Kölner Baustellen-HorrorExperte knallhart: Darum dauert es bei vielen Projekten so lange

Eine Baustelle auf der Pipinstraße in der Kölner Altstadt.

Mehrere Baustellen nerven derzeit die Kölner und Kölnerinnen. Hier ein Symbolfoto (15. November 2021) einer Baustelle auf der Pipinstraße in der Kölner Altstadt.

Die Kölner Baustellen sorgen immer wieder für Frust bei vielen Kölnern und Kölnerinnen. Ein Experte erklärt, warum viele Großprojekte so lange dauern.

von Matthias Trzeciak  (mt)

Der Baustellen-Wahnsinn in Köln. Rheinufer, Altstadt, Oper, Brücken – um nur einige Großprojekte zu nennen.

An mehreren Orten wird seit Jahren gebaut und immer wieder kommt es zu Verzögerungen und unerwarteten Komplikationen.

Baustellen in Köln: Ein großes Ärgernis

Nicht nur für Anwohner und Anwohnerinnen ein Ärgernis – auch die Verantwortlichen frustriert das zunehmend. Doch woran liegt es, dass so viele Bauprojekte den geplanten Zeitrahmen sprengen?

Andreas Scheibe aus Wittlich ist Ingenieur und geschäftsführender Gesellschafter mehrerer Unternehmen in der Baubranche. Seit vielen Jahren ist er im Bereich Planung und Ausführung von Bauvorhaben tätig und erklärt das Problem, das nicht nur Köln betrifft. Denn auch in anderen Städten kommt es immer wieder zu gravierenden Bau-Verzögerungen.

„Die Fehler beginnen bereits bei den Planungen und erzeugen dann einen Dominoeffekt. Der Auslöser ist in den meisten Fällen die Kommunikation und mangelnde Grundkenntnisse. Das Resultat: Verzögerungen und Störungen im Bauablauf, dadurch Mehrkosten und Frust“, erklärt Scheibe.

Konkreter wird der Ingenieur bei den Baumaßnahmen in der Kölner Altstadt: „Die Schwierigkeiten bei Bauvorhaben in der Kölner Altstadt beginnen größtenteils schon in der Planungsphase. Viele Projekte werden verfrüht zur Ausschreibung gegeben, da es gerade für öffentliche Bauherren schnell gehen muss: Fristen und entsprechende Fördergelder drohen zu verstreichen, daher werden viele Projekte noch gar nicht fertig durchgeplant auf den Markt geworfen.“

Viele Bauplanungen fehlerhaft und nachlässig bearbeitet

Zusätzlich seien viele Planungen fehlerhaft und nachlässig bearbeitet, weil sich durch Zeit- und Personalmangel sowie Kompetenzstreitigkeiten Folgefehler aus den einzelnen Planungsphasen anhäufen würden.

Scheibe ergänzt: „Leider sind dabei auch die Bauherren wenig hilfreich – sie treffen oft nur ungern wichtige Entscheidungen, und wenn, dann nehmen sie kaum Rücksicht auf bisherige Vorplanungen.“

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Zudem sei seiner Ansicht nach das grundlegende System von Bauvorhaben in der Stadt Köln für sich schon schwierig gestaltet.

Andreas Scheibe erklärt das so: „Das kann man sich etwa so vorstellen, als ob 30 Leute in drei Gruppen zu je zehn Personen aufgeteilt werden, die gemeinsam eine Aufgabe lösen sollen. Dabei leistet die erste Gruppe die Vorarbeit für die zweite Gruppe, welche ihre Ergebnisse wiederum an die dritte Gruppe weitergibt. Die letzte Gruppe muss letztlich mit den Informationen arbeiten, die sie erhält, ohne die vorherigen Schritte beeinflussen zu können.“ Fehler seien da logisch.

Andreas Scheibe ist Bauexperte und Gründer der Continu-ING GmbH.

Andreas Scheibe ist Bauexperte und Gründer der Continu-ING GmbH. Er eklärt das Dilemma mit den Kölner Großbaustellen.

Ein weiteres großes Problem: „Wenn der Handwerksbetrieb die Ausführungsunterlagen vom Planungsbüro anfordert, kommen diese in der Mehrzahl der Fälle entweder gar nicht, viel zu spät oder fehlerhaft und unvollständig. Der Handwerker darf jedoch so lange nicht beginnen, wie die Ausführungsplanung nicht mangelfrei und vollständig vorliegt – bis dahin bleibt das Projekt vollständig liegen“, erläutert Scheibe.

Das führe dazu, dass für viele Ausschreibungen keine Handwerker gefunden würden.

Auch Inflation und der Krieg in der Ukraine führen zu Verzögerungen

Auch Inflation und der Krieg in der Ukraine würden zu Verzögerungen führen. Und Lieferengpässe in der gesamten Baubranche seien derzeit ganz normal.

Dies wiederum hat Folgen: „Projekte, die vor einem Jahr geplant wurden, sind mit der Zeit erheblich teurer geworden – oft können sie daher gar nicht mehr ausgeführt werden, weil die Finanzierung nicht mehr steht“, sagt der Bauexperte.