Neuer Kölner „Tatort“Besonderer Fall im Rotlichtmilieu: Hat man so noch nicht gesehen

Die Kommissare Freddy Schenk (Dietmar Bär) und Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) während eines Verhörs.

Die Kommissare Freddy Schenk (Dietmar Bär, l.) und Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) verhören den Geschäftsführer des Etablissements bei Ermittlungen im Eros-Center in dieser Szene aus dem Kölner Krimi „Tatort – Siebte Etage“.

Der neue Kölner „Tatort“ zeigt sich wieder mal von seiner gesellschaftskritischen Seite.

Am Sonntag (24. November 2024) wird wieder in Köln ermittelt. Die „Tatort“-Kommissare Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) ermitteln bei ihrem neuen Fall „Siebte Etage“ (20.15 Uhr, ARD) im Rotlichtmilieu.

Der Haustechniker eines Eros-Centers liegt tot vor dem Haus. Malik Zeman wurde aus einem Fenster im siebten Stock gestoßen.

Mord im Rotlichtmilieu: Besonderes Stilmittel bei neuem „Kölner Tatort“

Die Frauen, die auf dieser siebten Etage ihre Dienstleistungen anbieten, scheinen eine verschworene Gemeinschaft zu bilden und geben sich nach außen wie eine große Familie.

Da sind die Sexarbeiterinnen Cosima (Senita Huskic), Jasmin (Antonia Bill) und Tani (Maddy Forst). Zemans Schwester Kaja (Nuriye Jendroßek) betreibt auf der Etage einen Friseursalon und Chiara – gespielt von Rapperin Sabrina Setlur – ein Nagelstudio. Bald zeigt sich, dass hinter den Kulissen Konflikte brodeln und keine der Frauen gut auf das Opfer zu sprechen ist.

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Während Ballauf und Schenk sich bei den Zeugenbefragungen im Eros-Center sichtlich unwohl zu fühlen scheinen, hat ihr Assistent Norbert Jütte (Roland Riebeling) bei dem Fall Probleme, Berufliches und Privates zu trennen. Denn Jütte kennt die Prostituierte Cosima noch aus seiner Zeit bei der Wuppertaler „Sitte“.

Aufgrund ihrer gemeinsamen Vergangenheit fühlt er eine besondere Verantwortung für die alleinerziehende Mutter von zwei Kindern, die auf ihren Verdienst im Eros-Center angewiesen ist.

Im Mittelpunkt der „Tatort“-Folge steht weniger der eigentliche Mordfall, als vielmehr die Situation der Prostituierten. Dazu greift Regisseur Hüseyin Tabak (Drehbuch: Eva und Volker A. Zahn) zu einem besonderen Stilmittel: Ähnlich wie bei einem Theaterstück sprechen die Sexarbeiterinnen Monologe direkt in die Kamera, in denen sie ihre Geschichte und Gefühle schildern. Dadurch werden die TV-Zuschauer von Beobachtern zu Mitwissern.

„Warum kann ich nicht sein wie jeder andere Mensch auch?“, fragt etwa Cosima. Sie arbeite hart, halte sich an die Gesetze und zahle Steuern - trotzdem müsse sie lügen, um eine Wohnung zu bekommen. Jasmin kam einst aus Neugierde zur Prostitution und hat sich deswegen mit ihrer Familie überworfen. Tani wurde als Jugendliche zur Prostitution gezwungen, inzwischen empfindet sie im Innern nichts mehr außer Schmerz.

„Wir nehmen es als Gesellschaft einfach hin, dass Männer bezahlen, um Frauen wie einen Gegenstand zu benutzen“, kritisiert Autorin Eva Zahn. Die „Tatort“-Folge solle den Frauen ein Gesicht geben.

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Umgekehrt nehmen die Zuschauerinnen und Zuschauer durch die Kameraführung zeitweise den Blick der Freier ein, die durch den Gang des Etablissements gehen, aber überwiegend verschwommen und gesichtslos dargestellt werden. „Die Männer fühlen sich besonders, mächtig, unwiderstehbar. Letztendlich sind sie aber nur die nächsten 60 Euro, die die Frauen abkassieren“, sagt Regisseur Tabak. „Wenn sie am Ende ihren Orgasmus haben, fällt der Vorhang und die Show ist vorüber. Dann ziehen sie alle ihre Unterbuxen wieder an und müssen den Raum für den Nächsten verlassen.“

Und so macht der Kölner „Tatort“ seinem Ruf, oft besonders gesellschaftskritisch zu sein, mal wieder alle Ehre. Über weite Strecken ist er eher Drama als Krimi. Erst am Ende wird es noch mal spannend: Die Auflösung des Mordfalls überrascht dann doch. (dpa/nb)