann, ist das aber gar nicht mal so entscheidend.
Sie brauchen vor allem viel Brennweite. Würde Geld keine Rolle spielen, würde ich die Aufnahme mit einer 800mm Festbrennweite machen. Tatsächlich ist das Bild mit einer 300mm Festbrennweite aufgenommen, hinter die ich zwei Konverter (1,4x und 2,0x) montiert habe. Daraus ergeben sich dann 840mm Brennweite, allerdings sinken natürlich Lichtstärke und Auflösung.
Damit auf jeden Fall alles scharf ist, sollten sie bis kurz vor die Beugungsunschärfe abblenden (Blende: f13). Um Verwackelungen zu vermeiden brauchen sie auch kurze Verschlusszeiten (Verschlusszeit: 1/2000). Da die Sonne unglaublich hell ist, haben sie dafür aber genügend Spielraum und da heutige Kameras viel weniger Bildrauschen haben als früher, können Sie zur Not auch die Lichtempfindlichkeit (ISO 1250) hochdrehen.
Wenn es windig ist, packen Sie das Objektiv auf ein Stativ und bauen das Ganze besser in Bodennähe auf.
Achten Sie bitte auf ihre Augen und blicken sie nicht direkt durch ein Teleobjektiv in die Sonne, die Vorschau auf dem Display funktioniert genauso gut. Und vertrauen sie auf die Berechnungen ihrer App. Zu Beginn sieht es immer so aus, als ob nichts passt. Allerdings rast die Sonne über den Horizont und wenn sie alles richtig gemacht haben, geht sie genau dort unter, wo sie wollen.