Eine Spielzeit im Amateurfußball läuft regulär zu Ende – das war die vergangenen beiden Jahre undenkbar. EXPRESS.de-Redakteur Niklas Brühl nimmt Sie mit auf eine emotionale Reise an die Basis des Fußballs.
Saisonende nahtEndlich wieder Emotionen: Eine Liebeserklärung an den Amateurfußball
Es ist wieder Zeit für pure Ekstase oder bittere Tränen: Die Fußball-Saison neigt sich dem Ende zu. In der Bundesliga ist der FC Bayern München erneut deutscher Meister geworden, der 1. FC Köln konnte sich nach einer Wahnsinns-Saison für Europa qualifizieren, Traditionsvereine wie der VfB Stuttgart oder Hertha BSC taumeln dem Abstieg entgegen.
Doch fernab des Profifußballs, des Glamours und des großen Geldes stehen ebenfalls wieder Entscheidungen im beliebtesten Sport des Landes an. Denn auch die Spielzeit in den Amateurklassen in Köln und Umgebung geht zu Ende.
Aufstiege, Abstiege, Trainerwechsel, Nachbarschaftsduelle, auf die sich lokale Fußballer und Fußballerinnen ein ganzes Jahr lang freuen – endlich wieder! Sie ist nach schwierigen Jahren wieder zurück, die schönste Nebensache der Welt. Auch für mich, Niklas Brühl, EXPRESS.de-Redakteur und von Kindesbeinen an leidenschaftlicher Amateurfußballer.
Kölner Amateuerfußball: Schwere Zeit während Corona
Nach zwei Spielzeiten, die wegen der Corona-Pandemie abgebrochen wurden, läuft die Saison 2021/2022 erstmals wieder regulär ab. Als die Spieler in den Profiligen trotz der grassierenden Pandemie weiterkicken durften, wurden wir Amateure für eine lange Zeit kaltgestellt. Punktequotienten entschieden über Auf- und Abstiege, nicht der Wettkampf auf dem Platz bis zum letzten Saisonspiel.
Dabei hatten die Vereine zu der Zeit mit viel Aufwand dafür gesorgt, allen Regeln und Maßnahmen zu entsprechen. Weiter gespielt wurde jedoch trotzdem nicht.
Amateurfußball: EXPRESS.de-Redakteur träumt von Aufstieg
Auch nicht bei der Spielvereinigung Lülsdorf-Ranzel. Einem Verein im Rhein-Sieg-Kreis, der vor allem in der 1970er Jahren auf sich aufmerksam machte. Landesliga spielte die „LüRa“ damals, vom damaligen Glanz schien lange Zeit aber nichts mehr übrig zu sein. Seit sieben Jahren ist die Kreisliga C die Heimat des Vereins, die klassischen „Niederungen“ des Fußballs.
Doch in dieser Saison könnte uns der langersehnte Aufstieg in die Kreisliga B endlich gelingen – und am letzten Spieltag im Dorf, südlich von Köln gelegen, ein regionaler Feiertag ausgerufen werden.
Derzeit grüßt unsere Mannschaft bei drei verbliebenen Spielen von der Tabellenspitze. Ich habe lange nicht mehr so eine Vorfreude verspürt, wie dieses Ziel gemeinsam mit den anderen Jungs zu realisieren. Vorfreude auf eine gemeinsame Feier – Vorfreude darauf, den Stolz des Erreichten miteinander zu teilen. Diese Gemeinschaft ist doch genau das, wofür wir alle uns das antun, oder?
Egal, ob zusammen mit den Mannschaftskollegen, den Trainern oder den wenigen, aber loyalen Legenden-Fans, die bei Wind und Wetter am Platz stehen, Siege bejubelt oder Niederlagen fachmännisch analysiert werden. Wir Amateursportler und -sportlerinnen haben nach der langen Leidenszeit mal wieder verdient, uns selbst so richtig zu feiern.
Kölner Amateurfußball: Wir haben verdient, uns zu feiern!
Unsere Mannschaft besteht in dieser Saison aus vielen ehemaligen A-Jugendspielern, die ihre erste Seniorensaison bestreiten, sowie vielen Akteuren, die der Mannschaft trotz unzähliger Widrigkeiten immer weiter die Stange hielten – ein „guter Mix“, heißt es wohl im Fachjargon.
Ein neues Trainerteam um Theodoros Psillakis wurde vor der Saison ebenfalls installiert, um den Aufstiegstraum endlich wahr werden zu lassen. Es ist eine Mannschaft zusammengewachsen, was im Amateurbereich von großer Bedeutung ist.
Dafür haben wir geackert, geschwitzt und Kilometer abgerissen – ach, was lieben wir Amateurfußballer und -fußballerinnen die Vorbereitung. Am Sonntag klingelt mein Wecker dann um kurz vor 9 Uhr, ab zum gemeinsamen Treffpunkt am Sportplatz. Erstmal eine halbstündige Fahrt in irgendein Dorf, welches nicht mal eine Bushaltestelle besitzt. Dazu am besten noch ein leichter Kater vom Vortag – gibt es was Schöneres?
Und dann zieht man sich jeden Sonntag die Stutzen hoch, die Bandage hält das Knie nach zwei Kreuzbandrissen zusammen und der Trainer macht uns heiß auf die nächsten Gegner.
Die heißen dann beispielsweise Niederkassel, Bergheim, Müllekoven – was klingt wie ein schlecht gewählter Wanderweg an einem regnerischen Sonntag, lässt jedem Amateurfußballer und jeder Amateurfußballerin das Herz höher schlagen. In den Derbys, die wir in den unteren Klassen beinahe wöchentlich haben, wird für den eigenen Verein gekämpft, solange einen die Füße tragen. Alles für die drei Punkte – und das Bierchen danach.
Ob es für uns mit dem Aufstieg klappt, wird sich erst in den letzten drei Spielen herausstellen – gefeiert wird am 6. Juni, dem letzten Spieltag, aber so oder so. Denn das haben wir uns verdient, egal auf welchem Tabellenplatz die Saison beendet wird – wir alle im Amateurbereich!