Unzumutbare Zustände, Ratten und Mäuse, um das eigene Geld geprellt – EXPRESS.de hat mit einem Bewohner der Horror-WG im Stadtteil Dellbrück gesprochen.
„Niemand hilft uns“Das ist Kölns schlimmste WG – verzweifelter Bewohner packt aus
„Ich wohne in Kölns schlimmster WG“ – mit diesen eindrücklichen Worten hat sich Ali G. (38/ Name geändert) bei EXPRESS.de gemeldet.
Und um es vorwegzunehmen: Der 38-Jährige hat nicht übertrieben. Dabei wirkt das Haus auf der Bergisch Gladbacher Straße im Stadtteil Dellbrück von außen ganz normal und reiht sich erst einmal ins Panorama des Veedels ein.
Kölns Horror-WG: Schwere Vorwürfe gegen den Vermieter
Wenn man das Gebäude dann jedoch betritt, muss man erst einmal schlucken. Ali erzählt EXPRESS.de seine emotionale, persönliche Geschichte. Außerdem schildert er, wie er und seine Mitbewohnerinnen und Mitbewohner in diesem katastrophalen Wohn-Zustand enden konnten.
Ali kommt eigentlich aus der Pfalz, 2010 kam er wegen der Liebe nach Köln. Er arbeitete jahrelang in der Automobilbranche, jetzt fährt er Pakete aus. In der Dellbrücker Horror-WG wohnt er seit Januar 2021.
Mittlerweile sagt er über sein Zuhause: „Ich möchte morgens nicht aufstehen und abends nicht nach Hause kommen. Wenn mir Kollegen nach der Arbeit einen ‚schönen Feierabend‘ wünschen, denke ich mir immer: ‚Wenn ihr wüsstet …‘. Die anderen in dem Haus und ich brauchen endlich Hilfe.“
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Doch das war nicht immer so. Als er einzog, war das Haus auf der Bergisch Gladbacher Straße noch nicht in dem schlimmen Zustand, in dem es sich jetzt befindet. Insgesamt können sich dort 14 Personen ein Zimmer mieten. Der Vermieter (der Name ist der Redaktion bekannt) ist gleichzeitig nicht der Hausbesitzer. Er hat das Haus selber angemietet, um die einzelnen Zimmer des Altbaus dann weiterzuvermieten.
Vermieter hat Haus in Köln verwahrlosen lassen
Das Problem: Der Vermieter hat das Haus verwahrlosen lassen, der Garten liegt mit Müll und Gerümpel voll, Ratten und Mäuse tummeln sich draußen und im Inneren des Hauses.
Und das Schlimmste: „Er hat sich mit den Mieten und den Kautionen der Bewohnerinnen und Bewohnern aus dem Staub gemacht, ist nicht mehr zu erreichen“, sagt Ali. Die Mieten an den Hausbesitzer habe er bereits seit Monaten nicht mehr gezahlt.
Mittlerweile soll er dazu unter verschiedenen Namen Geräte bei Ebay verkaufen (Screenshots liegen der Redaktion ebenfalls vor).
EXPRESS.de hat wegen des angeblich betrügerischen Vermieters bei der Kölner Staatsanwaltschaft nachgefragt.
Die Antwort: „Wir können dazu aus verschiedenen Gründen keine Auskünfte erteilen. Zum einen steht einer Auskunft zu Ermittlungsverfahren gegen konkrete Personen deren Persönlichkeitsrecht entgegen. Sollte demnach bei der Staatsanwaltschaft Köln ein Ermittlungsverfahren gegen die von Ihnen benannte Person geführt werden, so wären wir an der Bestätigung des Namens des Beschuldigten rechtlich gehindert.“
Hinzu käme, dass, vorausgesetzt es gäbe ein solches Verfahren, die Staatsanwaltschaft mit Blick auf etwaige laufende Fahndungsmaßnahmen keine Auskunft erteilen könnte, um einen Fahndungserfolg nicht zu gefährden.
Bewohner von Kölns schlimmste WG: „Ich habe mittlerweile aufgegeben“
Die Räumlichkeiten in der WG sind extrem heruntergekommen. Überall liegt Abfall und Unrat. Die Toiletten und Waschräume sind in einem hygienisch bedenklichen Zustand.
Dass Ali und die weiteren Menschen in dem Haus selbst für mehr Sauberkeit sorgen könnten, wisse er. Er sagt: „Ich habe mich hier lange um das Haus und die Sauberkeit gekümmert. Mittlerweile habe ich aber aufgegeben, es ist einfach zu viel. Ich schäme mich für mein Zuhause, habe momentan aber einfach nicht die Möglichkeit hier rauszukommen“, sagt Ali.
Die Miete zahle er und die anderen Bewohnerinnen und Bewohner inzwischen nicht mehr – Ali sagt: „Ich fühle mich wie ein Hausbesetzer, wie ein Nomade. Irgendwann kommt man sich selbst so wertlos vor.“
Er habe eine negative Schufa, aufgrund einer Trennung müsse er Unterhalt zahlen und hat zudem weitere Schulden. „Ich kann meine Kinder nicht hierherholen, ich würde niemals meine Kumpels hierhin einladen. Wie soll ich es machen, wenn ich mal eine Frau kennenlerne?“
Ali lebt auf neun Quadratmetern im zweiten Obergeschoss des Hauses. Es ist der am ordentlichsten gehaltene Raum im gesamten Gebäude. Wenn es regnet, tropft es in sein Zimmer hinein, deswegen steht immer ein großer Eimer in der Mitte des Raumes. Zu seinen Mitbewohnerinnen und Mitbewohnern hat Ali ein gutes Verhältnis – er kümmere sich um „seine Kinder“, wie er sie nennt.
„Jede und jeder hier hat sein Päckchen zu tragen. Die, die konnten, sind geflohen und haben sich ganz schnell etwas Neues gesucht. Der Vermieter hat beispielsweise auch junge Studentinnen mit Versprechungen auf ein günstiges Zimmer hier untergebracht. Als deren Eltern die Zustände hier gesehen haben, haben die sie ganz schnell hier rausgeholt“, sagt der 38-Jährige.
Bewohner von Kölns Horror-WG packt aus: „Am Rand der Existenz“
Wenn er könnte, würde er die Dellbrücker Horror-WG auch sofort verlassen. Er wünscht sich endlich eine Unterstützung:
„Ich habe mich bei der Stadt gemeldet, beim Ordnungsamt – niemand hilft uns. Der Zustand hier ist menschenunwürdig. Ich möchte diese Geschichte hiermit erzählen, damit vielleicht jemand auf mich und die anderen Bewohnerinnen und Bewohner aufmerksam wird.“
Sei es durch Spenden, einen Rechtsbeistand oder sämtliche andere Unterstützung, wie Ali sagt.
Er sei, wie so viele andere, auf den Vermieter hereingefallen. Denn wie Ali sagt, gibt es von diesen WGs wie in Dellbrück auch noch fünf weitere. In Brück, zweimal in Bonn und zweimal in Esch habe derselbe Vermieter ähnlich gehandelt. Die Zimmer wurden untervermietet, das Geld der Mieterinnen und Mieter sei verschwunden und die Häuser in ähnlich desaströsem Zustand.
„Dieser Mann hat mich und viele weitere Menschen an den Rand der Existenz und Menschenwürde gebracht“, sagt Ali. Für den 38-Jährigen sei es an der Zeit, dass diese Geschichte endlich an die Öffentlichkeit komme. Denn Ali wünscht sich endlich wieder einen lebenswerten Alltag – doch dazu muss er irgendwie aus Kölns schlimmster WG heraus.