Er gehört zu den bekanntesten Menschen in Köln. Der Drehorgelspieler von der Schildergasse.
Kölner UrgesteinLeierkastenmann ganz privat: „Das ist wie Sport, das hält mich fit“

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Ein Foto aus alten Zeiten: Der fröhliche Leierkastenmann Werner Wittpoth spielt seit 40 Jahren auf der Schildergasse.
Er gehört zu den bekanntesten Kölner Köpfen, obwohl er gar nicht aus Köln kommt. Der Leierkastenmann in der Innenstadt.
Seit mehr als 40 Jahren zieht Werner Wittpoth mit seiner Drehorgel vor allem über die Schildergasse und zaubert den Passanten ein Lächeln ins Gesicht. Seine Markenzeichen: Neben der Drehorgel sein Frack und der Zylinder.
Der Drehorgelspieler von der Kölner Schildergasse
Gebürtig kommt Wittpoth aus Ostwestfalen. 1960 kam er aufgrund seiner Contergan-Schädigung nach Köln.
„In Nordrhein-Westfalen gab es damals nur ein Gymnasium für Körperbehinderte und das war in Köln. Zu der Zeit war ich schon Jugendvertreter im Contergan-Verband. Wir trafen uns öfter in Köln und dadurch kannte ich die Schule. Also habe ich mich da einweisen lassen und bin so nach Köln gekommen“, erzählt Wittpoth im Interview mit dem Kölner Fotograf Daniel Zakharov, das in dem Buch „Vollkommen. Köln – 86 Veedel“ erschienen ist.
Nach der Schulzeit folgte eine Ausbildung zum Versicherungskaufmann. Gleichzeitig demonstrierte er mit Klaus dem Geiger gegen den Bau der U-Bahn und das Abfällen der Bäume. Fünf Jahre arbeitete Wittpoth ganz seriös in der Versicherungsbranche.
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Doch das war ihm zu langweilig. „Der Job war gut bezahlt, aber vom Niveau war es – naja, nicht so prickelnd. Der Witz war: In so einem Großraumbüro hatte man höchstens zwei, drei Stunden Arbeit am Tag. Danach hatte man nichts mehr zu tun und mir war langweilig“, erzählt Wittpoth.
Irgendwann habe er sich dann eine Drehorgel geliehen und es einfach ausprobiert. Das habe auf Anhieb gut geklappt und Spaß gemacht. Inzwischen besitzt Wittpoth vier Orgeln.
Bis zu vier Stunden spielt er am Tag. Sein Repertoire ist quasi unbegrenzt und reicht von kölscher Musik über Weihnachtslieder bis hin zu Klassik.
Nur vom Orgel spielen auf der Straße könne er nicht leben. „Aber es gibt ja genügend Möglichkeiten: Hochzeiten, Geburtstage usw. Die Leute feiern doch gerne, gerade hier in Köln“, erzählt Wittpoth, der Vater von zwei erwachsenen Kindern ist.
Zusammenarbeit mit Nina Hagen
Das Drehorgelspielen sei für ihn eine Leidenschaft. „Außerdem bringt mir das körperlichen Ausgleich. Das ist wie Sport, das hält mich fit“, sagt Wittpoth. Seit 40 Jahren spielt Wittpoth inzwischen auf der Schildergasse – in der Zeit habe sich viel verändert. Früher war es viel familiärer. „Heute ist alles anonymer. Die Leute sind allgemein gestresster“, lautet sein persönliches Fazit.
Ein besonderes Highlight in seinem Leben: Die Zusammenarbeit mit der Musikerin Nina Hagen – beide sind im Contergan-Verband aktiv. So kam unter anderem der Nina-Hagen-Klassiker „Du hast den Farbfilm vergessen“ auf die Drehorgel.