Nach Jacobi-AusSo geht's mit den Kölner Traditions-Geschäften weiter
Köln – Die Schließung des Modehauses Jacobi an der Hohe Straße nach mehr als 120 Jahren löst bei Kunden und Geschäftsleuten Schockwellen aus.
Wieder stirbt ein Stück Köln, macht eine Institution in der Innenstadt dicht. Die letzten Traditions-Geschäfte in der City sind in Alarmstimmung.
Wer ist als nächstes dran?
Schildergasse: Wo knapp 40 Jahre lang der „Jeans-Palast“ lockte, klafft jetzt eine Baustelle. Minoritenstraße: „Franz Sauer“ macht nach 175 Jahren dicht. Hohe Straße: „Juweliere Müller“ sagen nach mehr als 30 Jahren „Adieu“. Die Einschläge für inhabergeführte Firmen, in den 70er Jahren waren es noch mehr als 120, jetzt weniger als eine Handvoll, kommen näher.
Eine der letzten „Dinos“ auf der Schildergasse ist das 115 Jahre alte „Café Riese“. Chef Udo Zorn (52) spielte schon als Kinder auf der Schildergasse: „Die Zahl von angeblich rund 16 000 Passanten pro Stunde ist nur die halbe Wahrheit. Unter der Woche ist viel weniger los.
Dazu überall Baustellen und Parkplatznot.“ Er betont: „Wir kämpfen um jeden Kunden, müssen uns immer wieder Neues einfallen lassen.“ Etwa das Patent auf den „Waffel-Dom“ – ein Verkaufsschlager.
Vielfältige Ursachen
Klar ist: Das Sterben der Traditionsläden hat vielfältige Ursachen. Auch ein „beliebter“ Grund: Wenn dem Ladeninhaber die Immobilie gehört, vermietet er sie lieber lukrativ. So kommt das Geld von ganz alleine rein...
Mit „Jacobi“ verschwindet im April ein Damenmode-Anbieter im höheren Preissegment, das Pendant für Herren steht seit 82 Jahren am anderen Ende der Schildergasse: „Bertram & Frank“: „Ja, wir sind eine aussterbende Spezies“, meint Chef Luca Rinaldi (31). „Bei uns geht es um Top-Qualität – bei den Produkten und in der Beratung. Auf jeden Kunden kommt ein Verkäufer, der ihn von der Socke bis Mantel berät. Das ist jetzt nach der Schließung von Sauer einzigartig.“
Weingarten investiert
Seit 86 Jahren ist „Weingarten“ am Friesenplatz. Um im Zeitalter von Billigklamotten und Online-Verkauf mit 175 Mitarbeitern heraus zu stechen, wird kräftig investiert.
Neben Um- und Neubauten will sich das Haus besonders mit Fest- und Geschäftskleidung und Spezialgrößen von der Konkurrenz abheben.
Immobilien-Wahnsinn: 780.000 € Miete pro Jahr
An vielen Ecken in der Schildergasse und Hohe Straße wird umgebaut, weil Geschäfte ein- oder ausziehen. Derzeit wird über ein Hammer-Inserat getuschelt: Wer Nachmieter des Mode-Shops „Europa Fashion“ Ecke Brückenstraße werden will, muss sich eine Monatsmiete von 65 000 Euro leisten können – 780 000 Euro pro Jahr.
Für einen Mietvertrag auf bis zu fünf Jahren (insgesamt 3,9 Millionen Euro ) verlangt der Makler drei Mieten Courtage – 195 000 Euro!
Annett Polster, Geschäftsführerin von „Stadtmarketing Köln“ kritisiert: „In der City dürfen sich nicht nur Konzerne ansiedeln, Köln darf nicht beliebig werden. Deshalb haben wir einen runden Tisch für Immobilienbesitzer, Händler und der Stadtverwaltung gegründet, um der gefährlichen Preisspirale entgegen zu wirken.“
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