SeverinsbrückeWie viele Tote liegen hier noch?

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Die Unglücksstelle an der Severinsbrücke. Die Schächte des gekippten Senkkastens (60 mal 8 Meter) ragen in den Himmel.

von Chris Merting  (mert)

Köln – Es ist ein bislang unbekanntes, ein bedrückendes Kapitel der Stadtgeschichte. Vor 60 Jahren kam es beim Bau der Severinsbrücke zu einem schweren Unglück. Fünf Arbeiter kamen zu Tode, so die offizielle Version.

Jetzt verdichten sich Hinweise, dass mehr Bauarbeiter an der Unglücksstelle waren. Sie konnten nicht geborgen werden. Die Toten lägen heute noch im Betonpfeiler der Brücke.

Der Brückenpfeiler eine Grabstätte?

„Das Gerücht, dass sich dort mindestens ein Todesopfer immer noch befindet, ist weit verbreitet und hält sich hartnäckig bis heute“, sagt der Kölner Filmemacher Hermann Rheindorf (50). Bei der Neubearbeitung seiner Film-Doku „Chronik der Kölner Rheinbrücken“ ist er dem jetzt nachgegangen.

Senkkasten wird zur Todesfalle

Rückblende: Es ist der Morgen des 21. September 1956. Mitten und tief am Boden des Rheins, geschützt nur durch einen Senkkasten, eine Art Glocke, entfernt ein Trupp Arbeiter Schaltafeln und Stützen am Betonfundament für den mächtigen Brückenpfeiler.

Der Beton ist wohl noch nicht hart genug, plötzlich brechen die Stützen weg wie Dominosteine. Wasser, Geröll, Beton bricht auf die Arbeiter ein... Der Senkkasten wird zur Todesfalle.

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Todesfalle Severinsbrücke vor 60 Jahren.

Die Feuerwehr ist mit einem Großaufgebot sofort zur Stelle, der größte Einsatz des Jahrzehnts läuft an. Doch in Absprache mit der Staatsanwaltschaft werden die Bergungsarbeiten ziemlich schnell abgebrochen, es gibt keine Hoffnung für die Männer unter Tage. Fünf namentlich bekannte Arbeiter werden tot geborgen.

Doch wie viele Männer haben tatsächlich an der Unglücksstelle gearbeitet? Der Einzige, der dies wirklich weiß, ist der Vorarbeiter Josef Roth aus Aschaffenburg – doch er wurde als erster tot geborgen

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Die Bergungsarbeiten an der Unglücksstelle waren dramatisch. Nun werden jetzt  erstmals Filmaufnahmen von dem Großeinsatz gezeigt.

Allgemein bekannt war und ist, dass bei den Brückenarbeiten auch viele Gastarbeiter geschuftet haben – womöglich schwarz?

Gesichert ist: Nach übereinstimmenden Aussagen sollen es unter den Todesopfern auch Italiener oder Jugoslawen gegeben haben. Öffentlich genannt wurde diese allerdings nie.

Neue Hinweise und Quellen aufgetan

Filmemacher Hermann Rheindorf hat jetzt bei seinen Recherchen neue Hinweise und Quellen aufgetan.

„Ja, in der Brücke befinden sich noch Todesopfer“, berichtet ein ehemaliger Feuerwehrmann.“ Sein Vater, damals Polizist, hätte ihm dies erzählt. Und ein ehemaliger Arbeiter im benachbarten Deutzer Hafen erinnert sich: „Der Polier der Brückenbaufirma hat mir erzählt, dort unten liegt noch ein Toter, den wir nicht rausgekriegt haben.“

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Fünf Arbeiter kamen damals bei dem Brücken-Unglück  zu Tode, sechs wurden verletzt. Zumindest ist das die offizielle Version.

Auch Brückenarchitekt Gerd Lohmer soll in seiner Familie mehrfach angedeutet haben, dass dort unten nach wie vor ein Mensch liege. „Meinen Vater hat dieser Unfall immer sehr bedrückt“, sagt Gerd Lohmers Tochter Bettina heute.

Hermann Rheindorf hat beantragt, Einsicht in die damaligen Akten der Staatsanwaltschaft zu dem Unglück zu bekommen. Ob sie das Todesrätsel lösen können? Wurden die Dokumente zwischenzeitlich vernichtet?

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War der Brücken-Architekt: Gerd Lohmer.

Fest steht für Rheindorf allerdings: „Bis heute gibt es an der Brücke keine Gedenktafel, keinen Hinweis auf das, was sich hier vor 60 Jahren ereignet hat.“

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Das Schicksal von Bauarbeiter Breit

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Josef Breit kam von der Mosel nach Köln, um auf der Baustelle Severinsbrücke zu arbeiten.

Josef Breit war eines der Todesopfer. Als Zimmerer hat er im Schacht des Senkkastens gearbeitet.

Beim Unglück wurde er herausgeschleudert und ertrank im Rhein. Nach acht Tagen hat man ihm am Flittarder Rheinufer gefunden.

Breit (24) hatte vier Monate zuvor geheiratet und war eigentlich Weinbauer im Städtchen Piesport an der Mosel.

Als er sich entschloss, auf der Brücke zu arbeiten, hatte ihn seine Mutter angefleht, nicht zu gehen, berichtet seine Schwester Anita heute. Seine Familie musste damals nach Köln kommen, um ihn zu identifizieren.

Großer Filmabend und Talkrunde mit Ex-Feuerwehr-Chef Stephan Neuhoff

Zum 60. Jahrestag des Unfalls an der Severinsbrücke zeigt Hermann Rheindorf am Montag die Dokumentation „Chronik der Kölner Rheinbrücken“ mit Aufnahmen aus 120 Jahren Stadtgeschichte – erstmals auch Filmaufnahmen von den Bergungsarbeiten.

Außerdem berichtet er über seine Recherchen und begrüßt als Talk-Gast u. a. den früheren Chef der Feuerwehr Stephan Neuhoff.

Termin: 12. September, 20 Uhr, Volksbühne am Rudolfplatz (Millowitsch).

Tickets 7,50 Euro, erhältlich täglich von 16 - 20 Uhr an der Theaterkasse oder bei www.koelnticket.de