Es braucht eine Verkehrsrevolution, auch in Köln. Dass es allerdings mit der Brechstange nicht funktioniert und die Menschen vor Ort eingebunden werden müssen, zeigt das Beispiel der Deutzer Freiheit. Ein Kommentar.
KommentarKölner Verkehrsversuch auf Deutzer Freiheit gefloppt – mit der Brechstange geht es nicht
Kaum eine Kölnerin und kaum ein Kölner ist in den vergangenen 14 Monaten um die Diskussion um die autofreie Deutzer Freiheit herumgekommen.
Die Lebensqualität im Veedel sollte mit der Verkehrsmaßnahme verbessert werden, die Umsätze der ansässigen Geschäfte und Gastronomie angetrieben und darüber hinaus auch noch ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden – klingt alles zu schön um wahr zu sein.
Verkehrsversuch auf der Deutzer Freiheit beendet – Klatsche mit Ansage
Nun hat das Kölner Verwaltungsgericht die autofreie Deutzer Freiheit mit einem Paukenschlag-Urteil auf einen Schlag beendet. Eine herbe Klatsche für die Bezirksvertretung und die Kölner Stadtverwaltung, die gebetsmühlenartig immer wieder für die Fortführung des Verkehrsversuchs plädiert hatte. Ja, es braucht eine Verkehrsrevolution, auch in Köln – allerdings nicht mit der Brechstange.
Als die Baken und Absperrungen im Juni 2022 auf der Deutzer Freiheit aufgestellt wurden, ahnten wohl die wenigsten, welch Posse sich um diese Entscheidung der Bezirksvertretung, die letztendlich von der Stadt umgesetzt wurde, noch entwickeln würde. Die Gegenwehr der Deutzerinnen und Deutzer wurde im Verlauf der Zeit immer lauter.
Mit der „Initiative Deutz“ stellten sich Anwohnende und Geschäftstreibende deutlich gegen die autofreie Zone im Veedel. Auch aus der Politik heraus gab es immer wieder Kritik.
Die größten Kritikpunkte: Die Umsätze der Geschäfte auf der Deutzer Freiheit seien eingebrochen, der Publikumsverkehr von Kundinnen und Kunden außerhalb des rechtsrheinischen Stadtteils sei komplett wegfallen, Rettungsdienste und Polizei würden durch die Schranken verspätet zu ihren Einsätzen gelangen. Die Liste ist lang, der Geduldsfaden der Menschen in Deutz wurde hingegen immer kürzer.
Ein Anwohner sprach gegenüber EXPRESS.de im Mai 2023 von einem regelrechten Graben, der durch das Veedel gezogen wurde. Die Deutzer Freiheit als Herz des Stadtteils sei ausgeblutet – und die Verwaltung habe sich diese Entwicklung ohne Reaktion weiter angeschaut.
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Es gab Demonstrationen der „Initiative Deutz“, in den Schaufenstern der Geschäfte wurde auf die horrenden Umsatzeinbußen aufmerksam gemacht – die Verwaltung reagierte daraufhin mit kleineren Anpassungen in der Verkehrsführung. Dort hätte es für die Verantwortlichen spätestens klar sein wollen, dass dieser Versuch nicht zielführend ist.
Die Idee der Stadt vor wenigen Wochen, die Fahrbahn auf der Deutzer Freiheit bunt anzumalen, um die Umgebung zu verschönern, obwohl das Urteil des Verwaltungsgerichts noch nicht vorlag und ein Ende des Verkehrsversuchs zumindest möglich war, wirkt jetzt wie eine einzige Farce.
Die Politik und die Stadt wollen nun in künftigen Verkehrsprojekten die Anwohnerschaft und die Geschäftstreibenden stärker einbinden – eine, sagen wir mal, nicht ganz so schlechte Idee. Dazu habe man aus dem Versuch viel lernen können – na immerhin.
Außerdem habe die Entscheidung für die Deutzer Freiheit keine Auswirkungen auf andere Verkehrsversuche in der Stadt, wie etwa die Venloer Straße. Mal schauen, wie lange das so bleibt.