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„Geht um blanke Existenz“Kölner Tagesmutter schlägt Alarm: Riesenproblem in der Kinderbetreuung

Ein kleines Kind lutscht einen Lolli.

Tagesmütter und -väter in Köln beklagen die prekäre finanzielle Situation. Immer mehr kehren dem Beruf den Rücken zu. Hier ist ein Symbolfoto vom 17. Februar 2022 zu sehen.

Eine Leiterin einer Kölner Kindertagespflege schlägt Alarm, sie sagt: „Es ist nichts anderes als ein Existenzkampf.“

von Niklas Brühl  (nb)

Wenn die Elternzeit nach der Geburt vorbei ist, muss eine Lösung für die Betreuung der Kinder gefunden werden. Wenn die Eltern wieder ihrer Arbeit nachgehen, muss sich in dieser Zeit jemand um den Nachwuchs kümmern. Der Kindergarten kommt den meisten dabei wohl als Erstes in den Sinn, immer noch ein wenig stiefmütterlich wird die Alternative der Betreuung in der Kindertagespflege für Null- bis Dreijährige angesehen.

In Köln ist die Situation der Tagesmütter und -väter aktuell äußerst prekär. Viele Betreuungsplätze bleiben in diesem Jahr frei, immer mehr Tageseltern geben ihre Tätigkeit aufgrund der finanziellen Not auf. EXPRESS.de hat mit Jana Schwierske, Kinderpflegeperson und Leiterin der „Kleinen Stippeföttche Tagespflege“ in Köln, gesprochen. Sie sagt: „Es ist nichts anderes als ein Existenzkampf.“

Betreuungs-Alarm in Köln: „Wenn wir keine Kinder betreuen, gibt es kein Geld.“

Bei den „Kleinen Stippeföttche“ kümmern sich 16 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Tagespflegen um 67 Kinder. Das wäre zumindest der Wunschgedanke, denn die Betreuungsplätze sind aktuell längst nicht ausgeschöpft. „Bei uns sind momentan neun Plätze frei, für einige meiner Mitstreiterinnen und Mitstreiter geht es um die blanke Existenz. Wir benötigen eine Auslastung der Plätze und möchten Eltern während ihrer Berufstätigkeit unterstützen, denn davon leben wir. Wenn wir keine Kinder betreuen, gibt es kein Geld.“

Die Kindertagespflegepersonen erhalten von der Stadt pro betreutes Kind festgelegte Summen. Sie setzen sich wie folgt zusammen: Eine Förderleistung in Höhe von 3,68 Euro wird von 1,73 Euro pro Kind und Stunde für Sachkosten ergänzt.

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Wenn die Betreuung in angemieteten Räumen stattfindet, zahlt die Stadt noch einen Euro Mietkostenzuschuss pro Kind und Stunde. In ihren Privaträumen erhalten die Tageseltern demnach 5,41 Euro, in angemieteten Räumen 6,41 Euro pro Kind und Stunde – brutto wohlgemerkt. Darüber hinaus erstattet die Stadt ihnen die Hälfte ihrer Sozialversicherungskosten.

„Man kann niemandem die Schuld an der aktuellen Misere geben, dafür sind zu viele Akteure involviert. Ich möchte auch gar keine Verärgerungen auslösen, sondern einfach darauf aufmerksam machen, dass es uns überhaupt gibt. Denn ich habe immer öfter das Gefühl, dass vielen Eltern die Möglichkeit der Kindertagespflege überhaupt nicht bewusst ist“, sagt Jana Schwierske gegenüber EXPRESS.de.

Und weiter: „Es fehlt an Aufklärung und Werbung. Wir müssen die Familien ins Boot holen. Informationen zur Kindertagespflege erhalten sie bei der Kontaktstelle Kindertagespflege Köln oder beim Jugendamt. Wir würden gerne die angespannte Betreuungssituation in den Kindergärten entlasten, das könnte die Kindertagespflege leisten.“ Sie habe das Gefühl, dass die Betreuungsmöglichkeit der Kindertagespflege langsam aber sicher „unattraktiver“ wird, wie sie sagt.

Dass der Beruf immer rückläufiger ist, zeigen folgende Zahlen: Im Jahr 2021 gab es noch 936 Tagesmütter und -väter in Köln, 2023 nur noch 866. Das ist ein Rückgang von 7,5 Prozent innerhalb von zwei Jahren.

„Viele müssen aufhören, da der finanzielle Druck einfach zu groß wird – und das, obwohl sie mit Herz und Seele an diesem Beruf hängen. Keine Kindertagespflegeperson macht den Job noch wegen des Geldes, sondern weil sie sich mit großer Freude um die Kinder kümmern wollen. Aber die Ängste und Sorgen werden immer größer“, sagt Jana Schwierske, die die „Kleinen Stippeföttche“ seit 2013 betreibt.

Kindestagespflege in Köln: Ein unsicherer Herzensjob

Seit Herbst 2022 sind die Kölner Tageseltern immer wieder auf die Straße gegangen, um auf ihre prekäre finanzielle Situation aufmerksam zu machen und für eine bessere Bezahlung zu protestieren. Ein besonderer Dorn im Auge der Tageseltern dabei: Der Sachkostenbeitrag wurde seit 2013 und der Mietzuschuss seit 2015 nicht mehr erhöht.

Zwar werde die Förderleistung jährlich zum 1. August um zwei Prozent „dynamisiert“, allerdings tat die Inflation seit 2022 bei dieser Anpassung ihr Übriges.

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Das Jugendamt, die Verwaltung, die Fachberatung, die Interessengemeinschaften sind in einem gemeinsamen Austausch und hätten die Lage erkannt, sagt Schwierske. Deswegen wolle sie auch niemandem den Schwarzen Peter zuschieben: „Die Eltern müssen einfach flächendeckender mitgeteilt bekommen, dass es die Möglichkeit der Kindertagespflege gibt. Mehrmals ist es mir bereits passiert, dass ich mit Eltern ins Gespräch komme und sie dann ganz begeistert sind, als ich ihnen von unserer Arbeit erzählt habe.“

Die Vorteile der Kindertagespflege beschreibt sie so: „Es sind deutlich kleinere Gruppen, als in Kindergärten, somit ist die Betreuung flexibler und individueller. In kleinen Gruppen werden fünf Kinder betreut, in großen bis zu neun. Wir sind sehr nah an den Eltern dran und können uns auf die Bedürfnisse der verschiedenen Kinder und Familien einstellen. Es ist ein Herzensjob für uns alle, momentan leben wir allerdings auch in einer großen Unsicherheit.“