„Wie Unkraut behandelt“Kölner Großmarkt vor dem Aus? Emotionale Demo in der Innenstadt

Demonstration am Alter Markt zum Erhalt des Kölner Großmarktes.

Michael Rieke machte am Mikrofon als Sprecher der IG Kölner Großmarkt am Donnerstag (7. September 2023) auf die missliche Lage aufmerksam. Im Hintergrund standen Händlerinnen und Händler mit gebastelten Schildern.

Wie es mit dem Kölner Großmarkt nach 2025 weitergeht, ist ungewiss. Die IG Kölner Großmarkt hat daher am Donnerstagnachmittag vor dem Historischen Rathaus am Alter Markt demonstriert.

von Niklas Brühl  (nb)

Vor dem Historischen Rathaus am Alter Markt wurde es bei spätsommerlichen 30 Grad am Donnerstagnachmittag (7. September 2023) plötzlich voll – und laut. Denn die IG Kölner Großmarkt hatte während der parallel stattfindenden Ratssitzung zur Demonstration aufgerufen, rund 50 Leute waren der Einladung gefolgt. Bereits im Juni 2023 gab es eine solche Kundgebung.

Der Kölner Großmarkt in Raderberg steht vor einer ungewissen Zukunft. Der Umzug nach Marsdorf ab dem Jahr 2026 ist eigentlich beschlossene Sache – oder doch nicht? Mehr als 2000 Arbeitsplätze stehen auf der Kippe, umso lauter war der Protest am Donnerstag.

Kölner Großmarkt vor dem Aus? Standort in Marsdorf auf der Kippe

Spätestens zum 31. Dezember 2025 ist für den Großmarkt in Köln-Raderberg Schluss. Die Baufläche wird dann für das Projekt „Parkstadt Süd“ genutzt, es sollen 3400 Wohnungen und 7700 Arbeitsplätze entstehen. Ein Umzug nach Marsdorf ist geplant, aber längst noch nicht in trockenen Tüchern.

Was klar ist: Sollte das Frischezentrum in Marsdorf entstehen, steht den Händlerinnen und Händlern eine deutlich kleinere Fläche zur Verfügung – zehn statt bislang 15 Hektar. Und nicht mal das ist in Stein gemeißelt, da zwei dieser zehn anberaumten Hektar Land nördlich der Toyota-Allee in privatem Besitz sind. Die IG Kölner Großmarkt befürchtet, dass das neue Frischezentrum auf der Kippe steht und der Kölner Großmarkt komplett vor dem Aus steht.

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Die Vorwürfe richten sich vor allem an die Stadt, den Betreiber des Großmarktes. „Seit 2007, also seit mehr als 16 Jahren, so lautet der Wille des Rats der Stadt Köln, soll der Kölner Großmarkt von seinem bisherigen Standort weg hin nach Marsdorf verlagert werden. Inkompetenz und Bequemlichkeit der Stadtverwaltung, gepaart mit machtpolitischen Intrigen einiger Kölner Lokalpolitiker, haben dies jedoch bis heute verhindert“, heißt es in einer Mitteilung der Interessengemeinschaft.

Längst überfällige Gutachten würden fehlen, zu wenig Personal, dazu steigende Kosten: Die Stadt hatte sich im März erfolglos nach Investoren für das Frischezentrum umgeschaut. Zwar ließen sich Interessenten für den Bau, nicht aber für den Betrieb finden. Theoretisch und rechtlich gesehen könnte die Stadt das Frischezentrum betreiben, dies ist von der Stadt allerdings nicht gewollt.

Kölner Großmarkt: „Werden wie Unkraut behandelt“

Die IG Kölner Großmarkt trat bei der Demo am Donnerstag mit klaren Forderungen in den Vordergrund. So müsse die Betriebslaufzeit des Großmarktes in Raderberg bis mindestens 2030 verlängert werden.

Außerdem gab es klare Aufträge für die Stadtverwaltung: „Es muss Anweisungen an die Stadtverwaltung geben, sich nicht aus der Verantwortung zu stehlen, sondern den Großmarkt auch in Zukunft als Teil der Daseinsvorsorge für die Bevölkerung zusammen mit der Händlerschaft zu betreiben sowie für einen Alternativstandort Sorge zu tragen.“

Sprecher Michael Rieke sagte bei der Demo am Alter Markt: „Jede und jeder von uns hat vermutlich Besseres zu tun, als heute wieder hier vor dem Rathaus zu stehen und zu demonstrieren. Aber wenn wir Pech haben, werden diese Kundgebungen in den nächsten Monaten zur Tradition.“

Dutzende Menschen demonstrierten am Alter Markt für den Erhalt des Kölner Großmarktes.

Bei über 30 Grad versammelten sich am Donnerstagnachmittag (7. September 2023) mehrere dutzend Menschen am Alter Markt, um für den Erhalt des Kölner Großmarktes zu demonstrieren.

Rieke weiter: „Der Großmarkt in Köln hat eine lange Tradition. Er versorgt die Wochenmärkte, die Gastronomie oder die kleinen Supermärkte mit regionalen und überregionalen Lebensmittel, die für alle Menschen in Köln und der Umgebung überlebenswichtig sind. Doch wir werden wie Unkraut behandelt, das man unbedingt loswerden möchte, bei dem sich am Ende aber herausstellt, dass es einen großen Nutzen in der Natur hat. Ähnlich ist es mit dem Großmarkt in Köln zu sehen.“

Er wisse um den schlechten Zustand des Geländes in Raderberg, der laut der IG Kölner Großmarkt jedoch auch auf die Stadt als Besitzer zurückzuführen ist: „Der Müll wird nicht regelmäßig abgeholt, Teile des Geländes verrotten – und trotzdem funktioniert der Großmarkt als kleines Paralleluniversum in der Stadt weiterhin. Denn die Menschen brauchen uns.“

Kölner Großmarkt: Demo-Unterstützung aus der Politik

Unterstützung gab es am Donnerstagnachmittag auch aus der Politik, unter anderem von Jörg Detjen, Ratsmitglied der Linken: „Seit über 100 Jahren gibt es in Köln einen Großmarkt und es ist ein großes Anliegen von mir und meiner Partei, diesen auch zu erhalten. Mein Appell an euch: Auch wenn es viel Kraft kostet, kämpft weiter!“

Auch Volker Görzel, Vorsitzender des FDP-Stadtbezirksverbands Innenstadt, war vor Ort und äußerte sich: „Der Großmarkt und die dort ansässigen Händlerinnen und Händler sowie die Angestellten werden seit Jahren von der Oberbürgermeisterin, der CDU und den Grünen im Stich gelassen. Wir werden uns weiterhin dafür starkmachen, den Standort zu erhalten.“