Der SV Westhoven-Ensen taumelt dem Abstieg in die Kreisliga B entgegen – und hat jetzt nicht mal mehr einen Vorstand. Pinkel-Gate, Trainer-Rücktritt, Spieler-Streik – hinter dem Kölner Klub liegen turbulente Wochen.
Nach Pinkel-GateKölner Klub zerfällt in seine Einzelteile: Vorstand tritt nach Spielerstreik zurück
Zwölf Jahre lang war Christian Vonthron in leitender Position beim SV Westhoven-Ensen tätig, zuletzt lange als Erster Vorsitzender.
Unter ihm stieg der „Dorfverein“, wie er den Klub gegenüber EXPRESS.de liebevoll nennt, zuerst in die Kreisliga A und in der darauffolgenden Saison in die Bezirksliga auf – das war im Jahr 2014. Daraufhin etablierte sich der Verein von der Schäl Sick in der Liga, schaltete sich mit zwei fünften Plätzen sogar in das Aufstiegsrennen in die Landesliga mit ein.
Kölner Klub fällt nach Pinkel-Gate in sich zusammen
Doch das ist Geschichte: Westhoven-Ensen musste in der vergangenen Saison den bitteren Gang zurück in die Kreisliga A antreten – und nun scheint der Verein langsam komplett in seine Einzelteile zu verfallen. Christian Vonthron trat in dieser Woche als Erster Vorsitzender zurück. Warum, erklärt er exklusiv in einem Gespräch mit EXPRESS.de.
Die Eskalation innerhalb des SV Westhoven-Ensen schaukelte sich nach einer enttäuschenden Hinrunde in der Kreisliga A, wo der Klub mitten im Abstiegskampf steckt, in der Wintervorbereitung endgültig hoch. Christian Vonthron meldete sich, damals selbsterklärend noch im Amt, nach einem abgebrochenen Testspiel beim SV Lövenich/Widdersdorf bei EXPRESS.de.
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Sein Ersatztorwart musste in der Halbzeit, in der er sich für seinen Einsatz in der zweiten Hälfte warmmachte, austreten. Er wählte jedoch nicht den Gang zu einer der Toiletten auf dem Sportplatz, sondern urinierte hinter das Tor, in dem er sich warmschießen ließ. Nach Wortgefechten und kleineren Tumulten brach der Schiedsrichter die Partie letztendlich ab.
Vonthron sagte damals: „Ich habe kein Verständnis für dieses unmögliche Verhalten des SV Lövenich/Widdersdorf. Der besagte Torwart leidet an epileptischen Anfällen, die er auf dem Fußballplatz abschalten kann und einfach glücklich ist, wenn er mit der Mannschaft auf dem Feld steht. Das ist ein ganz feiner Kerl. Ihn auf diese Weise bloßzustellen, lasse ich nicht zu.“
Diese Aussagen über seinen Torwart fielen Christian Vonthron schließlich auf die Füße – die Mannschaft sei erzürnt gewesen, dass der Erste Vorsitzende derart detailliert öffentlich auf die vermeintliche Krankheit des Mitspielers einging. Außerdem leide der Torwart überhaupt nicht an Epilepsie, sondern „lediglich“ an kleineren Ticks.
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Der Trainer der ersten Mannschaft trat daraufhin kurz vor dem ersten Rückrundenspiel zurück, die Mannschaften sammelten Unterschriften dafür, um Christian Vonthron zum Rücktritt zu drängen und zettelten sogar einen Streik an. Gute Laune beim Kicken in der Kreisliga – beim SV Westhoven-Ensen ist das aktuell ziemlich gegenteilig.
Kölner Kreisligaverein am Boden: „Mir geht es jetzt deutlich besser“
In den ersten beiden Ligaspielen streikten die Spieler und traten nicht an, genauso beim Pokalspiel gegen Blau-Weiß Köln. Ein weiterer Nichtantritt käme gleichbedeutend mit dem Zwangsabstieg in die Kreisliga B. Am Sonntag (3. März 2024) stellte Westhoven-Ensen dann eine Mannschaft, verlor bei der ebenfalls abstiegsbedrohten Borussia aus Kalk mit 1:12.
Am Dienstag (5. März) folgte dann der Rücktritt von Christian Vonthron aus dem Vorstand. „Ich habe damit dem Wunsch der Spieler entsprochen und bin froh, diese Entscheidung getroffen zu haben. Mir geht es deutlich besser ohne den Druck, ohne den ständigen Stress mit irgendwelchen Personen. Dem Zwangsabstieg ist der Verein vorerst entgangen, aber welchen Charakter die Mannschaft hat und wie tot diese Truppe ist, hat sich am Sonntag gegen Kalk gezeigt. Ich dachte zuerst, dass das die Postleitzahl wäre, es war aber das Ergebnis“, sagt Christian Vonthron am Freitag (8. März) gegenüber EXPRESS.de.
Bereits vor dem Pinkel-Gate, nachdem er sich für seine Epilepsie-Äußerungen bei dem Torwart entschuldigt habe, habe es innerhalb des Vereins immer wieder Querelen und Unstimmigkeiten gegeben.
„Jeder versucht, die Schuld für den Misserfolg von sich wegzuschieben und letztendlich landet alles bei mir, so ging das monatelang. Spieler, die damals als Erstes die Hand für Prämien aufgehalten haben, waren jetzt diejenigen, die meinten, dass sie froh wären, wenn ich endlich weg bin“, sagt Vonthron.
SV Westhoven-Ensen steht aktuell auf einem direkten Abstiegsplatz
Und er ergänzt: „Mir tut mein Abschied auch gar nicht weh. Natürlich blicke ich auch mit Stolz auf die guten Zeiten und die sensationellen Aufstiege zurück. Aber dieses Gefühl ist schon lange nicht mehr da – ich bin froh, den Verein zu verlassen zu haben.“
Nun habe er endlich mal wieder mehr Zeit für sein Privatleben, wie er sagt: „Am Sonntag, während Kalk uns abgeschossen hat, war ich mit meiner neuen Freundin und meiner Tochter beim 3D-Minigolf, das hat richtig Spaß gemacht.“
Vom Fußball brauche er nun erstmal eine Auszeit, auch wenn sich zwei Vereine schon nach ihm erkundigt haben sollen. Mit einigen alten Weggefährten vom SV Westhoven-Ensen wolle der zurückgetretene Vorsitzende auch weiterhin den Kontakt halten – „aber das war es dann auch“, sagt Christian Vonthron.
Und der Klub selbst? Mit 13 Punkten nach 19 Spielen belegt der SVWE aktuell einen direkten Abstiegsplatz. Erstmals seit der Saison 2012/2013 könnte es zur neuen Spielzeit dann wieder in der Kreisliga B um die Punkte gehen.