101 Minuten kommt der Film „Lichter der Stadt“, der in der Kölner Altstadt spielt, ohne einen einzigen Schnitt aus. Das funktioniert nicht ohne einige lustige Zwischenfälle, die Regisseur Malte Wirtz im EXPRESS.de-Interview verrät.
Film aus Kölner Altstadt101 Minuten ohne Schnitt: In „Lichter der Stadt“ wurde viel improvisiert
von Carolina Bosch
Regisseur Malte Wirtz (42) ist bekannt für seine außergewöhnlichen Filmprojekte. Ob es ein Film in nur 24 Stunden Drehzeit ist oder der erste Stummfilm in Deutschland seit 90 Jahren. Jetzt wagte er sich an ein neues Projekt: 101 Minuten zeigt er ohne einen einzigen Schnitt die Geschichte eines jungen Mannes, der durch die Kölner Altstadt irrt.
„Lichter der Stadt“ heißt der Film, der noch vor Corona im Dezember 2019 in bitterer Kälte gedreht wurde. Die außergewöhnliche Art zu drehen wird „Onetake“ genannt. Das schwierige daran: Passiert auch nur ein kleiner Fehler, muss sofort abgebrochen werden. Und das sei nicht nur einmal passiert, verrät Wirtz.
„Lichter der Stadt“: 101 Minuten Onetake in Köln gedreht
„Wir haben mehrere Tage gedreht“, erinnert er sich. Pro Tag entstand dabei nur ein Take. „Es war ziemlich aufwendig. Vor allem, weil das meiste improvisiert war. Ich habe nur den Verlauf der Geschichte und die Themen der Dialoge vorgegeben.“
Der Film handelt von dem jungen Mann Joscha, gespielt von Tim-Fabian Hoffmann, der am Rheinufer über sein Leben nachdenkt und unzufrieden mit sich und der Welt ist. Bei einem Dealer kauft er eine fragwürdige Pille. Doch bevor er die einwerfen kann, halten ihn plötzliche Begegnungen aus seiner Vergangenheit immer wieder davon ab.
Die Crew bewegte sich durch die Altstadt, am Rhein entlang und über die Deutzer Brücke bis auf die andere Rheinseite. Jeder Schauspieler hatte eine genaue Angabe, wann er wo sein sollte. Das funktionierte aber nicht immer, erinnert sich Wirtz.
Schauspieler verpassten Einsatz wegen Apfelschorle
In einem Take lief alles etwas schneller als geplant. Irgendwann sollten ein Schauspieler und eine Schauspielerin aus einer Kneipe kommen und auf Josch treffen, erzählt er. „Als wir dort ankamen, sah ich, dass die beiden noch in der Kneipe bei einer Apfelschorle saßen.“ Auch hier war dann wieder Improvisation gefragt. „Die haben das aber dann toll gespielt“, lobt er.
Wirklich eingreifen konnte er während des Drehs nicht. Jedes Reinrufen würde den Durchlauf unbrauchbar machen. So bediente sich Wirtz ganz einfachen Mitteln. Wollte er jemandem etwas mitteilen oder den Verlauf des Gesprächs beeinflussen, sendete er eine SMS. So konnten die Schauspieler und Schauspielerinnen so tun, als würde der Blick auf das Handy zur Geschichte gehören.
Filmdreh in Kölner Altstadt: Passant torkelte ins Bild
Läuft ein Kamerateam durch die Kölner Altstadt, bleibt das natürlich nicht unbemerkt. Es lässt sich nicht immer vermeiden, dass Menschen durch das Bild laufen und auch schon mal neugierig in die Kamera gucken. „Im Großen und Ganzen hatten wir Glück und die Leute haben uns nicht gestört“, erzählt Wirtz. Doch an einem Tag musste der Dreh abgebrochen werden.
„Eine Gruppe von Passanten kam uns sehr nah“, erinnert er sich. Der Kameramann hatte versucht, sie so gut es geht aus dem Bild zu halten. Doch irgendwann war das nicht mehr möglich. „Einer kam uns regelrecht ins Bild getorkelt.“
Filmpremiere von „Lichter der Stadt“ fand in Köln statt
Die Wahl des Drehortes fiel Malte Wirtz, der heute in Berlin lebt, nicht schwer. Für acht Jahre wohnte er in Köln. Er kennt und liebt die Stadt weiterhin. „Ich finde, dass es gerade am Rhein wunderschön ist. Am Ende geht die Hauptperson hinüber auf die Schäl Sick und das passt sehr gut zu der Geschichte.“
Auch der Kameramann und viele der Schauspielerinnen und Schauspieler sind Kölner. Natürlich fand auch hier die Premiere des Films statt. Am 1. Juni war er das erste Mal im Filmhaus in der Maybachstraße zu sehen. Die Premiere hatte sich wegen der Corona-Pandemie verzögert.
Ende 2020 wurde er online bereits auf zwei Filmfestivals in Mainz und Frankfurt gezeigt. In den Kölner Kinos läuft „Lichter der Stadt“ aktuell nicht mehr. Ab Freitag (17. Juni) ist er jedoch auf der Streaming-Plattform Sooner zu sehen.